Generalprobe für Ausländergesetz in der DDR
Im vorauseilenden Gehorsam soll der DDR-Innenminister Diestel das erst mit dem 1.1.1991 in der Bundesrepublik wirksame neue Ausländergesetz auf die DDR übertragen. Damit läßt sich die DDR von der Bundesregierung in das Abschreckungs- und Abschottungskonzept der Schengen-Gruppe einbeziehen. Dies dürfte eine der schlimmsten Botschaften aus der DDR nach Einführung der Demokratie für alle Bürgerinnen und Bürger sein, die nach dem Sturz der Diktatur ein Signal flüchtlingsfreundlicher Politik aus der DDR erwartet haben.
Visa-Verweigerungen, Rückfall in verschärfte Grenzkontrollen, Bestrafung von Fluggesellschaften, die Flüchtlinge ohne ausreichende Reisedokumente befördern, Zurückweisungen von Kindern und erwachsenen Flüchtlingen an der Grenze, Ausweisungen in Kriegs- und Krisengebiete könnten ab 1.7. zum gängigen Repertoire von DDR-Grenzern gehören.
Rechtlich noch bedenklicher wird die DDR-Kopie des Ausländergesetzes aber dadurch, daß die DDR weder das Grundrecht auf Asyl kennt, noch bisher der Genfer Flüchtlingskonvention beigetreten ist. Auch kennt sie wohl keine mit der Bundesrepublik vergleichbare Verwaltungsgerichtsbarkeit, die gerade einen Flüchtling vor dem ungesetzlichen Zugriff des Staates und der Behörden schützen könnte.
„Damit droht die Gefahr“, so „Pro Asyl“-Sprecher Herbert Leuninger, „daß die DDR das ausführt, was sich bestimmte politische Kreise in der Bundesrepublik gegenüber Flüchtlingen immer schon gewünscht haben.“ „Es ist unverantwortlich von der Bundesregierung, in dieser Situation der DDR das ohnehin höchst umstrittene Ausländergesetz aufzudrängen!“ „Pro Asyl“ erneuert seine Forderung, mit der DDR zusammen ein zukunftsweisendes und humanes Ausländer- und Asylrecht zu konzipieren.