17.06.1998
NRW-Innenminister stellt sich gegen Balkan-Kontaktgruppe
NRW will Sanktionen gegen Jugoslawien unterlaufen
Aufrechterhaltung der Flugverbindung und weitere Abschiebungen geplant
Trotz des Beschlusses der Balkan-Kontaktgruppe, der jugoslawischen Luftverkehrsgesellschaft die Landerechte zu entziehen, will das Innenministerium des Landes Nordrhein-Westfalen unverändert Flüchtlinge mit der jugoslawischen Fluggesellschaft JAT abschieben. Nach PRO ASYL vorliegenden Informationen ist für heute ein Flug mit Abzuschiebenden – auch aus dem Kosovo – von Düsseldorf nach Jugoslawien geplant.
PRO ASYL betrachtet es als Politikum ersten Ranges, daß das rot-grün regierte Bundesland sich offen gegen den Willen der Balkan-Kontaktgruppe stellt. Die Außenpolitik Deutschlands werde einer kleinkarierten, auf fremdenfeindliche Stimmungen Rücksicht nehmenden Innenpolitik untergeordnet. „Der Außenminister droht zur Marionettenfigur deutscher Innenminister zu werden“, sagte Günter Burkhardt, Geschäftsführer von PRO ASYL. „Das Verhalten Nordrhein-Westfalens ist der Rückfall in das Zeitalter deutscher Kleinstaaterei, als jeder Duodezfürst seine eigene Außenpolitik gemacht hat.“
PRO ASYL fordert den Ministerpräsidenten des Landes Nordrhein-Westfalen auf, seinem neuen Superminister die Grenzen seines Amtes deutlich zu machen und die Abschiebungen zu stoppen. Nordrhein-Westfalen dürfe den Beschluß der Balkan-Kontaktgruppe nicht sabotieren. Dem Milosevic-Regime müsse deutlich gemacht werden, daß auch die Bundesländer entschieden gegen die Menschenrechtsverletzungen im Kosovo Stellung nehmen.
Deshalb fordert PRO ASYL
- den sofortigen Stopp von Abschiebungen nach Jugoslawien
- die Aufkündigung des Rückübernahmeabkommens
- den Erlaß eines zunächst 6-monatigen Abschiebestopps.
„Die Situation im Kosovo ist völlig unkalkulierbar. Abschiebungen gefährden Leib und Leben der Betroffenen“, sagte Günter Burkhardt. „In mehreren Landesteilen herrscht bereits offener Krieg.“ Für solche Fälle habe jeder einzelne Innenminister nach § 54 Ausländergesetz die alleinige Kompetenz, ohne langwierige Absprachen mit dem Bundesinnenminister oder anderen Länderinnenministern einen 6-monatigen Abschiebestopp zu erlassen. Erst danach erfordere das Ausländergesetz das Einvernehmen mit dem Bund.