Buchbesprechungen
kath. Theologie und Kirche
DAS PROBLEM MISCHEHE
Einer Lösung entgegen
Freiburg, 1970, 232 Seiten
1. Besprechung
nach dem Motu proprio „Matrimonia mixta“ von Papst Paul VI. vom 31. 3. 1979 und vor Veröffentlichung der „Ausführungsbestimmungen zum Motu Proprio über die rechtliche Ordnung konfessionsverschiedener und religionsverschiedener Ehen“ der Deutschen Bischofskonferenz vom 23. 9. 1970.
„Die Zeit ist überreif für eine Lösung!“ schreibt der Direktor des Katholisch-Ökumenischen Institutes der Universität Münster, Peter Lengsfeld, in seiner Untersuchung „Das Problem Mischehe“. Damit stellt sich Lengsfeld der Tatsache, daß die Kirchen nicht verhindern konnten, daß unter 10 Millionen Ehen ein Viertel sogenannte Mischehen sind, die aufgrund kirchlicher Vorbehalte und Sanktionen in einer großen Konfliktspannung stehen. Trotz aller theologischen Einwände, die bis auf den heutigen Tag vorgetragen werden, deckt sich nach Lengsfeld das Verhalten der Kirchen nicht mehr mit dem Anspruch der Wirklichkeit.
Sorgsam werden in dem Buch die Unterschiede geprüft, die einer menschlich und theologisch gleichermaßen vertretbaren Lösung des Mischehenproblems entgegenstehen könnten. Widerstreiter etwa Luthers Auffassung von der Ehe als einem „weltlich Ding“ fundamental der katholischen Auffassung, daß die Verbindung zweier Christen ein Sakrament sei?
Nachdem der Autor die verschiedenen Ausgangspunkte dargelegt hat, urteilt er über sie: „Es gibt zwar aus der Tradition beider Konfessionen herkommende Unterschiede zwischen den Eheauffassungen. Es gibt auch Differenzen, die noch aufgearbeitet werden müssen. Nach gegenwärtigem Stand aber bewegen sich alle Differenzen im Bereich unterschiedlicher Akzente, die keineswegs ein Verbot der konfessionsverschiedenen Ehe rechtfertigen. Sie liefern auch keine Rechtfertigung dafür, aus diesem Grund einer solchen Ehe aus dem Weg zu gehen.“
Ein ähnliches Urteil fällt Lengsfeld über die konfessionell bedingten Ansichten bei der Ehe- und Sexualmoral, die eine gewisse Spannung nicht ausschließen. „Die Spannung“, heißt es wörtlich, „beruht aber nicht auf einer Gegensätzlichkeit der Lehre oder der Mentalität, sondern wurzelt in einem gemeinsamen Erbe, das nur in typischer Weise ausgestaltet ist.“
In der Frage der Ehescheidung wird auf die biblische Tradition verwiesen, die zwar die uneingeschränkte Forderung Jesu nach der Unauflöslichkeit der Ehe herausstellte, sich aber einem „detaillierten Reglement“ von seiten der Kirche versage. „Die evangelische Lehre“, schreibt der katholische Theologe, „ist in diesem Punkt dem biblischen Textsinn richtiger gefolgt, indem sie die Ehescheidung (zumindest als letzten Ausweg aus einer untragbar gewordenen Ehe) toleriert.“
Auf diesem Hintergrund werden die Vorschläge verständlich, die Lengsfeld zum bislang unbewältigten Problem Mischehe macht. Noch vor der Veröffentlichung des letzten päpstlichen Motu proprio konzipiert, lassen sie dieses weit hinter sich zurück. Nach Lengsfeld müssen die Kirchen darin übereinkommen, „in der Ehe konfessionsverschiedener Partner nicht mehr ein zu verhinderndes Übel, sondern eine gemeinsame Aufgabe zu erblicken, die die Anstrengung aller Kräfte erfordert.“ In der Bekenntnisverschiedenheit wird also kein Ehehindernis mehr gesehen. Die Kirchen überlassen es der Gewissensentscheidung der Brautleute, in welcher Kirche sie sich trauen lassen und wie sie ihre Kinder erziehen wollen. Das setzt voraus, daß jede öffentliche Erklärung des Ehewillens kirchlicherseits anerkannt wird. Die religiöse Kindererziehung wird als eine Aufgabe angesehen, die beiden Ehepartnern gemeinsam zufällt. Neben der Suche nach gemeinsamen Formen der ehebegleitenden Seelsorge, muß auch ein Weg gefunden werden, um konfessionsverschiedenen Paaren das gemeinsame Abendmahl bzw. die eucharistische Kommunion zu ermöglichen.
