Trotz Unklarheit über erlittene Folter –
Asylsuchender Nigerianer wurde nach Entscheidung
des Verwaltungsgericht Frankfurt abgeschoben
PRO ASYL: Der Flüchtling gehörte nicht ins Flughafenschenllverfahren
Ein am 31.12.1995 auf dem Rhein-Main-Flughafen angekommener Nigerianer, der bei seiner Anhörung beim Bundesgrenzschutz geschildert hatte, in seinem Heimatland schwer gefoltert worden zu sein, ist heute auf eine Entscheidung des Verwaltungsgerichtes Frankfurt hin zurückgeschoben worden.
Der Bundesgrenzschutz hatte bei der Befragung des Flüchtlings protokolliert: ‚Alle drei Tage wurde ich gefoltert, indem sie Holzsplitter eines Besens in meinen Penis eingeführt haben. Sie drehten diese um, um mir Schmerzen zu bereiten …‘ Mit diesem Vorbringen hatte sich das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge in keiner Weise auseinandergesetzt.
PRO ASYL hatte sich nach der ablehnenden Entscheidung des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge am l9. Januar 1996 eingeschaltet und eine ärztliche Untersuchung von Amts wegen gefordert, mit der die Plausibilität der Angaben des Flüchtfings hätten überprüft wenden können. Eine solche Untersuchung ist weder vorn Bundesamt noch vom Verwaltungsgericht angeordnet worden.
Zwei auf Initiative von PRO ASYL zustande gekommene ärztliche Untersuchungen brachten kein klares Ergebnis, weil eine Hanröhrenspiegelung, die allein geeignete Untersuchungsmethode nicht durchgeführt wurde. Das Verwaltungsgericht behauptet in seiner Entscheidung, der Asylantragsteller habe konkrete Anhaltspunkte für eine politische Verfolgung nicht vorgetragen, so daß es einer weiteren urologischen Untersuchung nicht bedürfe, da ‚deren Ergebnis einen ansonsten nicht glaubhaften Verfolgungszusammenhang nicht isoliert begründen könnte.‘ PRO ASYL widerspricht dieser Auffassung. Hätte eine von Amts wegen zu veranlassende medizinische Untersuchung Anhaltspunkte für erlittene Folter ergeben, so wäre diese Tatsache selbst zumindest ein Indiz für die Glaubwürdigkeit des Antragstellers gwesen.
Bereits vor der Entscheidung des Verwaltungsgerichtes hatte der Bundesgrenzschutz die Glaubwürdigkeit des Antragstellers zumindest in einem weiteren Punkt bestätigt: Kriminaltechnische Untersuchungen des Reisepasses des Nigerianers hatten ergeben, daß dieser echt ist, wie dies der AsyIsuchende auch immer behauptet hatte. Nach Auffassung von PRO ASYL haben somit die Voraussetzungen für die Behandlung des Falles im Flughafenschnellverfahren zu keiner Zeit vorgelegen. Es wäre deshalb geboten gewesen, den Nigerianer einreisen zu lassen und die Durchführung des Asylverfahrens im Inland zu ermöglichen.
Obwohl so dem Flüchtling die Schwierigkeit entstanden ist, innerhalb der extrem kurzen Fristen des Flughafenverfahrens Belege für seine Glaubwürdigkeit beibringen zu müssen, bagatellisiert die Einzelrichterin den Vorgang: Es handle sich lediglich um einen unerheblichen Verfahrensfehler im Sinne von § 46 des Verwaltungsverfahrensgesetzes.
Damit verbiegt die Rechtsprechung den Willen des Gesetzgebers. Der hat im §18a Asylverfahrensgesetz abschließend bestimmt, wer in das Flughafenverfahren hineingehört und wer nicht. Die Rechtsprechung des Verwaltungsgericht Frankfurt ermöglicht es dem Bundesgrenzschutz, mit der bloßen Behauptung, ein Paß sei gefälscht, jeden auf den Flughafen ankommenden Asylsuchenden ins Flughafenverfahren hineinzumanipulieren,‘ so Heiko Kauffmnann, Sprecher der bundesweiten Arbeitsgemeinschaft PRO ASYL.
Heute gegen 13.30 Uhr hat die 14, Kammer des Verwaltungsgerichts Frankfurt einen letzten Antrag auf Abänderung der Entscheidung in voller Kammerbesetzung mit drei Berufsrichtem zurückgewiesen. Die Angaben des Flüchtlings, er habe in seinem Asylantrag Daten verwechselt, weil er bei der Befragung unter einem enormen Druck gestanden habe, werden von der Kammer als unglaubhafte Schutzbehauptung gewertet. Dem Flüchtling, der den Schaden zu tragen hat, wird der Spott von der Kammer noch nachgeliefert. Weshalb der Antragsteller unter einem enormen Druck gestanden haben wolle, sei nicht nachzuvollziehen. Immerhin sei er doch mit einem gültigen Reisepaß und einern gültigen Einreisevisum angekommn, ’so daß es für ihn nur eine Frage der Zeit sein mußte, wann sich die Zweifel um die Gültigkeit seines Reisepasses klären ließen.‘ Tatsächlich hat der Flüchtling mehr als drei Wochen um die Anerkennung der Echtheit seines Passes gekämpft.