TAG DES FLÜCHTLINGS 1988
Grußwort der Bundesarbeitsgemeinschaft
der Freien Wohlfahrtspflege
INHALT
- Grußwort des Vertreters des Hohen Flüchtlingskommissars der Vereinten Nationen 1988
- Grußwort der Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege
- Zuflucht gewähren!
Ökumenischer Vorbereitungsausschuß zur Woche der ausländischen Mitbürger - Susan, Yilmaz, Fadel, Kristina und Ruhollah: de‑facto‑Flüchtlinge Victor Pfaff
- Offene Grenzen oder ein neuer Flüchtlingsbegriff Herbert Leuninger
- Kinder und Jugendliche im Asylverfahren Klaus Wolken
- Flüchtlingsschicksale
- Bausteine für einen Gottesdienst – Predigt am Tag des Flüchtlings 1987 in Berlin
- Keine Abschiebung in den Libanon – Aktion Riesenpostkarte an den Berliner Innensenator
- Für mehr Menschlichkeit – Demonstration zum Tag des Flüchtlings in Siegen
- Der Kunst Asyl geben – Flüchtlinge melden sich zu Wort mit Gedichten, Bildern und Skulpturen
- Tag des Flüchtlings im Kino – Filmwoche zum Thema Asyl
- (Sechs Tore zum Tag des Flüchtlings)
- Aufruf des Flüchtlingsrates Berlin zu einem „Berliner Edikt“
- Tag des Flüchtlings oder Tag der Flüchtlingsbetreuer?
- Heimat ist, wo ich wachsen kann ‑ Kultur im Exil
- Stellungnahmen
Zuflucht gewähren
Aus vielen Ländern mit unterschiedlichen Kulturkreisen und politischen Systemen kommen Flüchtlinge nach Deutschland. Sie fliehen vor Krieg, Hunger und Folter, vor politischer, rassischer und religiöser Verfolgung. Sie hoffen auf menschliche Anteilnahme und Sicherheit in der Bundesrepublik.
Durch Veränderungen des Asylverfahrensrechts wurde es Flüchtlingen schwieriger gemacht, Zuflucht in unserem Land zu finden. So ist es möglich, schon an der Grenze die Einreise zu unterbinden. Die Verbände haben wiederholt darauf hingewiesen, daß damit die Gefahr einer Aushöhlung des Grundrechts auf Asyl nach Artikel 16 Absatz 2 GG besteht. Darüber hinaus werden viele Flüchtlinge bei uns nur noch geduldet, ohne sie als politisch Verfolgte anzuerkennen. Trotz Gefährdung für Leib und Leben können sie in ihr Heimatland abgeschoben werden, wie es bereits in Einzelfällen geschehen ist.
Die Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege fordern die politisch Verantwortlichen auf, alles zu tun, um zu verhindern, daß Flüchtlinge in Kriegs‑ und Krisengebiete sowie in Länder abgeschoben werden, in denen sie Folterungen zu befürchten haben. Statt eines unsicheren, „geduldeten“ Aufenthalts sollte diesen Menschen vielmehr Rechtssicherheit gewährt werden.
Seit Jahren setzen sich die Spitzenverbände für die Flüchtlinge ein und versuchen, ihnen in ihrer schwierigen Situation zu helfen. Die sogenannten abschreckenden Maßnahmen, wie z. B. die Unterbringung in Sammellagern, das bis zu fünfjährige Arbeitsverbot und Einschränkungen der Bewegungsfreiheit in Verbindung mit langwierigen Anerkennungsverfahren widersprechen humanitären Grundsätzen, die auch für Flüchtlinge gelten müssen. Die Verbände sind besorgt über die soziale und psychische Verfassung vieler Flüchtlinge, die sich seit mehreren Jahren in der Bundesrepublik Deutschland aufhalten. Viele leiden unter Perspektivlosigkeit, Isolation und Einsamkeit, die sich sowohl durch Depressionen oder Aggressionen äußern können.
Die Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege rufen daher die Menschen in unserem Land auf, Flüchtlinge und ihre Fluchtgründe ernst zu nehmen. Flüchtlinge brauchen unsere Solidarität und Unterstützung. Der Tag des Flüchtlings, der am 1. Oktober 1988 bundesweit unter dem Motto „Zuflucht gcwähren“ stattfindet, soll hierzu weiteren Anstoß geben.
Prof. Dr. Sengling
Präsident der Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege e.V. Bonn
Mitglieder der Bundesarbeitsgemeinschaft sind: