Generic selectors
Nur exakte Ergenisse
Suchen in Titel
Suche in Inhalt
Post Type Selectors

Associated Press
25.9.1998

Pro Asyl fordert Bundesinnenministerium zum Handeln auf

Nach Tod von Asylbewerberin in Belgien
Weisung an BGS auf Gewaltverzicht angemahnt


Frankfurt/Main (AP) Nach dem angekündigten Rücktritt des belgischen Innenministers Louis Tobback wegen des Todes einer abgelehnten Asylbewerberin hat die Flüchtlingsorganisation Pro Asyl Konsequenzen für den Bundesgrenzschutz (BGS) gefordert. Das Bundesinnenministerium müsse den BGS offiziell anweisen, daß es bei Abschiebungen nicht mehr zu Gewaltanwendung, Mißhandlung und dem unverhältnismäßigem Einsatz von Zwangsmitteln kommen dürfe, sagte Pro-Asyl-Sprecher Heiko Kauffmann der Nachrichtenagentur AP am Freitag. Eine solche Weisung fehle bislang in den Dienstvorschriften.

Zudem forderte Kauffmann einen unbegrenzten Zugang von Nichtregierungsorganisationen zu den Gewahrsamzellen, in denen abgelehnte Asylbewerber auf ihre Abschiebung warten. Damit solle das Bundesinnenministerium einer Forderung der UN-Menschenrechtskommission nachkommen, die die Öffnung der Zellen für Organisationen und Kirchen verlange, sagte Kauffmann. Allein in den Jahren 1996 und 1997 seien mehr als 100 Ermittlungsverfahren gegen BGS-Beamten eingeleitet worden, die meisten wegen Gewaltanwendung an Asylbewerbern. Eine Verurteilung sei ihm aber in keinem der Fälle bekannt, sagte Kauffmann.

Zu Gewaltanwendungen komme es jedoch immer wieder. Allein am Flughafen in Frankfurt am Main seien ihm bis zu zehn Fälle bekannt, in denen sich Asylbewerber über BGS-Beamten beschwert hätten. Bei einer Klage aber hätten diese Menschen keine Aussichten auf einen Erfolg, sagte Kauffmann. In Deutschland seien zwei Fälle von Asylbewerbern bekannt, die in Abschiebehaft oder bei der Abschiebung ums Leben gekommen seien. Am 6. Mai 1993 kam in einer Gewahrsamzelle auf dem Frankfurter Flughafen die Polin Miroslawa Kolodziejska zu Tode. Die Behörden gingen nach Pro-Asyl-Angaben damals von Selbstmord aus. Am 30. August 1994 starb der damals 30jährige Nigerianer Kola Bankole in einer Lufthansa-Maschine, nachdem ihm ein Arzt unter BGS-Aufsicht ein Beruhigungsmittel gespritzt hatte. Ein Verfahren gegen BGS-Beamte wurde laut Pro Asyl eingestellt.

Zu dem angekündigten Rücktritt des belgischen Innenministers Tobback sagte Kauffmann, damit werde der Politiker zwar seiner Verantwortung gerecht. Doch müßten in ganz Europa die Bedingungen der Abschiebehaft und die Abschiebungen selbst geändert werden. Die belgischen Behörden wollten am vergangenen Dienstag eine 20jährige Nigerianerin abschieben, die sich dem aber widersetzte. Nach einem längeren Handgemenge drückten ihr Polizisten in einem Flugzeug ein Kissen ins Gesicht. Die Frau fiel ins Koma und starb im Krankenhaus an einer Gehirnblutung.


Nach oben