Kein Datenschutz für Flüchtlinge
Bundesgrenzschutz gibt Personaldaten von Flüchtlingen
während des laufenden Asylverfahrens an Heimatbotschaft weiter.
PRO ASYL kritisiert die Kooperation mit Verfolgerstaaten.
Noch während des laufenden Asylverfahrens gibt der Bundesgrenzschutz persönliche Daten von Flüchtlingen an dem potentiellen Verfolgerstaat weiter. Der Bundesweiten Arbeitsgemeinschaft für Flüchtlinge PRO ASYL liegt der Fall eines afghanischen Flüchtlings vor, der im Heimatland bis zur Machtübernahme der Mudjaheddin eine leitende Position im Parteiverlag der früher herrschenden DVPA hatte und 1995 Asyl in der Bundesrepublik beantragte. Mehr als drei Monate vor der ersten Entscheidung des Bundesamtes im Asylverfahren stellte die afghanische Botschaft in Bonn auf Antrag des BGS ein Paßersatzdokument aus.
„Was ist das Asylrecht noch wert, wenn lange vor Abschluß des Verfahrens Daten von Flüchtlingen an den potentiellen Verfolgerstaat übermittelt werden? Das Verhalten des Bundesamtes und des Bundesgrenzschutzes hebelt das internationale Flüchtlingsrecht aus. Die Kooperation mit den potentiellen Verfolgern tritt an die Stelle der gebotenen Fürsorge für den Flüchtling“, bewertet Günter Burkhardt, Geschäftsführer von PRO ASYL, den Vorfall. Das Vorgehen des BGS mache Flüchtlinge zur möglichen Zielscheibe von Aktivitäten der Auslandsgeheimdienste. Das Asylgeheimnis als zentraler Bestandteil des Asylrechts wird hier gebrochen. Durch das Verhalten des BGS würden noch im Heimatland verbliebene Familienangehörige gefährdet. In Afghanistan ist Sippenhaft weit verbreitet.
PRO ASYL befürchtet, daß es sich hier um keinen Einzelfall handelt, sondern um eine routinemäßige Praxis des Bundesgrenzschutzes. Aus einer PRO ASYL und dem Rechtsanwalt Gunter Christ, der den betreffenden Flüchtling vertritt, vorliegenden Liste geht hervor, daß offenbar auch die Personaldaten von 29 weiteren Flüchtlingen der afghanischen Botschaft übermittelt wurden. PRO ASYL fordert eine parlamentarische Untersuchung dieses Falles im Innenausschuß des Deutschen Bundestages. Dabei müsse auch die Frage auf den Tisch, ob der Bundesinnenminister die ihm unterstellten Behörden ausreichend kontrolliere.
PS: Hintergrundinformationen zum Fall können unter der Faxnummer 069/230650 angefordert werden