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HERBERT LEUNINGER ::: ARCHIV PRO ASYL PRESSEERKLÄRUNG 1993 :::
29.10.1993

Asylbewerberleistungsgesetz ab 1. November in Kraft
DIE ÄRA EINHEITLICHER SOZIALHILFE ZU ENDE
Flüchtlinge unter der Armutsschwelle


Mit dem neuen Asylbewerberleistungsgesetz, das am 1.November in Kraft tritt, geht eine bedeutsame Ära des Sozialhilferechts zu Ende. Dies erklärte die Arbeitsgemeinschaft für Flüchtlinge „Pro Asyl“. Zum ersten Mai wird eine Gruppe von Menschen aufgrund einer Eigenschaft (nämlich Flüchtlinge zu sein) aus dem System der Sozialhilfegewährung ausgeschlossen und einem Sondergesetz unterworfen. Ausdrückliches Ziel ist es, Asylbewerber gegenüber anderen Leistungsempfängern schlechter zu stellen. Damit sind Tür und Tor für die Ausgliederung weiterer Personengruppen aus dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG) geöffnet. Das neue Gesetz orientiert sich nicht mehr am Verfassungsauftrag, die Würde jedes Menschen zu wahren. Es schafft zwei Klassen von Menschen. Flüchtlinge werden künftig unterhalb der Armutsschwelle leben müssen, die der Gesetzgeber selbst definiert hat.

„Pro Asyl“ kritisiert u.a., daß bei Asylbewerbern , die sich im Verfahren befinden oder abgelehnt wurden,

  • die Sozialhilfe drastisch gekürzt wird;
  • der Lebensunterhalt prinzipiell durch Sachleistungen gedeckt wird (für den persönlichen Bedarf erhalten sie ein bescheidenes Taschengeld);
  • mitgebrachte Geldmittel erst restlos aufgebraucht sein müssen, bevor die Sozialhilfe einsetzt;
  • die freie Arztwahl abgeschafft und die Versorgung im Krankheitsfall gesundheitsgefährdend eingeschränkt wird;
  • eine Verpflichtung zum Arbeitsdienst eingeführt wird.

„Pro Asyl“ empfiehlt in einem besonderen Faltblatt Gruppen und Einzelpersonen,

  • die den Flüchtlingen angebotene Verpflegung
    • auf Qualität, Nährwert und Frischkostanteil hin zu überprüfen, notfalls sollten mit Politikern und Medien zusammen T e s t e s s e n veranstaltet werden,
    • auf die Überschreitung von Haltbarkeitsdaten zu achten,
    • das ausreichende Angebot von Diät- und Kindernahrung anzumahnen und
    • auf die Möglichkeit zu drängen, daß jederzeit Säuglingsnahrung zubereitet werden kann.
  • den Flüchtlingen dabei behilflich zu sein, daß sie alle notwendigen Dinge, die das Gesetz nicht vorsieht, erhalten. Dazu zählen u.a.
    • Babyausstattung,
    • Schulbedarf für Kinder,
    • Sonderbedarf für Kranke und Schwangere,
    • Fahrtkosten zu Ärzten und Behörden,
    • Kosten für die Beschaffung und Übersetzung von Dokumenten, die für das Asylverfahren benötigt werden, schließlich auch
    • ein berechtigter Bedarf an Kleidung und Schuhen, soweit er nicht durch Sachleistungen abgedeckt wird;
  • die Flüchtlinge zu ermutigen, notfalls den Klageweg zu beschreiten und dafür Rechtshilfefonds einzurichten;
  • Ärzte zu bitten, ihren Sachverstand gegen die Versagung notwendiger Behandlungen einzusetzen und wenn nötig, auch eine kostenlose Behandlung anzubieten.

„Pro Asyl“ geht davon aus, daß der behördliche Mehraufwand für die Fremdversorgung der Flüchtlinge nicht zur Kostensenkung, sondern zur Erhöhung der öffentlichen Ausgaben führt. Außerdem wird sich keine Mark, die Flüchtlingen vorenthalten wird, in den Taschen anderer Bedürftiger wiederfinden.

Herbert Leuninger, Sprecher von „Pro Asyl“


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