27. September 2005
EUROPÄISCHES PARLAMENT
Parlament fordert EU-Liste sicherer Herkunftsländer
PRÄSENTATION
siehe: Europäische Union ohne Flüchtlinge – Gaddafi & Co als Lagerverwalter der EU?
27. September 2005
Europäisches Parlament
Strassburg
Justiz und Inneres
Parlament lehnt Konzept „supersicherer Drittstaaten“ ab und fordert gemeinsame EU-Liste sicherer Herkunftsländer
- Äußerst unzufrieden mit den Vorschlägen des Ministerrates zu den Mindestnormen für die Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Zuerkennung oder Aberkennung der Flüchtlings- eigenschaft zeigt sich das Parlament.
- In der Debatte erklärte der Berichterstatter des Parlaments, Wolfgang Kreissl-Dörfler (SPE, DE): „Wenn wir das Asylrecht in seinem Kern aufgeben, dann stellen wir die Menschenrechte in Frage und legen die Axt an die Grundpfeiler der Werte- gemeinschaft, die sich Europäische Union nennt.“
- Dringenden Nachhol- und Verbesserungsbedarf sehen die Abgeordneten insbesondere hinsichtlich des Konzepts
- des super-sicheren Drittstaats,
keine generelle Zurückweisung
Einzelfallprüfung - des wirksamen Rechtsbehelfs,
Verbleib im Mitgliedsstaat bis zum Abschluss des Berufungsverfahrens
- der Schnellverfahren,
nur bei eindeutig betrügerischen oder zweifelsfrei unbegründeten Fällen
- der Regelungen für Kinder und Minderjährige
junge Menschen bis 18 sind gemäß der UN-Kinderrechts- konvention zu behandeln.
- Bei der Schlußabstimmung stimmten 305 Abgeordnete für den Bericht, 302 dagegen, 33 enthielten sich.
Justiz und Inneres – 27-09-2005 – 13:38
Parlament lehnt Konzept „supersicherer Drittstaaten“ ab und fordert gemeinsame EU-Liste sicherer Herkunftsländer
Äußerst unzufrieden mit den Vorschlägen des Ministerrates zu den Mindestnormen für die Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Zuerkennung oder Aberkennung der Flüchtlingseigenschaft zeigt sich das Parlament. In der Debatte erklärte der Berichterstatter des Parlaments, Wolfgang Kreissl-Dörfler (SPE, DE): „Wenn wir das Asylrecht in seinem Kern aufgeben, dann stellen wir die Menschenrechte in Frage und legen die Axt an die Grundpfeiler der Wertegemeinschaft, die sich Europäische Union nennt.“Dringenden Nachhol- und Verbesserungsbedarf sehen die Abgeordneten insbesondere hinsichtlich des Konzepts des sicheren Drittstaats, des wirksamen Rechtsbehelfs, der Schnellverfahren sowie hinsichtlich der Regelungen für Kinder und Minderjährige. Bei der Schlußabstimmung stimmten 305 Abgeordnete für den Bericht, 302 dagegen, 33 enthielten sich.
Hauptstreitpunkt zwischen Parlament und Rat ist das Konzept der sog. „supersicheren Drittstaaten“, das die Abgeordneten ablehnen (ÄA 157). Dieses Konzept des Rates soll es den Mitgliedstaaten ermöglichen, nationale Listen mit Drittstaaten beizubehalten oder zu erstellen, die als absolut sicher gelten und aufgrund derer sie allen Asylbewerbern, die aus diesen Ländern kommen, den Zugang zum Asylverfahren verweigern können. Die Abgeordneten stellen besorgt fest, dass diese Bestimmungen keine Einzelfallprüfung vorsehen.
Zugleich fordert das Plenum die Aufstellung einer gemeinsamen Liste sicherer Herkunftsstaaten auf europäischer Ebene. Eine europäische Minimalliste, die dann durch die Mitgliedstaaten um weitere Drittstaaten ergänzt werden kann, lehnen die Abgeordneten ab (ÄA 132).
Das Konzept der Schnellverfahren wird von den Abgeordneten grundsätzlich gebilligt. Allerdings sollten Schnellverfahren nur in eindeutig betrügerischen oder zweifelsfrei unbegründeten Fällen zulässig sein. Auch sollten Anträge von besonders schutzbedürftigen Personen, etwa von ihren Eltern getrennte Kinder oder Opfer sexueller Gewalt, grundsätzlich in einem regulären Verfahren geprüft (ÄA 106-117).
Des Weiteren besteht das Parlament darauf, dass die Asylbewerber bis zur Entscheidung über ihren Asylantrag im Mitgliedstaat verbleiben dürfen. Dies sei ein allgemeiner Grundsatz des Völkerrechts und auch durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte bestätigt (ÄA 166).
Schließlich wollen die Abgeordneten die Rechte von Kindern besser geschützt wissen. So bedeute etwa die Tatsache, dass ein Kind, das einen Antrag gestellt hat, verheiratet ist, nicht zwangsläufig, dass es keinen internationalen Schutz braucht (ÄA 43, 95). Alle jungen Menschen unter 18 Jahren seien in Übereinstimmung mit dem Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte des Kindes als Kinder zu behandeln. (ÄA 29, 96).
Der Berichterstatter des Parlaments, Wolfgang Kreissl-Dörfler (SPE, DE), sagte in der Debatte, dass sein Bericht die Chance biete, ein ausgewogenes und gerechtes europäisches Asylrecht zu schaffen. Der Ratstext hingegen erziele keine erheblichen Fortschritte bei der Harmonisierung, da es den Mitgliedstaaten in zu vielen Fällen überlassen bleibe, ihre einzelstaatlichen Rechtsvorschriften beizubehalten.
Hintergrund:
Die Ausarbeitung einer gemeinsamen Asylpolitik einschließlich eines gemeinsamen europäischen Asylsystems ist wesentlicher Bestandteil des Ziels der EU, einen Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts aufzubauen, der allen offen steht, die wegen besonderer Umstände rechtmäßig um Schutz in der Gemeinschaft nachsuchen. Auf seiner Sondertagung vom 15. und 16. Oktober 1999 in Tampere hatte der Europäische Rat beschlossen, auf ein Gemeinsames Europäisches Asylsystem hinzuwirken.
Ziel des Richtlinienvorschlags ist die Schaffung eines Mindestrahmens für die Verfahren zur Bestimmung der Flüchtlingseigenschaft, der sicherstellt, dass kein Mitgliedstaat einen Asylbewerber ausweist oder in Gebiete zurückführt, wo sein Leben oder seine Freiheit aus Gründen der Rasse, Religion, Staatsangehörigkeit, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder aufgrund einer politischen Ansicht gefährdet wäre.
Granting and withdrawing refugee status
Rapporteur: Wolfgang Kreissl-Dörfler (A6-0222/2005)
Amended proposal for a Council directive on minimum standards on procedures in Member States for granting and withdrawing refugee statusEuropäische Union: Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts
- des super-sicheren Drittstaats,