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HERBERT LEUNINGER ::: ARCHIV PRO ASYL PRESSEERKLÄRUNG 1993 :::
9.2.1993

Kommentar für den Saarländischen Rundfunk
„Sicheres Drittland“
KEIN EHRENVOLLER STATUS FÜR POLEN.


Der Bonner Asylkompromiß hat Polen ungefragt einen neuen Status verliehen: den eines sicheren Drittlandes. Mit einer imperialen Geste weist die Bundesrepublik dem Nachbarstaat damit alle Flüchtlinge zu, die irgendwie polnischen Boden betreten haben, auch wenn sie diesen Staat selbst nur zur Durchreise benutzen wollen.

Die SPD verbindet mit dem Status des sicheren Drittlandes die Vorstellung von rechtsstaatlich korrekten Asylverfahren nach der Genfer Flüchtlingskonvention. Die Bundesregierung denkt eher daran, Polen dabei zu helfen, seine eigenen Grenzen für Flüchtlinge unüberwindlich zu machen und Massen-Abschiebungen abgelehnter Asylbewerber zu organisieren.

Die Überlegungen kreisen längst nicht mehr um die Frage, wie können Flüchtlinge geschützt werden, sondern nur noch darum, wie kann die Bundesrepublik möglichst flüchtlingsfrei bleiben. Dabei wird der Asylbewerber zu einem feindlichen Wesen, das alles daran setzt, Grenzen illegal zu überwinden, ins Hinterland einzusickern, die innere Sicherheit zu bedrohen, vielleicht sogar noch Kriminalität und Seuchen
zu importieren.

Bei diesem Feindbild geht es auch nicht mehr um die Wahrung der Menschenwürde oder die Garantie irgendwelcher Schutzrechte. Die Aggressivität, die dem Flüchtlinge unterstellt wird, rechtfertigt seine Rechtlosigkeit. Flucht als solche wird illegal.

Dies alles ist ein Rückfall hinter die Genfer Flüchtlingskonvention und unser Grundgesetz. Eine demokratische, auf den Menschenrechten aufbauende Kultur wird in Frage gestellt. Polen hat den Status eines Satelliten Moskaus als erstes osteuropäisches Land abgeschüttelt, um eine moderne Demokratie zu werden. Nun droht es in Sachen Asyl Satellit einer Großmacht zu werden, die das Menschenrecht auf Asyl zur Farce macht. Ob Polens Führung, ob Polens Intellektuelle, seine Gewerkschaft, die Kirche das nicht merken? Es wäre zu hoffen, daß sich dort ein grundsätzlicher und nicht nur ein taktisch bedingter Widerstand regt. Die Bundesrepublik bräuchte an dieser Stelle die Partnerschaft eines guten Nachbarn.

Um des Menschenrechts auf Asyl willen sollte sich Polen dem Bonner Diktat verweigern.


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