Tag des Flüchtlings 1994:
„Pro Asyl“ fordert neues Asylrecht
Grenzschützer haben den Auftrag, die Grenze zu schützen.
Über das Schicksal von Flüchtlingen haben Flüchtlingsschützer zu entscheiden.
Die Novellierung des Asylrechts fordert „Pro Asyl“ vom künftigen Bundestag und der neuen Bundesregierung. Hierzu hat „Pro Asyl“ Vorschläge erarbeitet, die zum Tag des Flüchtlings am 30. September 1994 rund 12.000 Initiativgruppen und Mitgliedern des Fördervereins „Pro Asyl“ e.V. zugesandt wurden.
Die Hauptforderung ist, daß die Bundesrepublik Deutschland wieder das internationale Flüchtlingsrecht uneingeschränkt anwendet. Dem widerspricht es, wenn Grenzschützer Flüchtlinge an der Grenze zurückweisen, ohne daß sie Gelegenheit hatten, ihre Asylgründe vorzutragen und zu begründen, warum sie in dem angeblich sicheren Drittstaat nicht sicher sind.
„Pro Asyl“ fordert, die Drittstaatenregelung außer Kraft zu setzen. Die Mindeststandards der Genfer Flüchtlingskonvention müssen auch in Deutschland Anwendung finden:
Dem Ausländer/der Ausländerin ist die Einreise aus einem Drittstaat zu gestatten,
- wenn begründete Zweifel bestehen, daß der Flüchtling im Drittstaat Zugang zu einem an den Mindestgarantien der Genfer Flüchtlingskonvention gemessenen Asylverfahren hat oder
- wenn sich ein Mitglied der Kernfamilie bereits mit einem Aufenthaltsstatus oder geduldet in der Bundesrepublik aufhält.
- Vor einer Abschiebung, Zurückschiebung oder Zurückweisung in einen sicheren Drittstaat hat das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge unabhängig von der Frage der politischen Verfolgung zunächst zu prüfen, ob dem Ausländer/der Ausländerin außerhalb der Bundesrepublik Menschenrechtsverletzungen drohen.
Diesen Forderungen widerspricht übrigens nicht, daß der Bundestag mit 2/3-Mehrheit das Grundgesetz geändert hat. Denn durch eine einfachgesetzliche Regelung kann dem einzelnen eine großzügigere Rechtsposition eingeräumt werden als grundsätzlich festgelegt. Einleuchtendes Beispiel: Die Versammlungsfreiheit ist in Artikel 8 a GG als Deutschenrecht ausgestaltet: Nur die Deutschen dürfen sich unter freiem Himmel versammeln. Durch das Versammlungsgesetz wird dieses Recht dagegen jedermann eingeräumt.
„Pro Asyl“ fordert des weiteren:
- die Wiederherstellung der Effektivität des Rechtsschutzes;
- sorgfältige und umfassende Anhörungen der Flüchtlinge, bei denen auch zugunsten der Flüchtlinge ermittelt wird;
- bessere Möglichkeiten für Bundesländer, auch über ein halbes Jahr hinausgehende Abschiebestopps für bedrohte Flüchtlinge zu erlassen;
- eine Altfallregelung, so daß seit mehreren Jahren dauernde Asylverfahren beendet werden;
- die Aufhebung der Diskriminierung von Flüchtlingen durch die Streichung des Asylbewerberleistungsgesetzes.
Hinweis: Ein ausführliches Thesenpapier mit Mindestforderungen an ein neues Asylrecht senden wir auf Wunsch gerne zu.