Buchbesprechungen
kath. Theologie und Kirche
Offenbarung und Geschichte
Mainz 1968, 94 Seiten
Wie sehr die katholische Theologie im Konservativen beheimatet ist, zeigen drei Veröffentlichungen aus dem Matthias-Grünewald-Verlag. Diese Feststellung schließt nicht ohne weiteres eine Kritik ein, zumal nicht im Augenblick, wo ein echtes konservatives Gegengewicht zur progressiven Entwicklung so selten zu finden ist.
Zu diesem echten Gegengewicht kann man die Schrift von Eduard Schick: „Offenbarung und Geschichte“ zählen. Sorgfältig wird in fünf Vorträgen der heutige Stand der Schriftauslegung dargestellt, die sich überwiegend dem Zustandekommen und dem geschichtlichen Hintergrund der Bibel widmet.
Demzufolge geht es um den historischen Jesus, um die Möglichkeiten und Grenzen der Entmythologisierung, die Wirklichkeit der Auferstehung Christi u.ä. Die geistige Ruhe, in der die Themen behandelt werden, kann auf Leser, die in diesen Fragen beunruhigt sind, sehr wohltuend wirken. Überdies zeigen diese Vorträge, wie die traditionelle Lehre mit modernen exegetischen Erkenntnissen verknüpft zu werden vermag, ohne daß es sich gequält ausnimmt.
Jesus Christus der Erlöser
Mainz 1968, 194 Seiten
Jenseits der historischen Fragestellung entwirft Wilhelm Breuning in seinem Buch „Jesus Christus, der Erlöser“ eine Christologie, die gemäß der Schrift kein Bild von Christus zeichnet, sondern den Weg beschreibt, den Christus bis zur Vollendung beim Vater gegangen ist. Auf diesem Weg, den man mitsehen muß, wenn man Christus als den Lebendigen erkennen will, hat er das Entscheidende getan. Im Grunde ist der Weg, wie er im Philipperbrief geschildert ist, wo es heißt, daß Christus sich entäußerte, gehorsam war bis zum Tod und darum so hoch erhoben wurde und der Herr ist. Bezeichnend ist an dem Weg, daß er vom Sohn gegangen wird, der vom Vater her und zum Vater hin lebt, und in seine personale Beziehung zum Vater ein ungeschmälertes Menschsein aufnehmen kann. Daß nun dieser Sohn gerade als Mensch bis zur Selbstentäußerung im Tod sein Sohnsein durchhält, bedeutet unsere Erlösung.
Breuning bringt in seiner Lehre von Christus viele neue Gesichtspunkte, gerade auch deswegen, weil er sich an der biblischen Grundkonzeption orientiert. Daß er aber die historische Frage nach Jesus und auch die Gottesfrage, mit der wir uns heute so abquälen, einfach überspringt, mag von der Systematik her gerechtfertigt sein, bedeutet jedoch einen Mangel. Insofern löst der Autor sein Versprechen, das er in der Einleitung gibt, nicht ganz ein, wo er sagt, er wolle sich von neuen Fragestellungen inspirieren lassen und intuitiv aus dem Mitleben mit der heutigen Kirche erfassen, was das Schriftwort für die heutige Christusverkündigung bedeutet.
Der Eine und Dreifaltige Gott
Mainz 1968, 140 Seiten
Leo Scheffczyk stellt sich in seiner Arbeit „Der Eine und Dreifaltige Gott“ der Gottesfrage. Dabei ist er sich der Schwierigkeit bewußt, heute über Gott zu schreiben. Zwei Gefahren möchte er dabei entgehen, einmal der, durch die Funktionalisierung Gottes auf die menschlichen Bedürfnisse hin die Personalität Gottes aufzuheben, dann der anderen, durch metaphysische Spekulationen ein Wesen Gottes zu formulieren, dem jeder Bezug zum Menschen fehlt. Gott soll also weder zu einem bloßen Objekt, noch zu einer reinen Funktion des menschlichen Lebens werden. Scheffczyk möchte den Gott der Bibel zeigen, der auf den Menschen bezogen ist, aber nicht in dieser Bezogenheit auf den Menschen aufgeht und vor allem nicht seine Personalität verliert.
Dieser Verlust der Personalität Gottes zeichnet sich aber nach dem Autor bei vielen modernen Theologen ab, die Gott nur noch als das Innerste im Menschen gelten lassen wollen. Diese Gotteslehre braucht ebenso wenig wie eine rein metaphysische die in Christus erfolgte Gottesoffenbarung. Gerade aber von hier aus möchte Scheffczyk seine Theologie aufbauen. Er stellt sich damit eine sehr schwere Aufgabe, die als solche klar erkannt und formuliert wird. Aber ist die Aufgabe im Augenblick nicht zu schwer? Die Passagen, in denen es um Gotteserkenntnis, Gottesbeweise und Atheismus geht, lassen es vermuten. Es ist hier wie an anderen Stellen zu sehen, daß der Autor sich zwar in den modernen Problemen auskennt, sie aber in der Bedeutung, die sie für unsere Zeit haben, unterschätzt.
Gerade die Auseinandersetzung mit Robinson (1) – müßte sie eigentlich nicht mit dessen Gewährsmännern geführt werden? – zeigt, daß die theoretischen Mängel, aber nicht die existentielle Not, aus der Robinson schreibt, gesehen werden. Deswegen trifft zwar der Vorwurf des Agnostizismus die Situation, nur wird übersehen, daß hier ein persönliches Erleben Robinsons und vieler anderer dahintersteht. Gott wird tatsächlich nicht mehr erfahren, bestimmt nicht mehr in der üblichen Weise. Deswegen ist die agnostizistische Theorie nur der Reflex unserer agnostizistischen Existenz. Solange Scheffczyk das übergeht, wird er der Theologie unserer Zeit nicht helfen können.
(1) Der anglikanische Bischof John A.T. Robinson hatte in seinem Buch „Honest to God“, das 1963 in einer deutschen Ausgabe „Gott ist anders“ erschien, Gedanken von Paul Tillichs, Rudolf Bultmanns (Entmythologisierung) und Dietrich Bonhoeffers (Religionsloses Christentum) aufgegriffen und einen eigenen theologischen Ansatz entwickelt, der sich von der Vorstellung eines jenseitig agierenden Gottes verabschiedet und Gott vielmehr als in der Tiefe der Existenz anwesend und erfahrbar ansieht.