Texte einer Tageszeitung
unter Einbeziehung von PRO ASYL
Europäische Konferenz ohne Ergebnisse
Die Wiener Hofburg war Schauplatz eines europäischen Schauspiels, das besser erst gar nicht initiiert worden wäre. Da trafen sich Vertreter aus zehn europäischen Ländern, um „Hilfestellung für die größte politische und menschliche Tragödie seit Ende des Zweiten Weltkrieges in Europa“, sprich das Flüchtlingselend in Bosnien, zu leisten. Das Ergebnis ist beschämend: Kein europäisches Land wird die Bürgerkriegsflüchtlinge ohne große Formalitäten aufnehmen, eine generelle Grenzöffnung ohne Aufnahmequoten für Flüchtlinge wird es nicht geben. Die Frage der Aufnahmequoten wurde erst gar nicht behandelt. Dafür hätten die Konferenzteilnehmer keine Befugnis gehabt, erklärte der österreichische Innenminister Franz Löschnak. „Hilfe vor Ort wird man aber leisten“, meinte Michel Veuthey, Generaldelegierter des Internationalen Roten Kreuzes, und er listete auf: Kroatien werde Zelte für 100.000 Flüchtlinge erhalten. Länder wie Deutschland, Frankreich und England werden sich um Kriegsverletzte kümmern und in ihren Ländern behandeln.
Österreich und die Schweiz sind Initiatoren einer Kinderhilfe während der Sommerzeit.
Die Delegierten aus Griechenland, Rumänien, Bulgarien, Ungarn und Slowenien führten Dutzende von Gründen an, warum sie leider gezwungen seien, ihre Grenzen für Flüchtlinge zu schließen.
Dabei war man in den vornehmen Sälen der Wiener Hofburg bestens informiert über die dramatische Lage in Bosnien. Es lagen sehr detailliertes Zahlenmaterial, Fallbeispiele von willkürlichen Verhaftungen und Geiselnahmen, von Massakern an der Zivilbevölkerung und anderen Menschenrechtsverletzungen vor, die gegen die Genfer Kriegskonvention verstoßen. Auch der Vergleich mit dem Zweiten Weltkrieg kam auf. Bewußt greife die jugoslawische Armee und serbische Freischärler Bevölkerungszentren an, zerstöre zivilen Wohnraum, einzig mit der Absicht, Menschen zu vertreiben. Derzeit sind demnach in Bosnien 700.000 Menschen auf der Flucht, wovon die Hälfte bereits in Kroatien Zuflucht fand. (Roland Hofwiler, Wien)