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HERBERT LEUNINGER ::: ARCHIV HOFHEIM MESSFESTIVAL 2021 :::

Frankfurter Allgemeine Zeitung
19.10.2021

Studie zu Jugendgottesdienst vor 50 Jahren

INHALT
Studie von Joachim Werz zu Jugendgottesdienst vor 50 Jahren beleuchtet das Mess-Festival auf 500 Seiten unter theologischen und liturgischen Gesichtspunkten

ANMERKUNG: Die Einladung und der Verweis auf die Studie von Joachim Werz wurden nachträglich (2021) von den „Seitenmachern“ hinzugefügt.

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HISTORISCHE STUDIE

Foto: Christoph Müllerleile

Mit diesem Skandal hat es Hofheim sogar in das Nachrichtenmagazin Spiegel geschafft: In einem langen Artikel berichtet das Hamburger Nachrichtenmagazin in den Siebzigerjahren über das Mess-Festival in Hofheim. Die katholische Kirche hatte Jugendlichen entgegenkommen wollen. So wurde in der Kirche Sankt Bonifatius, einem modernen Gotteshaus aus Stahlbeton in Marxheim, ein Jugendgottesdienst veranstaltet als ein christliches Festival mit Popmusik. Das Konzept kam bei den jungen Leuten gut an, 650 Jugendliche aus dem ganzen Landkreis kamen zum Mess-Festival im Juni des Jahres 1971. Dabei stieg statt Weihrauch Zigarettenqualm unter die Decke des Kirchenschiffs und ein siebzehnjähriger küsste in der Kirchenbank seine Freundin. Damit hatte die katholische Kirche ihren Skandal. Der Pfarrer einer Gemeinde in Hattersheim wetterte, es sei „der sakrilegischen und gotteslästerlichen Gemeinheit genug“. Auch andere Kirchenmänner waren empört über die neue Form des Gottesdienstes und wandten sich an den Limburger Bischof. Sogar der Vatikan wurde informiert. Noch lange wurde im Bistum über das Hofheimer Festival gestritten, der damalige Bischof Wilhelm Kempf verhinderte im Folgejahr, dass ein Dokumentation veröffentlicht wurde. 50 Jahre danach hat der Kirchenhistoriker Joachim Werz nun eine wissenschaftliche Studie vorgelegt. Darin beleuchtet er das Mess-Festival auf 500 Seiten unter theologischen und liturgischen Gesichtspunkten. Berücksichtigt wird auch das Echo in den damaligen Medien, die über angebliche skandalöse Details der Geschehnisse berichteten. Werz stellt die Ergebnisse seiner Forschung am Mittwochabend von 19 Uhr an im Malersaal der Hofheimer Stadthalle vor. In der anschließenden Podiumsdiskussion debattieren Zeitzeugen mit der Kirchenhistorikerin Barbara Wieland von der Frankfurter Universität. Erforderlich für die Teilnahme ist eine Anmeldung per E-Mail an stadtarchiv@hofheim.de oder unter der Telefonnummer 06192/966550. höv.


Bis heute ist das sogenannte Hofheimer Mess-Festival in der Erinnerung und Wahrnehmung vieler Katholikinnen und Katholiken im Bistum Limburg und darüber hinaus ein Skandal. Über 650 Jugendliche waren im Juni 1971 zum Jugendgottesdienst nach Hofheim im Taunus (Bistum Limburg) gekommen. Durch die Ausrichtung eines christlichen Festivals mit zeitgenössischer Kirchenmusik sollte die Kirche vor Ort in einer neuen, den Bedürfnissen der Jugendlichen entsprechenden Form gottesdienstlichen Feierns und kirchlichen Miteinanders erfahrbar werden. Schnell wurde das innovative pastoral-liturgische Konzept, das durch die mediale Berichterstattung bundesweit Aufsehen erregte, zur Zerreißprobe diözesaner Einheit: Der Limburger Bischof Wilhelm Kempf musste sich zwischen konziliarer Begeisterung und Treue zum Lehramt der Kirche positionieren und geriet dabei selbst ins Kreuzfeuer innerkirchlicher und theologischer Auseinandersetzungen.

Das Ereignis, die verschiedenen Akteure und die mediale sowie kirchliche Rezeption des Mess-Festivals werden in der vorliegenden Studie erstmals theologie-, liturgie-, kirchenmusik-, medien- und auch skandalhistorisch untersucht und dabei in die vielfältigen Aufbrüche des bundesrepublikanischen Katholizismus in Gesellschaft, Theologie und Kirche nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil (1962–1965) eingebettet. Es wird nicht nur ein singuläres Beispiel pastoraler, liturgischer und kirchenmusikalischer Versuche kirchlicher Jugendarbeit dieser Zeit erschlossen, sondern auch ein zentraler Erinnerungsort des 1827 gegründeten Bistums Limburg ins Gedächtnis gerufen: Das Hofheimer Mess-Festival stellt eines der entscheidenden und prägenden Ereignisse für die Identitätsbildung des Bistums an der Lahn im 20. Jahrhundert dar, von dem aus spätere Geschehnisse, Konflikte und Skandale in der Bistumsgeschichte erschlossen und interpretiert werden müssen.

Über den Autor:
Joachim Werz, Dr. theol., leitet die Forschungsstelle „Ordensgeschichte seit der Frühen Neuzeit“ und ist Generalsekretär der Walter-Hallstein-Akademie zu Frankfurt am Main.


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