Staatsgrenze am Krankenbett?
„Pro Asyl“ befürchtet weitere „Out of Area-Einsätze“
des BGS im Inland
Gegen den Anfang September aus dem Gebäude C 183 im Transitbereich des Frankfurter Flughafens entkommenen nigerianischen Asylsuchenden Wale B. wird keine Abschiebehaft verhängt. Das ist das Ergebnis einer Anhörung im Rahmen des Freiheitsentziehungsgesetzes, die am Mittwoch unmittelbar am Krankenbett des Betroffenen stattfand. Der Beschluß des Amtsgerichtes Frankfurt/Main wurde erst heute im Wortlaut bekannt. Die Anordnung der Sicherungshaft gegen den schwerverletzt in einer Frankfurter Unfallklinik liegenden Flüchtling sei nicht verhältnismäßig. Es bestehe Suizidgefahr.
Der BGS hatte beantragt, den Betroffenen zur Sicherung seiner Zurückschiebung für drei Monate in Haft zu nehmen. Dies hätte möglicherweise auch den Transfer in ein Krankenhaus des Justizvollzuges bedeutet.
Der BGS hatte vertreten, daß er in einem 30 km-Radius um den Flughafen Frankfurt herum gemäß § 2 Bundesgrenzschutzgesetz für die Beseitigung von Störungen und die Abwehr von Gefahren zuständig sei. Dies bedeutet, daß Menschen, die nach Auffassung des BGS als noch nicht eingereist gelten, im Krankheitsfall bis in die Kliniken hinein zu bewachen wären. Der Beschluß des Amtsgerichtes Frankfurt/Main setzt sich mit diesem Rechts- und Selbstverständnis des BGS allerdings nicht auseinander.
„Wir sind erleichtert, daß ein schwerverletzter Mensch nicht noch zusätzlich in Haft genommen wird“, so der Kommentar des „Pro Asyl“-Sprechers Heiko Kauffmann. Es sei jedoch eine schreckliche Vorstellung, daß sich Klinikchefs und Ärzte im Einzugsbereich internationaler Flughäfen auf die Anwesenheit von BGS-Beamten an Flüchtlingskrankenbetten einzustellen hätten, wenn sich die Rechtsauffassung des BGS durchsetze.
Gleichzeitig macht „Pro Asyl“ darauf aufmerksam, daß dies keineswegs der erste Versuch des BGS gewesen sei, die deutsche Außengrenze an ein Krankenbett im Hinterland zu verlegen. Bereits im Oktober 1993 war die somalische Asylsuchende Khadija Awale vom Frankfurter Flughafen in die Uniklinik Frankfurt gebracht und dort rund um die Uhr von BGS-Beamten bewacht worden.
„Out of Area-Einsätze des Grenzschutzes“ nennt dies Kauffmann. „Der zunehmenden Militarisierung bei der Überwachung der deutschen Außengrenzen folgt nun konsequenterweise die Militarisierung des Hinterlandes durch die Omnipräsenz des BGS.“