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TAG DES FLÜCHTLINGS 1998

Bundesarbeitsgemeinschaft
»Asyl in der Kirche« ausgezeichnet

Herausgegeben zum Tag des Flüchtlings am 2. Oktober 1998

Herausgeber: PRO ASYL, Arbeitsgemeinschaft für Flüchtlinge mit freundlicher Unterstützung der Deutschen Stiftung für UNO- Flüchtlingshilfe e. V., dem Deutschen Caritasverband e. V., dem Hessischen Ministerium für Umwelt, Energie, Jugend, Familie und Gesundheit und dem Interkulturellen Beauftragten der Ev. Kirche in Hessen und Nassau.

Der Tag des Flüchtlings findet im Rahmen der Woche der ausländischen Mitbürger (27. September bis 3. Oktober 1998) statt und wird von PRO ASYL in Zusammenarbeit mit dem Ökumenischen Vorbereitungsausschuß zur Woche der ausländischen Mitbürger vorbereitet.

INHALT

Den erstmals verliehenen Preis der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen zur Überwindung von Fremdenfeindlichkeit, Rassismus und Gewalt (ACK) erhielt im März 1998 die Bundesarbeitsgemeinschaft Asyl in der Kirche.

Darüber hinaus wurde die Bundesarbeitsgemeinschaft Asyl in der Kirche im April 1998 mit dem Bonhoeffer- Preis ausgezeichnet. Dieser Preis wird vom Verlagshaus Gütersloh anläßlich der Herausgabe des letzten Bandes der Gesamtausgabe »Widerstand und Ergebung« von Dietrich Bonhoeffer verliehen.

Im folgenden dokumentieren wir die Rede des Sprechers der BAG Asyl in der Kirche, Dr. Wolf- Dieter Just, anläßlich der Verleihung des ACK- Preises.

Dankeswort anläßlich des ACK- Preises zur Überwindung
von Fremdenfeindlichkeit, Rassismus und Gewalt

(10. März 1998)

Im November 1997 wurde Semun Oguz, ein syrisch-orthodoxer Christ aus dem Südosten der Türkei, vom Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge als politisch Verfolgter anerkannt – anerkannt nach Art. 16a GG, dem höchsten Anerkennungsgrad, den ein politisch Verfolgter erreichen kann. Das Amt sah als erwiesen an, daß ihm erhöhte Verfolgungsgefahr nach einer Rückkehr in die Türkei droht.

Daß Semun Oguz Folter und lebensgefährliche Bedrohung erspart blieben, verdankt er aber zunächst nicht diesem Amt, sondern der St. Ulrich- Gemeinde in Augsburg. Denn ursprünglich war sein Asylantrag abgelehnt worden – sowohl vom Bundesamt wie von dem zuständigen Verwaltungsgericht. Seine Abschiebung stand unmittelbar bevor, ja er wurde von der Polizei per Haftbefehl gesucht. In seiner Existenznot wandte er sich an diese Gemeinde. Sie nahm ihn auf, gewährte ein halbes Jahr Kirchenasyl, trat an verantwortlicher Stelle für ihn ein, organisierte Rechtsbeistand, bis eine Wiederaufnahme des Asylverfahrens zugelassen wurde. Diese endete, wie gesagt, mit einer Anerkennung als politisch Verfolgter nach Art. 16a GG.

Hat diese Gemeinde Unrecht getan oder Unrecht verhindert? Hat sie den Rechtsstaat in Frage gestellt oder hat sie ihm gedient, indem eine schwere Menschenrechtsverletzung vereitelt wurde? Die Kirchen, die uns heute diesen Preis verleihen, sagen in ihrem Gemeinsamen Wort zu den Herausforderungen von Migration und Flucht: »Kirchengemeinden, die sich für die Verwirklichung dieser Menschen- und Grundrechte einsetzen, stellen … den Rechtsstaat nicht in Frage, sondern leisten einen Beitrag zum Erhalt des Rechtsfriedens und der Grundwerte unserer Gesellschaft. Sie verdienen für ihr Eintreten für ethische Prinzipien, die zu den Grundlagen unseres Glaubens gehören, grundsätzlich Unterstützung und Anerkennung« (Ziff. 257).

Namens der vielen Gemeinden, die diese Arbeit tun und diese Zivilcourage aufbringen, vor allem aber namens der Flüchtlinge, die auf solche Weise Schutz bekommen, möchte ich der ACK für diesen Preis danken und für das Gemeinsame Wort, das uns den Rücken stärkt.

Namens aller drei Preisträger – also auch im Namen von Ingrid Röseler und dem CVJM Hagen – möchte ich der ACK auch danken, daß sie einen solchen Preis überhaupt gestiftet hat. Damit zeigt sie, daß die Fremdenfeindlichkeit und Gewalt gegen Ausländer in Deutschland ein zentrales Problem ist, das die Kirchen herausfordert. 1996 hat es 2.232 fremdenfeindliche Straftaten in Deutschland gegeben – von tätlichen Übergriffen auf Fremde in Straßen, Kneipen und öffentlichen Verkehrsmitteln bis hin zu Brand- und Mordanschlägen. Die Medien berichten kaum noch darüber – weil es so viele sind. Politisch ist dies auch kein Thema – wenn, dann wird über die Kriminalität der Fremden geredet, nicht über das, was ihnen bei uns angetan wird. Ein schockierender gesellschaftlicher Tatbestand wird verdrängt.

Daß hier die Kirchen gegenhalten und Initiativen fördern, die angetreten sind, Fremde zu schützen, gesellschaftlich zu integrieren, den Dialog zu suchen, ihre Rechte einzufordern, ist wichtig. Es gehört auch zu ihren ureigensten Aufgaben – denn in der Bibel, insbesondere im Alten Testament, wird kein Gebot so oft und eindringlich wiederholt, wie das der Fremdenliebe.

Wir haben uns über das Gemeinsame Wort der Kirchen zu den Herausforderungen von Migration und Flucht gefreut, das von den Kirchen der ACK getragen wird. Beides, der Preis und dieses Wort, sind für uns eine Ermutigung für unsere Arbeit. Wir verstehen sie als Aufforderung zum Weitermachen.


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