Somalische Asylbewerber dürfen einreisen
INTERNIERUNG UND ABSCHIEBEHAFT BEENDET
Bundesamt entscheidet nachlässig über Tod und Leben
Durch Gerichtsurteil (Verwaltungsgericht Frankfurt, AZ 15 G 20203/93) bzw. durch eine Entscheidung des Bundesinnenministeriums ist die quälende Internierung von zwei somalischen Asylbewerbern auf dem Frankfurter Flughafen und die Abschiebehaft eines weiteren seit heute beendet. Sowohl ein über den Sudan eingereistes Ehepaar, wie der zwischen dem Jemen und der Bundesrepublik hin- und hergeschobene Somalier dürfen nach langem juristischem Tauziehen endlich in die Bundesrepublik „einreisen“. Damit kann die endgültige Entscheidung über den Abschiebungsschutz unter etwas besseren Bedingungen abgewartet werden.
Grundlage für die veränderte Lage sind die Weigerung der Drittstaaten, die Flüchtlinge zurückzunehmen und zusätzliche Informationen. Sie wurden von Frankfurter Rechtsanwälten in mühsamer Kleinarbeit über nationale und internationale Quellen beschafft und in die Verfahren eingeführt. Danach betrachtet der Jemen somalische Flüchtlinge nur als Transitreisende, die unter unmenschlichen Bedingungen in Lagern festgehalten werden. Der arabische Staat lehnt es ab, diese Flüchtlinge auf Dauer aufzunehmen oder ihnen ein reguläres Asylverfahren zu ermöglichen. Flüchtlinge, die nicht dahinvegetieren wollen, sind gezwungen, sich ein anderes Fluchtland zu suchen. Im speziellen Fall war es durch jeweilige Zurückschiebung wieder zu einem Ping-Pong-Spiel zwischen Deutschland und dem Jemen gekommen. Bislang hatte sich der Jemen trotz hochrangiger diplomatischer Bemühung der Bundesrepublik geweigert, den Flüchtling zurückzunehmen.
In der Öffentlichkeit Aufsehen erregt hatte die schwangere Somalierin, die mit ihrem Mann nach längerem Aufenthalt im Sudan auf Rhein-Main gelandet war und dort festgehalten wurde. Selbst als sie wegen einer Fehlgeburt im Krankenhaus weilte und einen Suizid-Versuch unternommen hatte, wurde sie in zwei verschiedenen Kliniken vom Bundesgrenzschutz bewacht. Gerade in diesem Fall wurde die Unmenschlichkeit des Flughafenverfahrens in krasser Weise deutlich. Auch hier führte erst die Einschaltung einer Rechtsanwältin dazu, daß neue Informationen über die für Flüchtlinge unhaltbare Situation im Sudan beigebracht werden konnten. Auch dort ist bei einer erzwungenen Rückkehr eine zumutbare Existenz nicht mehr möglich. Diese Informationen und der öffentliche Druck bis hin zu einer Anfrage im Deutschen Bundestag veranlaßten wohl den Bundesinnenminister, die Internierung auf Rhein-Main für das Ehepaar zu beenden. Die Frau hatte inzwischen einen zweiten Selbsttötungsversuch unternommen.
„Pro Asyl“ sieht in diesen Vorgängen den Beweis dafür, daß sich die Bundesrepublik mit den neuen Asylgesetzen in menschlich und rechtlich unhaltbare Positionen hineinmanövriert hat. Das bezieht sich auch auf die Entscheidungspraxis des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge. Die Unzulänglichkeit des Asylverfahrens führt offenkundig dazu, daß unter dem gesetzlich vorgeschriebenen Zeitdruck kaum sachgerechte Entscheidungen getroffen werden. Dem Bundesamt, das online mit der zentralen Datenbank in Zirndorf verbunden ist und über die umfassendsten Länderinformationen verfügt, sind in diesem Fall Vorwürfe kaum zu ersparen. Es hat einseitig zu Lasten der Flüchtlinge und zu Lasten des Rechtsschutzes entschieden. Damit handelte es nachlässig hinsichtlich seiner Amtsermittlungsverpflichtung.
Herbert Leuninger, Sprecher von „Pro Asyl“