Presseerklärung
22. Oktober 1998
Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge
erkennt Mehmet Ali Akbas als Asylberechtigten an
Kurdischer Flüchtling durfte nach amtlich
dokumentierter Folter erneut nach Deutschland einreisen
PRO ASYL und Niedersächsischer Flüchtlingsrat fordern Konsequenzen
Federal Office for the Recognition of Foreign Refugees recognises Mehmet Ali Akbas as person entitled to asylum
Der am 15. Januar 1998 aus Deutschland abgeschobene und in der Türkei daraufhin nachweislich gefolterte Kurde Mehmet Ali Akbas ist fünf Monate nach seiner erneuten Einreise in die Bundesrepublik als Asylberechtigter anerkannt worden. Der am 16. Oktober 1998 ergangene Bescheid des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge ist allerdings noch nicht rechtskräftig.
Mehmet Ali Akbas war nach seiner Abschiebung im Januar am Busbahnhof in Istanbul von der Geheimpolizei verschleppt und tagelang unter schwerer Folter verhört worden. Wenige Wochen zuvor hatte ihm noch ein deutsches Verwaltungsgericht bescheinigt, daß ihm in der Türkei mit hinreichender Wahrscheinlichkeit keine Verfolgung drohe. Trotz seiner exilpolitischen Aktivitäten habe der türkische Staat an ihm kein Verfolgungsinteresse. Nach seiner Abschiebung und erlittener Folter wagte es Akbas, sich an Rechtsanwälte, den türkischen Menschenrechtsverein IHD und letztlich auch an die deutsche Botschaft zu wenden. Ein Vertrauensarzt des deutschen Generalkonsulates bestätigte Folterfolgen. Nach Interventionen grüner Landtagsabgeordneter, des Niedersächsischen Flüchtlingsrates und PRO ASYL durfte Akbas legal wieder nach Deutschland einreisen. Da ihm die Türkei aber die Ausreise bei der Grenzkontrolle verweigerte, war er gezwungen, seine Flucht über den gefährlichen Landweg nach Griechenland fortzusetzen.
Das Bundesinnenministerium hat bislang die Auffassung vertreten, es handele sich um einen offensichtlichen Einzelfall. Flüchtlingsorganisationen haben dem gegenüber auf eine Vielzahl von Fällen hingewiesen, in denen die Folter abgeschobener Flüchtlinge in der Türkei als belegt gelten kann.
PRO ASYL und der Niedersächsische Flüchtlingsrat äußerten heute die Erwartung, daß die Bundesregierung diese Fakten künftig nicht mehr bagatellisiere. Dies gelte für den Zuständigkeitsbereich des designierten Außenministers Fischer, der künftig für die Lageberichte des Auswärtigen Amtes verantwortlich sei, die bislang die Realität der Folter in der Türkei nicht widerspiegelten. Dies gelte aber auch für den antretenden Bundesinnenminister Schily, der sich künftig nicht mehr mit billigen Erklärungen des türkischen Außenministers abspeisen lassen dürfe, daß abgeschobene türkische Staatsangehörige generell nicht menschenrechtswidrig behandelt werden dürfen. Der entsprechende Notenwechsel zwischen Innenminister Kanther und Menteze aus dem Jahre 1995 sei durch die Realitäten längst überholt.