07.05.1998
Innenministerkonferenz am 7./8. Mai 1998:
PRO ASYL fordert erneut Abschiebungsstopp für Kosova-Albaner,
Kurden, Algerier, Afghanistan – „Kosova darf kein zweites Bosnien werden!“
Vor dem Hintergrund erneuter Angriffe der jugoslawischen Armee auf mehrere Dörfer der Krisenprovinz Kosova und der gezielten Vertreibung der Kosova-Albaner aus dem Grenzgebiet zu Albanien appelliert die Bundesweite Arbeitsgemeinschaft für Flüchtlinge PRO ASYL an die am Donnerstag und Freitag tagende Innenministerkonferenz, unverzüglich einen Abschiebungsstopp für Kosova-Albaner zu beschließen.
Der Sprecher von PRO ASYL, Heiko Kauffmann, forderte Bundesaußenminister Kinkel zudem auf, umgehend über die OSZE-Außenministerkonferenz intensive Friedensbemühungen zur Wiederherstellung der Rechte der Kosova-Albaner, zur Deeskalation des Konfliktes und zur Vertrauensbildung zu beginnen.
„Kosova darf kein zweites Bosnien werden!“ erklärte Kauffmann. Es sei allerhöchste Zeit, entschiedener auf die Regierung Milosevic einzuwirken und das Erreichen politischer Ziele durch Gewalt, die „Ethnisierung“ durch gezielte Vertreibung der Kosova-Albaner zu verhindern. „Es ist drei Minuten vor Zwölf; täglich wächst für abgeschobene Flüchtlinge wie für die gesamte Zivilbevölkerung in Kosova das Risiko, Opfer von Menschenrechtsverletzungen oder militärischer Gewalt zu werden“, sagte Kauffmann. Angesichts der drohenden Eskalation seien die EU- und Bundesaußenminister Kinkel besonders gefordert, gemeinsam mit dem UNHCR ein humanitäres Konzept zur Aufnahme von Flüchtlingen aus Kosova bereitzustellen.
Bundesaußenminister Kinkel sei schlecht beraten, wenn er in den Lageberichten seines Amtes weiterhin die Stellungnahmen der jugoslawischen Regierung übernehme und sogar auf deren Sprachregelung von Flüchtlingen als „Terroristen“ zurückgreife – wie im Falle des 70-jährigen Isuf Islami, der seine Abschiebung nur um 74 Tage überlebte.
Ebenso fragwürdig sei seine Äußerung zur amerikanischen Forderung, der jugoslawischen Fluggesellschaft die Landerechte zu entziehen. Kinkel habe diese Sanktionen laut Agenturmeldungen mit der Begründung abgelehnt, Rückführungen aus Deutschland seien dann nicht mehr möglich. Im Falle eines Krieges wären – so Kinkel – die Deutschen Leidtragende, weil dann weitere Flüchtlinge kommen würden. „Dies ist eine Bagatellisierung der Vorgänge im Kosova und des wirklichen Leides der Menschen dort, die um ihre Opfer trauern“, so Kauffmann.
PRO ASYL kritisierte im Vorfeld der Innenministerkonferenz darüber hinaus, daß der Beschluß der letzten Innenministerkonferenz vom 2. Februar 1998, daß jeder Fall einer möglichen Abschiebung nach Algerien durch das jeweilige Länderinnenministerium geprüft wird, bislang in der Praxis kaum umgesetzt werde. Die Kompetenz zur Überprüfung der Gefährdung werde zumeist erneut an das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge zurückdelegiert, wo man z.T. mit veralteten Lageberichten zu Algerien argumentiere. „Der Minimalismus des Beschlusses wird so durch die Praxis noch unterboten. Folgenlose Selbstverpflichtungen statt wirksamen Flüchtlingsschutzes dürfen nicht das letzte Wort bleiben“, so Kauffmann.
Auch für Flüchtlinge aus Afghanistan und Kurden aus der Türkei fordert PRO ASYL Abschiebungsstopps von der Innenministerkonferenz.