Buchbesprechungen
kath. Theologie und Kirche
INHALT
- Bernhard Stoeckle
Ich glaube an die Schöpfung - Karl Rahner
Glaube, der die Erde liebt - Herbert Haag/Adolf Haas/Johannes Hürzeler
Evolution und Bibel - Johannes Beumer
Die katholische Inspirationslehre zwischen Vatikanum I und II - Joachim Becker
Israel deutet seine Psalmen
- Dennis J. McCarthy
Der Gottesbund im Alten Testament - Wilfried Joest u.a.
Was heißt Auslegung der Heiligen Schrift?
Ich glaube an die Schöpfung
Zürich/Einsiedeln 1966, 193 S.
Karl Rahner | Glaube, der die Erde liebt
Freiburg/Basel/Wien 1966, 174 S.
Die beiden Titel „Ich glaube an die Schöpfung“ und „Glaube, der die Erde liebt“ suggerieren Eintracht in der Hinwendung zur Welt. Diese Eintracht sieht der Autor des ersten Buches, das im Benziger-Verlag erscheint, der Benediktiner Bernhard Stoeckle, gegenüber dem Autoren des Zweitgenannten, dem Jesuiten Karl Rahner, nicht für gegeben an. Rahners Interpretation der heutigen Welt ist ihm zu optimistisch, und es scheint ihm, „daß es um die Auslegung von Metz und Rahner schlechter bestellt ist als etwa um die von Balthasar und Mirgeler (S. 59). Mit Mirgeler steht für ihn die „apersonale und infolgedessen areligiöse Struktur einer hominisierten (also unserer Welt) fest „(S. 187f.). Diese ist von der Technik und reinen Sachbezügen geprägt und will vor allem nicht mehr durchscheinend sein für den zentralen biblischen Begriff „Schöpfung“.
Es ist von hohem Reiz, die verschiedenen Positionen heutiger Theologen zur Welt vornehm und tiefgründig gegeneinander abgehoben zu sehen. Ob indes die von Stoeckle vorgelegte Schriftbegründung des Schöpfungsglaubens die angedeutete Kritik an Rahner, Metz u n d Teilhard de Chardin stützt, erscheint fraglich.
„Glaube, der die Erde liebt“ ist nun keine Replik Rahners auf Stoeckle, sondern eine Sammlung von Ansprachen und Veröffentlichungen in Zeitungen und Zeitschriften mit einem unterschiedlichen Anspruchsniveau, erschienen im Rahmen der Herder-Bücherei. Neben den gewohnt abstrakt formulierten Gedankengängen finden sich immer wieder überraschende und konkrete Einfälle; von der Forderung nach religiösen Liedern, die man pfeifen könne, bis hin zu der Erwartung, daß der Glanz des Himmels aus dem dunklen Schoß der Erde selber brechen werde.
Evolution und Bibel
Freiburg/Basel/Wien 1966, 124 S.
„Die biblische Schöpfungsgeschichte heute“ ist der erste von drei Vorträgen, die ebenfalls in einem Bändchen der Herder-Bücherei unter dem Thema „Evolution und Bibel“ herausgegeben wurden. Was die heutige Exegese dazu zu sagen weiß, ist von Herbert Haag auf kleinstem Raum umfassend und angenehm deutlich gesagt. Sein Resümée auf die Evolution hin besagt: Der Schöpfungsbericht bleibt offen für den Evolutionsbegriff. Daran sollte man die auch für einen Nicht-Fachmann spannende Lektüre des dritten Vortrages von Johannes Hürzeler anschließen. Er erläutert die pragmatische Sicherheit der Evolution u.a. an der Veränderung der Kaufläche eines Tierzahnes innerhalb von 20-30 Millionen Jahren, Adolf Haas schließlich erklärt die Evolution als Planverwirklichung, als die Realisierung des Schöpfungsplanes.
Die katholische Inspirationslehre zwischen Vatikanum I und II
Stuttgart 1966, 107 S.
Wer sieht bei diesen Ergebnissen noch auf die theologische Auseinandersetzung, die all dem vorausging? Wie hart diese war, zeigt die Zusammenstellung von Johannes Beumer: „Die katholische Inspirationslehre zwischen Vatikanum I und II“. Ein Kampf zwischen Theologie und Lehramt, der vom Lehramt oft in einem verzweifelten „Freistilringen“ geführt wurde, doch mittlerweile den Charakter eines „fair play“ angenommen hat, bei dem nicht so sehr verdammt, als vielmehr angeregt wird.
Israel deutet seine Psalmen
Urform und Neuinterpretation in den Psalmen
Stuttgart 1966, 98 S.
Wer konnte auch vor zwei, drei Generationen ahnen, daß sich die Ergebnisse der kritischen Forschung etwa dem Psalmenbeten dienlich erweisen würden? So, wie wir die Psalmen heute beten, sagt Joachim Becker in „Israel deutet seine Psalmen“, entsprechen sie zumeist nicht mehr der Situation, in der sie entstanden sind. Uns begegnen sie bereits in einer „nachexilischen“ Umdeutung. Damit bekommen sie erst den eschatologischen Einschlag, der sie für die Christenheit so ergiebig macht.
Der Gottesbund im Alten Testament
Stuttgart 1966, 94 S.
Wilfried Joest u.a.
Regensburg 1966, 210 S.
Die beiden letzten anzuzeigenden Studien kommen aus dem Verlag Katholisches Bibelwerk Stuttgart. Ihnen läßt sich leicht die Spezialstudie aus derselben Reihe „Der Gottesbund im Alten Testament“ von Dennis J. McCarthy zugesellen, und zwar unter dem besonderen Gesichtspunkt, wie auch in der biblischen Wissenschaft Theorien abgeklärt werden. Bei knapp hundert Seiten stellt der Verfasser acht Seiten Bibliographie an den Anfang, läßt alle diesbezüglichen Ansichten Revue passieren, um zum Schluß behutsam den Stand der Diskussion zusammenzufassen.
Hier wie bei allen einschlägigen Fragen ist das Bemühen um die Schrift eine interkonfessionelle Angelegenheit. So ist es folgerichtig und bedeutsam, wenn der Verlag Friedrich Pustet die grundsätzlichen Beiträge zur Hermeneutik von protestantischen und katholischen Theologen in dem Buch „Was heißt Auslegung der Heiligen Schrift“ vorlegt. Von protestantischer Seite schreiben Wilfried Joest und Ulrich Wilckens, von katholischer Franz Mußner, Leo Scheffczyk und Anton Vögtle. Manches ergänzt sich von sehr verschiedener Position aus überraschend, manches scheint sich zu widersprechen: Für Scheffczyk etwa ist die Schrift eine besondere Weise der Inkarnation (S. 140), während Joest wörtlich sagt: „Der Kanon ist nicht eine zweite Inkarnation“ (S. 185). Aufs Ganze gesehen trifft zu, was Mußner in seinem Aufsatz sagt (S. 28): „Gottes Wort nimmt teil an der unerschöpflichen Fülle Gottes; darum stehen wir in der Auslegung der Bibel je immer erst am Anfang und niemals am Ende“ (S. 185).