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HERBERT LEUNINGER ::: ARCHIV ASYL 1991 ::: ARCHIV PRESSE 1991 :::

17. Oktober 1991
Frankfurter Allgemeine

Pamphlete und ein Pflasterstein
Unbekannte Gruppe droht Sprecher von Flüchtlingsinitiative


UK. MAIN-TAUNUS-KREIS – Herbert Leuninger, Sprecher der bundesweiten Flüchtlingsinitiative „Pro Asyl“ und der Hofheimer Basisgruppe von „Pax Christi“, ist in zwei Briefen von einer nicht identifizierten „Arbeitsgemeinschaft Novembersturm“ bedroht worden. Das erste Schreiben wurde einer Lokalzeitung in Hofheim zugestellt. Die unbekannte Gruppe gab darin unter anderem ihre Darstellung eines geplanten Übergriffs auf ein Ausländerwohnheim in Marxheim. Leuninger hatte den Vorfall, bei dem niemand physischen Schaden erlitt, zum Anlaß genommen, um Objektschutz für alle gefährdeten Unterkünfte vom Innenminister zu fordern. Der zweite Brief steckte gestern in Leuningers Briefkasten. Die unbekannten Überbringer hatten ihn offenbar am Dienstag gegen 22 Uhr eingeworfen und danach einen Pflasterstein gegen ein durch ein Rollo geschütztes Fenster im Erdgeschoß des Hauses geschleudert, in dem Leuninger wohnt und sein Büro hat.

Die Autoren des auf einer Computerschreibmaschine verfaßten Pamphlets bezichtigen Leuninger „krankhafter Fremdenfreundlichkeit“. Für ihn und andere Vertreter „nicht deutscher Interessen“ müßten Lager geschaffen werden. Kaum verhohlen drohten die Schreiber mit Brandstiftung: „Zügeln Sie besser Ihren brennenden ‚Freundschaftswahn‘, sonst brennt möglicherweise etwas anderes“, heißt es in dem Schreiben, das Leuninger inzwischen an die Polizei weitergab.

Leuninger bewertete die Drohung als neue Phase fremdenfeindlicher Auseinandersetzungen, in der sich die Aggressionen nun auch gegen Menschen richteten, die mit Ausländern solidarisch seien. „Der bislang schweigende Teil der Bevölkerung sei nun noch stärker aufgefordert zu zeigen, daß er mit ausländerfeindlichen Aktionen nicht einverstanden sei, sagte Leuninger. Die Autoren der Drohbriefe ordnete Leuninger der „rechten Szene von Studenten oder Schülern“ zu. Dieser Eindruck werde durch die Form des Briefes und die Artikulation der Gruppe hervorgerufen.

Die Fraktionen der Stadtverordnetenversammlung von Kelkheim haben sich darauf verständigt, vor Beginn der nächsten regulären Sitzung bei einer Kundgebung vor dem Rathaus gegen fremdenfeindliche Ausschreitungen zu protestieren.

Ein 25 Jahre alter Libanese hat möglicherweise einen Brandanschlag auf ein Wohnheim für Asylbewerber verhindert. Der Mann hatte gestern gegen 1:30 Uhr bemerkt, daß ein unbekannter Täter durch einen halb geöffneten Fensterflügel eines Raumes im Erdgeschoß die Jalousie anzünden wollte. Nach seiner Entdeckung sei der etwa 1,80 Meter große, blonde Brandstifter zu Fuß geflüchtet. Die Fahndung verlief ohne Erfolg. Der Polizei wurde später gemeldet, daß ein Müllcontainer in der Nähe des Hotels in Flammen stand. Es wird nicht ausgeschlossen, daß der unbekannte Täter sich dort des Brandsatzes entledigte, der für das Wohnheim bestimmt war.


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