Buchbesprechung
kath. Theologie und Kirche
Zölibat morgen
Recklinghausen, 1970, 88 Seiten
Das Büchlein von Waldemar Molinski „Zölibat morgen“ aus dem Georg Bitter Verlag kann vornehmlich Bischöfen und Theologen empfohlen werden, denen es schwerfällt, ihre Wertschätzung des Zölibates mit der Vorstellung eines verheirateten Klerus zu verbinden; denn Molinski ist davon überzeugt, daß der Zölibat als eine spezielle christliche Berufung seinen Wert auch in Zukunft behält. Dennoch, ja gerade deswegen, erscheint es ihm geraten, ihn aus der starren Koppelung mit dem priesterlichen Amt zu lösen, ohne deswegen seine Angemessenheit für den Priester zu bestreiten.
Um zu dieser Einstellung durchzudringen, bedarf es aber einer theologischen Nachbesinnung, die vor allem dadurch angeregt wird, daß Ehe und Sexualität in der Kirche mittlerweile positiver gewertet werden, und daß sich das Verständnis des Priesteramtes gewandelt hat. Während die Ehe stärker als personale Liebesgemeinschaft gesehen wird, und man der Sexualität einen beachtlichen Stellenwert für die menschliche Erfüllung beimißt, unterstreicht das heutige Glaubensverständnis beim Priester mehr seine Dienstfunktion als seine herausgehobene und durch den Zölibat betonte Stellung.
Diese Veränderung im heutigen Bewußtsein hebt für Molinski die Bedeutung des biblischen Rates zur Jungfräulichkeit nicht auf. Dieser Rat – jetzt wörtlich – „richtet sich an denjenigen, der durch den endzeitlichen Anbruch des Himmelreiches in Christus, durch den Einbruch der den Menschen zugedachten absoluten Zukunft in diese Zeit, derartig ergriffen wurde, daß ihm das Diesseits einschließlich der konkreten geschlechtlichen Verfaßtheit des Menschen und einschließlich der Ehe in seiner Vorläufigkeit und in seiner Ambivalenz in einem ganz neuen Licht erscheint und er in der Folge davon ungeteilt – unter Zurücksetzung der Sorge um weltliche Dinge – um die Sache des Herrn besorgt ist.“
Daß eine solche Ergriffenheit, wenn es sie heute noch gibt, der Leitungsfunktion in einer christlichen Gemeinde angemessen ist, wird niemand ernsthaft bestreiten können. Diese besondere Berufung aber als ausschlaggebendes Merkmal für eine Eignung zum Leitungsdienst anzusehen, und dies mit all der Macht kirchlicher Autorität durchsetzen zu wollen, hält Molinski nicht oder nicht mehr für gerechtfertigt. So schreibt er zum Schluß:
„Will die Kirche für die Menschen des aufkommenden Zeitalters in überzeugender Weise das Zeugnis der Liebe und der Freiheit und somit der in echtem und vollem Sinne freien Liebe geben, nach dem unsere Welt so sehr hungert, muß sie nicht nur deutlich machen, daß diese Liebe zunächst einmal Geschenk ist, Antwort auf die Liebe Gottes, der uns zuerst geliebt hat, und nur so zur wahrhaft verantwortlichen Liebe heranreift; sie müßte gerade auch bei ihren Priestern darauf bedacht sein, daß ihr Leben ein Zeugnis solcher im vollen Sinne freien und verantwortlichen Liebe ist. Sie dürfte nicht diejenigen vom priesterlichen Dienst ausschließen, die sie für ihn benötigt und die zu ihm voll geeignet und gewillt sind. Sie müßte dafür sorgen, daß ihre Autorität nicht durch ihre Macht und durch ihre Ausübung von Zwang Schaden leidet und der Welt bezeugen, daß Macht und Zwang wirklich nur in dem Umfang ausgeübt werden müssen, wie sie der Durchsetzung des durch sich selbst ausweisenden Wertes dienen und dafür unerläßlich sind. (…)
Die Freistellung des Zölibates in der beschriebenen Weise würde so den um des Himmelreiches willen Ehelosen und den Verheirateten, dem Presbyteramt, der Kirche und der Welt zum Vorteil gereichen.“