22. Mai 1992
FRANKFURTER RUNDSCHAU
Muslimen, Hindus, Juden und Baha’i
Singen und Beten für Amerikas Ureinwohner
Indianer im Mittelpunkt eines ungewöhnlichen Abends
Von Divetra Mies
(Auszug)
HOFHEIM. – Trommeln und Adlerfedern, Legenden und Salbeirauch. Jüdische Psalmen und christliche Gebete, Tabla-Klänge und Musik der Sikhs. Zu einem ungewöhnlichen Abend laden Erika und Hermann Haindl vom „Zentrum für neues und altes Wissen“ für Donnerstag, 4. Juni. Ab 19.30 Uhr soll in der Hofheimer Stadthalle ein „Versöhnungsritual“ gefeiert werden. Anlaß der Veranstaltung ist der Besuch von 15 Indianern in der Kreisstadt, sind „500 Jahre Amerika“.
Nicht nur die nordamerikanischen Gäste, sondern Vertreter vieler Glaubensrichtungen sollen mit Gesängen und Gebeten, Worten aus Heiligen Schriften und Legenden, Stimmen, Trommeln und Instrumenten ein „Zeichen des Friedens mit Natur und Völkern“ setzen, wie Maler und Bildhauer Haindl sagt. Der Eintritt ist frei. Die Stadt unterstützt den Abend mit einer Spende und hat auch die Stadthalle kostenlos zur Verfügung gestellt.
Im Mittelpunkt des Versöhnungsrituals stehen die nordamerikanischen Gäste – was auch die Aufstellung der Stühle im Halbkreis illustriert. Die Indianer werden den Saal mit einer Adlerfeder-Standarte betreten und den Abend mit einer spirituellen Hymne eröffnen. Gebete und Gesänge der anderen Glaubensvertreter sollen die Veranstaltung nicht etwa zu einer Art Gottesdienst für alle machen. Haindl: „Die anderen wollen zwar beim Ritual mitmachen, müssen aber dennoch in ihrer Tradition bleiben. Noch.“
Nach den Gebeten der Indianer spricht Jampa Kalsang Rinpoche, ein hoher tibetanischer Würdenträger, ein buddhistisches Gebet. Es folgen Gesänge von Sikhs und Hindus, die mit Tabla und Harmonium musizieren. Herbert Leuninger von „Pro Asyl“, einer bundesweiten Arbeitsgemeinschaft für Flüchtlinge, wird als katholischer Pfarrer über die Schuld der Christen referieren. Der Muslime Atasoy Selahattin spricht ein Gebet, bevor die Bahä’i auf Saiteninstrumenten spielen und zwei Protestanten sprechen.
Erika Haindl, die keiner Kirche angehört, betet frei. Der Jude Wolfgang Zink beendet das Programm mit Psalm und Legende. Alle Teilnehmer sollen zum Abschluß beim „social dance“ mitmachen – und jedem die Hand reichen. „Das zweistündige Versöhnungsritual setzt gegenseitigen Respekt voraus“, sagt Haindl.