PRO ASYL: Flüchtlinge aus Bosnien
Konsequenzen aus der Genfer Konferenz gefordert
Friedensprozeß als Humanitäre Herausforderung
Die bundesweite Arbeitsgemeinschaft für Flüchtlinge PRO ASYL begrüßt die auf der Jugoslawien-Konferenz in Genf von Bundesinnenminister Kanther gegebene Zusage der Bundesregierung zur Zusammenarbeit mit dem UNHCR sowie die Betonung des Prinzips der Freiwilligkeit und einer entsprechenden Sicherheits und Menschenrechtslage als Bedingung für eine Rückkehr bosnischer Flüchtlinge.
Der Sprecher von PRO ASYL, Heiko Kauffmann, wertete diese Äußerungen als „Hoffnungszeichen für einen Sinneswandel“ und „Annäherung an die Realität“. „Wir fordern die Innenminister von Bund und Ländern auf, aus der Genfer Konferenz die richtigen Konsequenzen zu ziehen und die bisherige Strategie einer schnellen Rückführung der bosnischen Kriegsflüchtlinge aufzugeben“, erklärte Kauffmann.
PRO ASYL fordert die Bundesregierung und die Landesregierungen auf, gemeinsam mit UNHCR und internationalen und Nicht-Regierungsorganisationen in der Bundesrepublik alle Kräfte zu bündeln und ressort und fachübergreifend integrierte Programme zur wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung zu fördern. In deren Planungen sollten hier lebende Flüchtlinge als „Experten in eigener Sache“, Wohlfahrtsverbände, Netzwerke der Friedensbewegung, Friedensinitiativen vor Ort, Bürgerbewegungen und lokale Menschenrechtsgruppen von vornherein eingebunden und beteiligt werden.
Nach einer mit UNHCR abgestimmten freiwilligen Rückführung auf der Grundlage eines 3 Phasen-Planes käme eine Rückkehr der in der Bundesrepublik lebenden Flüchtlinge frühestens ab 1998 in Betracht. In der ersten Phase sollen die über eine
Million in Bosnien herumirrenden und in Lagern lebenden Flüchtlinge, danach die etwa 500.000 Flüchtlinge aus den anderen exjugoslawischen Republiken eine neue Heimat finden; erst danach sollen die 700.000 Bosnier zurückkehren, die in westeuropäischen Staaten Zuflucht gefunden haben, darunter über 300.000 in der Bundesrepublik.
Darüber hinaus müsse auch deutlich vermittelt werden, so der PRO ASYL-Sprecher, daß für viele Flüchtlinge aus heutiger Sicht eine Rückkehr auf absehbare Zeit, unter Umständen sogar auf Dauer, nicht möglich sein wird. Dazu zählte Kauffmann folgende Gruppen:
Flüchtlinge, die aufgrund ethnischer Säuberungen fliehen mußten, Folteropfer, Vergewaltigungsopfer, ehemalige Insassen von Intemierungslagern, Flüchtlinge mit multi-ethnischer Herkunft und aus bi-ethnischen Familien, Deserteure und Wehrdienstverweigerer, solange es keine rechtsverbindliche und international überprüfbare Amnestieregelung für ganz Bosnien gibt, alte, kranke und behinderte Menschen, die in Bosnien keine Familienangehörigen mehr haben, bzw. nicht behandelt werden können.
„Das Daytoner Friedensabkommen als vorerst nur papierener Frieden, der heute einer militärisch kontrollierten Verhinderung neuer Konflikte gleichkommt, kann nur dann in den gewollten Friedensprozeß einmünden, wenn die internationale Staatengemeinschaft auch die Bundesrepublik dies als Chance und gemeinsame Herausforderung für ein entschlossenes Engagement aus politischer und humanitärer Verantwortung begreift, sagte Kauffmann. Wer wolle, daß Flüchtlinge eines Tages in Freiwilligkeit, Sicherheit und Würde nach Bosnien zurückkehren könnten, müsse heute alle Anstrengungen zum Wiederaufbau, zur langfristigen zivilen und demokratischen Sicherung und sozialen Aussöhnung des Landes als oberster Priorität unterstützen