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16.07.1998
Frankfurter Rundschau

Von Hedwig Richter (Frankfurt a. M.)

Deutsche Beamtin prüft Flüchtling in Theologie

Priester mußte bei Asylverfahren lateinische Verse vorsingen /
Ablehnung nach schweren Übersetzungsfehlern


Ein asylsuchender Priester aus der Demokratischen Republik Kongo mußte bei der Anhörung durch das Bundesamt für die Anerkennung für ausländische Flüchlinge als Beweis seiner Glaubwürdigkeit ein lateinisches Gebet vorsingen. Außerdem unterzog ihn die zuständige Beamtin einem Verhör über abendländische Philosophie. Sie lehnte seinen Antrag als „offensichtlich unbegründet“ ab.

Seit dem 1. Juli 1998 sitzt der Kongolese L.-T. auf dem Frankfurter Flughafen fest. Er gab bei seiner Anreise an, Priester zu sein, was er auch mit einem Kirchenausweis belegen konnte. Weil er vor ausländischen Journalisten von einem Hutu-Massaker in Kongo, dem früheren Zaire, berichtet und es zudem in seinen Predigten angeprangert habe, sei er später in seiner Heimat von Soldaten festgenommen und mißhandelt worden. Bei der Anhörung vor dem Bundesamt für Anerkennung ausländischer Flüchtlinge (Bafi) wurden vorwiegend L.-T.s theologische Kenntnisse geprüft. Das belegt das Protokoll der Anhörung, das der Frankfurter Rundschau vorliegt. Die Entscheiderin fragte den 40jährigen unter anderem nach den zwölf Aposteln und nach der Hegelschen Philosophie. Um seine Lateinkenntnisse zu überprüfen, ließ die Beamtin den an Malaria leidenden Priester die „Laudes“ singen.

Das Anhörungsprotokoll zeigt deutlich, daß der Behörde bei der Befragung gravierende Übersetzungs- und Verständnisfehler unterliefen. Einige von dem Flüchtling richtig genannte Apostel wurden falsch übersetzt und somit als falsche Aussage bewertet. Der Heiligen Eugen, den der Priester als Namenspatron seiner Gemeinde nannte, fand sich nicht im CD-Rom Lexikon der Entscheiderin. Obwohl er in anderen Lexika durchaus als Heiliger aufgeführt ist, wurde auch in dieser Aussage ein klarer Nachweis für die Unglaubwürdigkeit des Priesters gesehen.

Nach diesen und ähnlichen Mißverständnissen in der vierstündigen Befragung, in der ausführlich die Flucht und die Priestertätigkeiten des Mannes, die Folterungen jedoch nur am Rande angesprochen wurden, lehnte die Behörde den Asylantrag als „offensichtlich unbegründet“ ab. Da er nach Meinung der Entscheiderin seine Priesterwürde ganz offensichtlich erlogen habe, wertete sie den Kirchenausweis als Fälschung: „Somit stützt der Antragsteller sein Asylverfahren auf gefälschte Beweismittel, was auch zur Ablehnung des Asylantrags führt.“

Daraufhin wandte sich die Hilfsorganisation Pro Asyl an das katholische Missionswerk missio. Dieses konnte nicht nur den Priesterstand des Kongolesen bestätigten, sondern berichtete auch, er habe sein Examen mit Auszeichnung bestanden.

Das Bundesamt in Nürnberg wollte zu diesem Fall konkret keine Stellung beziehen. Ein Mitarbeiter sagte jedoch auf Anfrage der FR, wenn ein Entscheider Fehler mache, sei das menschliches Versagen, das man nie ausschließen könne. Das sei eben „Pech gewesen“. Es sei durchaus üblich, daß Entscheider – wie in diesem Fall – sachfremde Fragen stellten.

Nun kommt der Fall vor das Verwaltungsgericht. Der Rechtsanwalt des Priesters, Abdul Issa, ist optimistisch: „Wir haben die Beweisführung des Bafi als offensichtlich falsch entlarvt. Mein Mandant ist Priester, sein Ausweis ist nicht gefälscht“, sagte Issa der FR.

Pro Asyl hält diesen Fall für keine Ausnahme im sogenannten Flughafenverfahren. Bernd Mesovic, Mitarbeiter bei Pro Asyl: „Eigentlich wäre es Aufgabe des Bundesamtes gewesen, die Angaben des Priesters zu untersuchen. Aber innerhalb von zwei Tagen ist eine angemessene Untersuchung nicht möglich. Die Befragungen dienen oft mehr der Flüchtlings-Abschiebung als der Wahrheitsfindung.“


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