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HERBERT LEUNINGER ::: ARCHIV KIRCHE 2006 :::

Ansprache

Gründonnerstag, 13. April 2006
In der katholischen Kirche von Bad Camberg

Die Abendmahlsgemeinde

Paschamahl in Estenfeld

In Estenfeld bei Würzburg findet am Vorabend ein dem jüdischen Ritus nachempfundenes Paschamahl statt. Es wird von der Frauengemeinschaft im Pfarrheim ausgerichtet. In der Ankündigung dazu heißt es: Es ist ein Erinnerungsmahl an die Befreiung Israels aus der ägyptischen Gefangenschaft. Jedes Jahr wird es neu gefeiert, um sich dieser großen Tat Gottes wieder bewusst zu werden. Auch Jesus hat es mit seinen Jüngern gefeiert und ihm eine neue Bedeutung gegeben, indem er dabei Brot und Wein als seinen Leib und sein Blut bezeichnete. Seither feiern wir sein Abendmahl als Gedenken an unsere Befreiung aus Schuld und Tod. Zur Einstimmung auf die Feier des Letzten Abendmahls am Gründonnerstag, bieten wir die Mitfeier dieses Paschamahles an. Es verbindet uns mit unseren jüdischen Wurzeln und kann uns die Abendmahlfeier deutlicher erschließen. Es ist ein Liturgisches- und ein Sättigungsmahl, bei dem Rotwein, Lammbraten, Matzenbrot, Fruchtmus, Salat und Kräuter gereicht werden.

Das Abendmahl von Leonardo da Vinci

Die berühmteste Darstellung des Letzten Abendmahles ist sicher die von Leonardo da Vinci in Mailand. Gemäß dem Bibelbericht sitzt
Jesus mit den 12 Aposteln am Tisch. Dabei zählten zum engen Jüngerkreis Jesu nicht nur Männer sondern auch Frauen. Und wenn er mit diesem Kreis das Paschamahl gefeiert hat, waren sicher auch seine Jüngerinnen mit einbezogen.

Die Abendmahlszene mit Models

Eine völlig andere Szene bietet das Werbefoto einer Jeans-Firma. So ähnlich wie bei da Vinci sind 12 Personen um einen langen Tisch gruppiert, 11 Frauen und ein Mann in einer Umarmungsszene mit dem nackten Rücken zum Betrachter. Auf dem Platz, der bei den üblichen Bildern von Jesus eingenommen wird, sitzt eine Frau. Die Bischofskonferenz hat gegen diese Verwendung einer christlichen Kultdarstellung für Werbezwecke Klage erhoben und wohl vor Gericht Recht bekommen. Dennoch regt diese abwegige Darstellung zum Nachdenken über die Zusammensetzung der Abendmahlsgemeinschaft an.

Passionsspiel in Frankfurt

In einem Frankfurter Theater wurde zur Passionszeit eine ebenfalls ungewöhnliche Abendmahlsszene dargestellt. Hier sitzen 12 Personen an dem zu einem Abendessen gedeckten Tisch, davon sind sechs Männer und fünf Frauen, dazu ein Kind. Die Rolle Jesu ist ausgespart. Das Abendmahl wird gefeiert mit Kaffee, Säften, Brötchen und Matzen. Die Gespräche gehen um Jesu Leben und Tod. Eindrucksvolles, modernes Theater!

Die Gemeinde am Gründonnerstag

Tut dies in Erinnerung an mich, sagt Jesus zu seinem Jüngerkreis. Wir tun es jetzt als seine Gemeinde, als Gemeinde von Frauen, Männern und Kindern. Das ist die Gemeinde Jesu. Und sie wird sich in dieser oder ähnlicher Zusammensetzung am Vorabend des Karfreitag einfinden, um die Erinnerung an Jesus Christus lebendig zu erhalten. Sie wird es auch dann noch tun, selbst wenn sie den klassischen Priester, der dieser Versammlung vorsteht, nicht mehr zur Verfügung hat.


Brief an die Gemeinde

Herbert Leuninger

Hubertusstraße 21
65549 Limburg
Tel: 06431 283675 Fax 0721 151 447218
e-mail hl@leuninger-herbert.de
Internet http://www.leuninger-herbert.de

15.4.2006

Herrn
Pfarrer Helmut Neumann
Eichbornstr. 9
65520 Bad Camberg

Lieber Helmut!
Die Feier des Gründonnerstages mit der Gemeinde in Bad Camberg war für mich eine besondere Erfahrung. In einem Vorgespräch mit dem Pastoralreferenten Klug hatten wir vereinbart, die Fußwaschung in diesem Jahr entfallen zu lassen. Ich selbst neige ohnehin dazu, diesen archaischen Ritus durch ein Schuhputzen zu ersetzen, zumal es dann auch ohne weiteres möglich wäre, Frauen einzubeziehen.

Der Gottesdienst war sorgfältig vorbereitet. Das zeigte sich nicht nur in dem per e-mail übermittelten Liturgieplan, sondern vor allem auch in dem Dienst der Ministratur, die aus Jugendlichen bestand, die dem Gottesdienst eine besondere Note gaben. (Dabei hatte das hingebungsvolle Läuten mit wenigstens sechs Schellen beim Gloria einen froh-amüsanten Charakter). Sehr umsichtig hatte mich zuvor der freundliche Küster (bei der Feier liturgisch gekleidet!) in die Besonderheiten des Camberger Zeremoniells eingewiesen.

Die besondere Überraschung für mich war die volle Kirche und eine Gemeinde, die nicht nur altersmäßig atypisch zusammen gesetzt war, was sich auch im Lektorendienst zeigte, sondern die – dank wohl einer langjähriger Führung durch ein dynamisches Orgelspiel – sehr lebendig sang und mit voller Aufmerksamkeit an der Liturgie teilnahm. Erstmals erlebte ich es, dass eine große Gemeinde mit dem Dienst der Kommunionhilfe unter beiderlei Gestalt kommunizieren konnte. Außergewöhnlich an diesem Abend fand ich auch die Kollekte für die Gefängnisseelsorge und die Rosen vor dem Altar, die für die kranken und älteren Mitglieder der Gemeinde gedacht waren.

Ich selbst fühlte mich als gemeindefremder Priester („der einer aussterbenden Art angehört“) voll akzeptiert, und empfand diese Abendmahlsfeier in der Verbindung von althergebrachten und neuen Elementen als sehr eindrucksvoll.

Noch eine gnadenreiche Osterzeit Dir, dem pastoralen Team und der Gemeinde!

Dein
Herbert


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