Lengsfeld weiß, daß er kirchenrechtlich gesehen Zukunftsmusik komponiert hat. Sehr kritisch vermerkt er an einer Stelle: „Beschämend aber ist die Tatsache, daß gerade im Ursprungsland der abendländischen Kirchenspaltung weder auf der Ebene der Bischöfe und Kirchenleitungen noch auf der Ebene offizieller Konferenzen ihrer Beauftragten bisher irgendein positiver Vorschlag zur Lösung des Mischehenproblems erarbeitet werden konnte.“
2. Besprechung
nach der Veröffentlichung der „Ausführungsbestimmungen zum Motu proprio „Matrimonia mixta“ vom 31.3.1979 über die rechtliche Ordnung konfessionsverschiedener und religionsverschiedener Ehen“ der Deutschen Bischofskonferenz vom 23.9.1970.
Mit den Ausführungsbestimmungen, die die deutschen Bischöfe zum päpstlichen Motu Proprio über die konfessionsgemischten Ehen erlassen haben, sind wesentliche Forderungen erfüllt, die Peter Lengsfeld in seiner Untersuchung „Das Problem Mischehe“ erhoben hatte. Dank diesen Bestimmungen kann ein katholischer Pfarrer ein Brautpaar auch dann trauen, wenn dieses sich gegen eine katholische Kindererziehung entschieden hat. Außerdem besteht die Möglichkeit, daß die standesamtliche und nichtkatholische Trauung als gültige Eheschließungsform anerkannt wird. Lengsfeld geht in seinen Vorschlägen allerdings noch weiter. Er plädiert dafür, daß die Konfessionsverschiedenheit als Ehehindernis entfällt und die standesamtliche Trauung in allen Fällen als ehebegründend angesehen wird. Für Braut- und Eheleute, die es wünschen, müsse auch der Weg zum gemeinsamen Abendmahl bzw. zur Kommunion eröffnet werden.
Wichtiger als diese weitergehenden Wünsche sind indes die Feststellungen, die Lengsfeld hinsichtlich der immer wieder ins Feld geführten Unterschiede in der Eheauffassung trifft. So geht er der Frage nach, ob etwa Luthers Auffassung von der Ehe als einem „weltlichen Ding“ fundamental der katholischen Auffassung widerstreite, die Verbindung zweier Christen sei ein Sakrament. Nachdem der Autor mit Sorgfalt die verschiedenen Positionen geprüft hat, kommt er zu dem Schluß: „Es gibt zwar aus der Tradition beider Konfessionen herkommende Unterschiede zwischen den Eheauffassungen. Es gibt auch Differenzen, die noch aufgearbeitet werden müssen. Nach gegenwärtigem Stand aber bewegen sich alle Differenzen im Bereich unterschiedlicher Akzente, die keineswegs ein Verbot der konfessionsverschiedenen Ehe rechtfertigen. Sie liefern auch keine Rechtfertigung dafür, aus diesem Grunde einer solchen Ehe aus dem Wege zu gehen.“ Ein ähnliches Urteil fällt Lengsfeld über die konfessionell bedingten Ansichten der Ehe- und Sexualmoral, die eine gewisse Spannung ergeben. „Die Spannung“, heißt es wörtlich, „beruht aber nicht auf einer Gegensätzlichkeit der Lehre oder der Mentalität, sondern wurzelt in einem gemeinsamen Erbe, das nur in typischer Weise ausgestaltet ist.“
Für die Frage der Ehescheidung wird schließlich auf die biblische Tradition verwiesen, die zwar die uneingeschränkte Forderung Jesu nach der Unauflöslichkeit der Ehe herausstelle, sich aber einem „detaillierten Reglement“ von Seiten der Kirche versage. „Die evangelische Lehre,“ schreibt der katholische Theologe, „ist in diesem Punkt dem biblischen Textsinn richtiger gefolgt, indem sie die Ehescheidung zumindest als letzten Ausweg aus einer untragbar gewordenen Ehe toleriert.“
Bei dieser Sachlage sind die Schritte, die die deutschen Bischöfe zur Lösung der Mischehenfrage unternommen haben, kein fauler Kompromiß, um zu retten, was noch zu retten ist. Sie sind vielmehr eine notwendige Folge aus der neuen Sicht, die sich für das Verhältnis der Konfessionen zueinander ergeben hat. Die Entwicklung hat Lengsfeld recht gegeben, daß die Zeit für eine Lösung des Problems Mischehe „überreif“ war.