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HERBERT LEUNINGER ::: ARCHIV PRÄSENTATION 2004 :::

5. November 2004

Frankfurter Rundschau
Standpunkt

Die Verantwortung für Asylsuchende teilen

Europa ohne Flüchtlinge

Standpunkt
des
UN-Hochommissars für Flüchtlinge

Ruud Lubbers

5. November 2004

Frankfurter Rundschau
Standpunkt

Die Verantwortung für Asylsuchende teilen

  • Wir sollten endlich damit aufhören so zu tun, als wenn Europa von Asylsuchenden „überflutet“ würde.

    Im Jahre 1992 wurden in jenen 25 Staaten, die nun die EU bilden, insgesamt rund 680.000 Asylsuchende gezählt. Letztes Jahr waren es weniger als 350.000.

    Krisenrhetorik hat weiterhin Konjunktur – oftmals einhergehend mit kaum verhüllter Fremdenfeindlichkeit und politischen Opportunismus.

Lippenbekenntnisse statt Schutz

  • Jedermann gibt das Lippenbekenntnis ab, dass „genuine Flüchtlinge Schutz benötigen und verdienen“

  • Die europäischen Asylsysteme bieten Flüchtlingen nicht immer den Schutz, den sie benötigen und verdienen. Oder sie haben sogar noch nicht einmal die Chance, ihr Schutzgesuch vorzutragen. Dabei denke ich nicht nur an die jüngsten Ereignisse in Italien.

  • Ein erheblicher Anteil von Flüchtlingen – vor allem jene, die vor Krieg und allgemeiner Gewalt fliehen – werden durch die im letzten Jahr harmonisierte EU-Regelung ausgeschlossen. Denn den Mitgliedsstaaten bleibt es überlassen, ihnen eine Arbeitserlaubnis zu verweigern

    .

Chancengleichheit nicht gegeben

  • Wenn die EU es ernst meint mit der Eindämmung irregulärer Migration, ist es notwendig, für Flüchtlinge und Migranten legale Wege nach Europa zu eröffnen. Derzeit liegt ein Vorschlag auf dem Tisch, ein EU-Aufnahmeprogramm für Flüchtlinge aus Erstasylländern einzurichten.

  • Darüber hinaus brauchen wir ein System zur Steuerung der Arbeitsmigration. Indem wir jene legitimieren, die wir wollen – statt heimlich von ihrer Schwarzarbeit zu profitieren – können wir sie aus der Hand von Schleppern und Schleusern befreien.

  • Eine Politik, die auf Ausgrenzung setzt, ist nicht nur moralisch anfechtbar, sie ist auch realitätsfern: Dies führt nur dazu, alle Formen der Migration, auch Flüchtlinge, in den Untergrund abzudrängen.


5. November 2004
(voller Interviewtext)

Frankfurter Rundschau
Standpunkt

Die Verantwortung für Asylsuchende teilen

  • Wir sollten endlich damit aufhören so zu tun, als wenn Europa von Asylsuchenden „überflutet“ würde.

    Im Jahre 1992 wurden in jenen 25 Staaten, die nun die EU bilden, insgesamt rund 680.000 Asylsuchende gezählt.

    Letztes Jahr waren es weniger als
    350.000.

    Krisenrhetorik hat weiterhin Konjunktur – oftmals einhergehend mit kaum verhüllter Fremdenfeindlichkeit und politischen Opportunismus.

Lasten werden weggeschoben

  • Die EU kann viele richtige Antworten zu den Migrations- und Asylproblemen ihrer Mitgliedsstaaten liefern.
    Doch sie wird hierzu nicht imstande sein, solange einzelne Mitgliedsstaaten kurzfristige innenpolitische Interessen den gemeinsamen langfristigen Zielen voranstellen.

  • Der EU-Ansatz im Asylbereich:
    Alle EU-Staaten haben ähnliche Asylsysteme von gleich hoher Qualität. Ein krasses Versäumnis ist unübersehbar: Es fehlt ein System zur Lasten- und Verantwortungsteilung. Statt dessen beobachten wir die Tendenz, Lasten und Verantwortung zu verschieben – auf andere EU-Staaten oder gar Staaten außerhalb der EU, die nicht in der Lage sind, Asylgesuche angemessen zu behandeln.

Chancengleichheit nicht gegeben

  • Bedenken ergeben sich zudem bei der Frage,wer tatsächlich als Flüchtling anerkannt wird.

  • Ein Beispiel: Die Anerkennungsquote von tschetschenischen Asylsuchenden liegt in mehreren europäischen Staaten bei über 50 Prozent.
    In der Slowakischen Republik hingegen wurden in diesem Jahr 1081 Asylgesuche von Tschetschenen geprüft. Lediglich zwei von ihnen wurden bis zum 30. September als asylberechtigt anerkannt.

Lippenbekenntnisse statt Schutz

  • Jedermann gibt das Lippenbekenntnis ab, dass „genuine Flüchtlinge Schutz benötigen und verdienen“

    Die europäischen Asylsysteme bieten Flüchtlingen nicht immer den Schutz, den sie benötigen und verdienen. Oder sie haben sogar noch nicht einmal die Chance, ihr Schutzgesuch vorzutragen. Dabei denke ich nicht nur an die jüngsten Ereignisse in Italien.

  • Ein erheblicher Anteil von Flüchtlingen – vor allem jene, die vor Krieg und allgemeiner Gewalt fliehen – werden durch die im letzten Jahr harmonisierte EU-Regelung ausgeschlossen. Denn den Mitgliedsstaaten bleibt es überlassen, ihnen eine Arbeitserlaubnis zu verweigern.

  • Die Millionen von Flüchtlingen in den Entwicklungsländern verdienen weitaus mehr politische und finanzielle Unterstützung, um ihnen bei der Rückkehr in die Heimat – sofern dies möglich ist – beizustehen und um ihnen in der Zwischenzeit eine sichere und würdige Existenz zu ermöglichen.

  • Wenn die EU es ernst meint mit der Eindämmung irregulärer Migration, ist es notwendig, für Flüchtlinge und Migranten legale Wege nach Europa zu eröffnen. Derzeit liegt ein Vorschlag auf dem Tisch, ein EU-Aufnahmeprogramm für Flüchtlinge aus Erstasylländern einzurichten.

  • Darüber hinaus brauchen wir ein System zur Steuerung der Arbeitsmigration. Indem wir jene legitimieren, die wir wollen – statt heimlich von ihrer Schwarzarbeit zu profitieren – können wir sie aus der Hand von Schleppern und Schleusern befreien.

  • Eine Politik, die auf Ausgrenzung setzt, ist nicht nur moralisch anfechtbar, sie ist auch realitätsfern: Dies führt nur dazu, alle Formen der Migration, auch Flüchtlinge, in den Untergrund abzudrängen.

  • Ich rufe die europäischen Staats- und Regierungschefs deshalb dazu auf, diese Realitäten anzuerkennen und sich darauf zu konzentrieren, ein gutes System zu entwerfen, das sowohl fair als auch effizient ist und nicht einfach nur auf schnelle Lösungen abzielt.

Die Verantwortung für Asylsuchende teilen


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