16.07.1993
Altfallregelung
Scheinlösung zur Beruhigung des schlechten Gewissens
Als „Scheinlösung zur Beruhigung des schlechten Gewissens nach der faktischen Abschaffung des Asylgrundrechts“ bezeichnet die Arbeitsgemeinschaft „Pro Asyl“ die sogenannte Altfallregelung.
Ausgeschlossen würden Flüchtlinge aus Kriegs- und Krisengebieten, wie zum Beispiel Kurden aus der Türkei oder Tamilen aus Sri Lanka. Vielen von ihnen drohe in den nächsten Monaten die Abschiebung. „Pro Asyl“ kritisiert die unzureichende Regelung und fordert den Bundesinnenminister und die Innenminister der Länder auf, einen generellen Abschiebestopp für Flüchtlinge aus Kriegs- und Krisengebieten zu erlassen.
Die Altfallregelung, nach der Asylbewerber aus Ländern mit einer Anerkennungsquote von mehr als 30 % und einer Aufenthaltsdauer von mehr als 2,5 Jahren eine zweijährige Aufenthaltsbefugnis erhalten können, greife zu kurz. Obwohl etwa jeder vierte tamilische und jeder zehnte türkische Asylantragsteller bereits beim Bundesamt anerkannt werde, blieben diese Länder bei der Altfallregelung unberücksichtigt.
Beim Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge gebe es zur Zeit mehr als eine halbe Million unbearbeitete Asylanträge. Maximal 10 % der Asylantragsteller könnten theoretisch von der Altfallregelung begünstigt sein. Die Altfallregelung werde aber so restriktiv gehandhabt, daß nicht einmal die potentiell Berechtigten die Chance der Altfallregelung wahrnehmen könnten. Die Frist für die Antragstellung läuft vom 1. Juni bis 31. August 1993. Diese Frist sei extrem kurz, zumal die Erlasse erst jetzt, lange nach Fristbeginn, bekannt würden. Bereits am 13. oder 14. Mai 1993 müsse die Innenministerkonferenz die Altfallregelung beschlossen haben. Offensichtlich sei versäumt worden, die Beschlüsse zur Altfallregelung rechtzeitig zu veröffentlichen.
Vor diesem Hintergrund sei es nicht zu vertreten, daß einige Bundesländer, darunter Bayern, die Inanspruchnahme der Altfallregelung auch noch davon abhängig machen, daß zum Fristablauf am 31. August 1993 ein Rechtskraftbescheid des Bundesamtes vorliegen müsse. Die notwendigen bürokratischen Schritte seien in der Hauptferienzeit für Rechtsanwälte und das Bundesamt kaum zu schaffen.
Günter Burkhardt, Geschäftsführer von „Pro Asyl“