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TAG DES FLÜCHTLINGS 1998

Die Ausländerpolitik neu gestalten

Nein zu Fremdenfeindlichkeit und Rassismus

Herausgegeben zum Tag des Flüchtlings am 2. Oktober 1998

Herausgeber: PRO ASYL, Arbeitsgemeinschaft für Flüchtlinge mit freundlicher Unterstützung der Deutschen Stiftung für UNO- Flüchtlingshilfe e. V., dem Deutschen Caritasverband e. V., dem Hessischen Ministerium für Umwelt, Energie, Jugend, Familie und Gesundheit und dem Interkulturellen Beauftragten der Ev. Kirche in Hessen und Nassau.

Der Tag des Flüchtlings findet im Rahmen der Woche der ausländischen Mitbürger (27. September bis 3. Oktober 1998) statt und wird von PRO ASYL in Zusammenarbeit mit dem Ökumenischen Vorbereitungsausschuß zur Woche der ausländischen Mitbürger vorbereitet.

INHALT

Deutschland steht im Wahljahr 1998 vor vier großen Aufgaben:

  • Arbeitslosigkeit und Armut sind abzubauen.
  • Die weitere Zerstörung der Umwelt muß aufgehalten werden.
  • Die Globalisierung erfordert neue Antworten.
  • Die durch Flucht und Migration entstehenden Aufgaben sind politisch und sozial zu gestalten.

Die Verantwortlichen in der Bundesregierung nehmen fremde Menschen gegenwärtig vor allem als Bedrohung wahr, die es abzuwehren gilt. Damit werden ablehnende Einstellungen und Fremdenfeindlichkeit in der Bevölkerung verstärkt. Europa wird wie eine Festung ausgebaut – rechtsextreme und ausländerfeindliche Parteien fühlen sich dadurch bestätigt. Besonders bei Wahlkämpfen wird Stimmung gegen Ausländer gemacht, ja, sie werden kriminalisiert.

Globalisierung im Sinne eines Prozesses der weltweiten Öffnung und Vernetzung muß politisch, wirtschaftlich und sozial gestaltet werden. Die Globalisierung nach außen macht eine interkulturelle Politik nach innen erforderlich. Dazu gehört es, daß eingewanderte und einheimische Menschen gleichberechtigt und friedlich zusammenleben. Fremdenfeindlichkeit, Rassismus und Antisemitismus schaden unserem Land, auch im weltweiten Wettbewerb.

Eine vorrangig auf Gefahrenabwehr ausgerichtete deutsche Ausländerpolitik ist gescheitert. Sie trägt bei zur Zunahme von Fremdenfeindlichkeit, Rassismus und Gewalt. Erforderlich ist eine interkulturelle Politik, die auf folgenden Grundsätzen aufbaut:

  1. Ungleichbehandlungen gefährden den sozialen Frieden. In Deutschland lebende Menschen sind gleich zu behandeln.
  2. Diskriminierungen wegen unterschiedlicher Herkunft, Hautfarbe oder Religion sind zu überwinden. Es sind Regelungen gegen Diskriminierungen einzuführen, die von der Europäischen Union befürwortet werden und sich in anderen europäischen Ländern bewährt haben.
  3. Nach mehrjährigem Aufenthalt ist Ausländerinnen und Ausländern, auch aus Nicht- EU- Staaten, das kommunale Wahlrecht zu erteilen.
  4. Um die Einbürgerung zu erleichtern, sollte dem Grundsatz des Rechtes der Abstammung (jus sanguinis) der Grundsatz des Rechtes des Gebietes (jus soli) hinzugefügt werden. Auch ist die Möglichkeit der Mehrstaatigkeit zu akzeptieren.
  5. Ausländische Straftäter und Straftäterinnen sind zu bestrafen – wie Deutsche auch. Bei hier aufgewachsenen Ausländerinnen und Ausländern soll eine Ausweisung und Abschiebung grundsätzlich unzulässig sein. Für sie darf es keine Doppelbestrafung durch Ausweisung geben.
  6. Kein Mensch ist illegal. Auch Menschen ohne Dokumente haben Rechte und dürfen nicht kriminalisiert werden. Möglichkeiten einer Legalisierung sind zu erörtern.
  7. Fluchtursachen und nicht Flüchtlinge sind zu bekämpfen. Deutschland darf keine Länder z. B. durch Waffenlieferungen unterstützen, die eigene Bürger verfolgen, vertreiben und Dörfer zerstören. Eine aktive Außenpolitik hat für Menschenrechte und Demokratie in Ländern einzutreten, aus denen Menschen zur Flucht gezwungen werden.
  8. Im Asylrecht ist zum völkerrechtlichen Mindeststandard zurückzukehren, wie er in der Genfer Flüchtlingskonvention und der Europäischen Menschenrechtskonvention festgelegt ist. Dazu gehört die Akzeptanz von nichtstaatlicher Verfolgung als Asylgrund und eine Verbesserung der Einzelfallprüfung und des Rechtsschutzes. Frauenspezifische Fluchtgründe sind anzuerkennen. Der besonderen Situation von unbegleiteten Minderjährigen und Folteropfern ist Rechnung zu tragen.
  9. Die monatelange, bis zu eineinhalb Jahren dauernde Abschiebungshaft ist abzuschaffen. Für einen demokratischen Rechtsstaat ist es völlig ausreichend, Abzuschiebende kurzfristig und vorübergehend festzuhalten, wenn die Abschiebung anders nicht gesichert werden kann.
  10. Härtefallregelungen müssen möglich sein, die es dem Innenminister oder lokalen Ausländerbehörden eines Bundeslandes ermöglichen, im Einzelfall zu menschlichen Lösungen zu kommen. Härtefallkommissonen können dafür eingerichtet werden.
  11. Die Gleichsetzung von Islam mit gewalttätigen Gruppen, die diese Religion für ihre Ziele mißbrauchen, fördert Vorurteile, verstärkt Ängste und die Ablehnung von Muslimen. Dialoge mit Muslimen sind insbesondere in den Kommunen, Schulen und Kirchen zu fördern.
  12. Auf Bundes-, Länder- und kommunaler Ebene sind Runde Tische, Gesprächsforen, interkulturelle Räte oder Gremien einzurichten, in denen präventiv an der Überwindung von Fremdenfeindlichkeit, Rassismus und Gewalt gearbeitet wird. Staatliche Stellen, Ausländer- und Aussiedlerorganisationen, Menschenrechtsorganisationen und andere gesellschaftliche Gruppen sind dabei zur Mitwirkung einzuladen.
Fremdenfeindlichkeit und Rassismus müssen bekämpft werden. Die Politik kann dafür Zeichen und Rahmenbedingungen setzen. Sie muß das endlich auch tun.
Herausgeber: Interkultureller Rat in Deutschland, PRO ASYL und DGB- Bundesvorstand, Referat Migration.

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