„Abschiebung mit allen Mitteln und um jeden Preis“
Privatisierung von Abschiebungen
PRO ASYL: „Schleppertätigkeit im staatlichen Auftrag?“
Vier Wochen, nachdem PRO ASYL die Praxis von Bundesamt und Bundesgrenzschutz aufdeckte, die Personaldaten von Flüchtlingen zum Zwecke der Paßbeschaffung noch vor Abschluß ihres Asylverfahrens an die Botschaften ihrer Herkunftsländer weiterzuleiten, macht die bundesweite Arbeitsgemeinschaft auf eine neue Variante bundesdeutscher Abschiebepolitik aufmerksam: Die Privatisierung von Abschiebungen mit Hilfe einer Privatfirma.
PRO ASYL dokumentiert einen Fall in Bremen: seit März dieses Jahres sitzt dort ein Flüchtling mit ungeklärter Nationalität in Abschiebehaft. Nach eigenen Angaben aus dem Bürgerkriegsland Sierra Leone geflohen, scheiterte ein erster Abschiebeversuch an der Weigerung des westafrikanischen Landes, ihn als Staatsbürger anzuerkennen
Der Flüchtling wurde anschließend an verschiedene afrikanische Konsulate bzw. Botschaften (Senegal, Guinea, Gambia) zum Zwecke einer Paßersatzpapierbeschaffung weitergereicht, um eine Abschiebung doch noch zu ermöglichen. Nachdem auch diese Versuche scheiterten, griff die Ausländerbehörde auf das „Know-How“ des Bremer Unternehmens Pandi-Services zurück, ein Gutachterkonsortium zur Feststellung von Schadensfällen auf Schiffen, das auch über Erfahrungen in der Ermittlung der Nationalität von auf See aufgegriffenen „Blinden Passagieren“ verfügt. Bei einem Haftprüfungstermin Ende Mai wurde die Art der angestrebten Kooperation bekannt:
„Die Ausländerbehörde beabsichtigt, den Betroffenen mit Hilfe eines Privatunternehmens mit deutschen Papieren nach Afrika auszufliegen, um dort seine Staatsangehörigkeit zu klären.“ (Auszug aus dem Beschluß des Amtgerichtes Bremen vom 31.05.96)
Es ist vorgesehen, den Flüchtling in Begleitung zweier BGS-Beamter nach Abidjan, der Hauptstadt von Cote d´ Ivoire (Elfenbeinküste) zu fliegen und dort unter Bewachung solange im Transitbereich des Flughafens festzusetzen, bis Pandi-Services entweder einen gültigen Paß oder die Aufnahmezusage eines westafrikanischen Staates beschafft hat.
Der Sprecher von PRO ASYL, Heiko Kauffmann, sieht in diesem Verfahren die Gefahr einer „Schleppertätigkeit im staatlichen Auftrag“. PRO ASYL fordert den Bremer Innensenator auf, diese nicht hinnehmbare Praxis unverzüglich einzustellen. „Abschiebung mit allen Mitteln und um jeden Preis“, so Kauffmann, dürfe in einem Rechtsstaat nicht zur Maxime staatlicher Flüchtlingspolitik werden.
(siehe auch: Presseerklärung vom 23.7.96)