Weltkindertag am 20. September:
National Coalition und PRO ASYL kritisieren Bonn
wegen Verstoßes gegen Kinderrechtskonvention:
„Unbegleitete Kinder werden einfach in
anderen Ländern ausgesetzt.“
Schreiben an zuständigen UN-Ausschuß in Genf
Die National Coalition, ein Zusammenschluß von über 90 Nichtregierungsorganisationen für die Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention in Deutschland, und die bundesweite Arbeitsgemeinschaft für Flüchtlinge PRO ASYL haben anläßlich des bevorstehenden Weltkindertages am 20. September die Bundesregierung aufgefordert, endlich die seit 5 Jahren auch in Deutschland gültigen Bestimmungen der Kinderrechtskonvention der Vereinten Nationen uneingeschränkt umzusetzen und ihre bei der Ratifizierung abgegebenen einschränkenden Erklärungen – insbesondere bezüglich der Anwendung des Ausländer- und Asylrechts – vollständig zurückzunehmen.
Gleichzeitig haben sich die Sprecher von National Coalition und PRO ASYL, Sven Borsche und Heiko Kauffmann, in einem Schreiben an den UN-Ausschuß für die Rechte des Kindes in Genf gewandt, um die Bundesregierung und die betroffenen Bundesländer in Fällen „offensichtlicher Verletzung“ des Abkommens zu Stellungnahmen zu veranlassen.
Wie der Sprecher der National Coalition, Sven Borsche, betonte, blockiere die Bundesregierung und die Regierungskoalition seit über 2 Jahren jeden Versuch eines Gesprächs: „Sie setzt sich damit über die fachlich begründete Argumentation aller befaßten Kinder-, Jugend-, Wohlfahrts- und Menschenrechtsorganisationen hinweg.“ Dies betreffe vor allem das Ausländer- und Asylrecht.
Heiko Kauffmann, Sprecher von PRO ASYL, nannte als Beispiel der „offenkundigen Gefährdung eines Kindes und der staatlichen Mißachtung der Völkerrechtsnormen der Kinderrechtskonvention“ das Verhalten der Berliner Behörden im Fall der 12-jährigen Ha Phuong Nguyen, die am 13. Januar dieses Jahres in einem „menschenunwürdigen Überraschungscoup“ früh morgens von der Polizei abgeholt und allein und mittellos, ohne Betreuung und vorherige Beratung, nach Vietnam abgeschoben wurde. Kauffmann: „Wenn die Berliner Innenbehörde die Bitte des Berliner Petitionsausschusses, die Umstände der Rückführung des Kindes noch einmal zu prüfen, brüsk ablehnt und die Rückführung sogar als mit der UN-Kinderrechtskonvention ‚vereinbar‘ bezeichnet, spricht daraus die Überheblichkeit und Arroganz einer seelenlosen Bürokratie, die nicht mehr in erster Linie ihrer Verpflichtung zum „Wohl des Kindes“ folgt, sondern einer möglichst effektiven und reibungslosen Abschiebungs- und Abschreckungsdoktrin!“
Wie die Briefe des Mädchens und der Brief seiner Großeltern aus Vietnam an eine Berliner Betreuerin belegten, die Borsche und Kauffmann der Presse übergaben, hätten die Berliner und deutschen Behörden in Vietnam – so Borsche – „gegen alle Regeln des Kinder- und Jugendschutzes verstoßen“. PRO ASYL-Sprecher Kauffmann erklärte: „Nimmt man alles zusammen, handelt es sich um eine fahrlässige Gefährdung und Aussetzung eines Kindes durch den Staat!“
PRO ASYL und National Coalition appellieren gemeinsam an die im Bundestag vertretenen Parteien, aber auch an die Öffentlichkeit und an alle Eltern und Kinder in Deutschland, die absichtsvolle Fehlinterpretation von Völkerrechtsnormen für Kinder durch den Staat und staatliche Behörden nicht zuzulassen. Rechtsstaatlichkeit zeige sich insbesondere im Umgang mit Kindern. „Kinder- und Jugendschutz, das Wohl des Kindes – jedes Kindes – müssen immer Vorrang vor anderen staatlichen Belangen in einem demokratischen Rechtsstaat haben“, so Kauffmann und Borsche abschließend.
Hinweis: Die Briefe des Mädchens und der Brief seiner Großeltern sowie die Übersetzung von Auszügen der Briefe können in den Geschäftsstellen von National Coalition und PRO ASYL angefordert werden.