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14.08.1995

Hungerstreik sudanesischer Flüchtlinge
auf dem Rhein-Main-Flughafen Frankfurt:
Bundesamt ignorierte Folterspuren
PRO ASYL fordert die Suspendierung der verantwortlichen Entscheider


Mindestens drei der im Transit des Frankfurter Flughafens hungerstreikenden Sudanesen haben Wundnarben, die mit großer Wahrscheinlichkeit darauf hindeuten, daß sie bereits einmal gefoltert worden sind. Sie schilderten darüber hinaus einem Therapeuten aus Köln in ihrer Muttersprache detailliert Folterpraktiken, zu denen diese Spuren passen. Ihre Hinweise auf Folter und Mißhandlungen waren in der Anhörung beim Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge von den Entscheidern übergangen bzw. für unglaubwürdig erklärt worden. Eine ärztliche Untersuchung zur Abklärung der Verletzungsursachen wurde in keinem Fall angeordnet, obwohl diese Spuren auch für Laien erkennbar sind.

Wie der Sprecher der bundesweiten Arbeitsgemeinschaft für Flüchtlinge PRO ASYL, Heiko Kauffmann, am Montag betonte, zeige bereits dies die absolute Unzulänglichkeit der Bundesamtsanhörungen in Fällen sudanesischer Flüchtlinge. Die Forderung nach einer Zulassung der Sudanesen zu einem regulären Asylverfahren im Inland erneuernd, sagte Kauffmann weiter: „Das Ganze wird immer mehr zu einem Skandal des Bundesamtes. Daß nicht einmal mehr Folterspuren Anlaß zu größter Sorgfalt sind, zeigt auch, wie es insgesamt um den Schutz der Menschenrechte beim Bundesamt steht.“

Kauffmann warf dem Bundesamt weiter vor, daß die PRO ASYL vorliegenden Anhörungsprotokolle allesamt eine „atemberaubende Kombination von menschlicher Kälte und fachlichem Dilettantismus“ zeigten.

In ihrer am Freitag Nachmittag beim Verwaltungsgericht Frankfurt eingereichten Begründung des Eilantrages hatte die von PRO ASYL eingeschaltete Rechtsanwältin, Jutta Rock, eine Fülle von Mängeln gerügt. So habe das Bundesamt fast durchweg veraltete Informationen verwendet. Dies zeige sich etwa daran, daß einigen Flüchtlingen als „Fluchtalternative“ die angeblich problemlose Ausreise nach Ägypten nahegelegt worden sei, obwohl dort seit einigen Wochen der Visumszwang für Sudanesen eingeführt worden ist. Im übrigen seien weder neuere Materialien von Menschenrechtsorganisationen noch leicht erreichbare Informationen der Tagespresse berücksichtigt worden.

PRO ASYL hat in einem Telefax an den Leiter des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge, Wolfgang Weickhardt, die sofortige Suspendierung der beiden verantwortlichen Entscheider verlangt. Es gehe nicht an, daß fachlich ungenügend qualifizierte Bedienstete darüber entschieden, ob jemand möglicherweise dem Risiko erneuter Folter ausgesetzt werde.

PRO ASYL forderte Weickhardt weiter auf zu verhindern, daß in Bescheiden seiner Behörde Antragsteller beschimpft werden. Formulierungen wie „macht deutlich, welch Geistes Kind der Antragsteller, der nach eigenen Angaben vier Jahre an einer Universität studiert haben will, in Wirklichkeit ist“ seien unerträglich und müßten dienst- und fachaufsichtliche Konsequenzen haben.


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