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HERBERT LEUNINGER ::: ARCHIV PRO ASYL PRESSEERKLÄRUNG 1993 :::
20.08.1993

Asylbewerber aus dem Iran vor Gericht erfolgreich
BGS DARF NICHT NACH ATHEN ZURÜCKSCHICKEN
Griechenland als sicheres Drittland fraglich


Zwei iranische Staatsangehörige haben heute über ihren Rechtsanwalt erfolgreich gegen die Zurückweisung durch den Bundesgrenzschutz auf dem Rhein-Main-Flughafen geklagt. Der Bundesgrenzschutz hatte ihnen die Einreise verweigert und die Zurückweisung nach Athen für 19.00 Uhr verfügt. Grundlage dieser Entscheidung ist das neue Asylverfahrensgesetz. Danach können Asylbewerber, die über ein sicheres Drittland eingereist sind, sofort zurückgewiesen werden. Diese Zurückweisung darf nach Meinung der Bundesregierung vom Gericht nicht ausgesetzt werden.

Am späten Nachmittag hat die 2. Kammer des Verwaltungsgerichts Frankfurt die Bundesregierung verpflichtet, den Antragstellern unverzüglich Gelegenheit zur Stellung eines Asylantrages und zur Durchführung des Asylverfahrens bei der Außenstelle des Bundesamtes Frankfurt-Flughafen zu geben und bis zu einer unanfechtbaren Entscheidung von einer Zurückschiebung abzusehen.

Beide Asylbewerber sind infolge ihrer politischen Verfolgung als Mitglieder der Bahá’í-Religion illegal aus dem Iran und über die Türkei und Griechenland heute in die Bundesrepublik gekommen.

Nach von Rechtsanwalt Victor Pfaff getroffenen Feststellungen ist Griechenland kein sicheres Drittland. Nach telefonischer Auskunft des Nationalen Geistigen Rates der Bahá’í in Griechenland sind Mitglieder dieser Religionsgemeinschaft in Griechenland bis heute noch nie aufgrund ihrer Zugehörigkeit zur Bahá’í-Religion als Flüchtlinge anerkannt worden. Abgelehnte Flüchtlinge erhalten keine Aufenthaltsgenehmigung und werden aufgefordert, Griechenland zu verlassen. Bisher hat sich der Nationale Geistige Rat der Bahá’í vergeblich um die Anerkennung als Religionsgemeinschaft bemüht.

Pfaff hält mit gewichtigen Rechtsexperten den Ausschluß des vorläufigen Rechtsschutzes u.a. deswegen für verfassungswidrig, weil seinen Mandanten in Griechenland eine Weiterabschiebung droht.

Für „Pro Asyl“ hat das Urteil weitreichende Bedeutung. Es bringt einen Teil des neuen Asylrechts zu Fall. So müsse nach Auffassung des Gerichts trotz der Drittstaatsklausel im neuen Artikel 16a Grundgesetz in jedem Einzelfall geprüft werden, ob der Asylbewerber, der aus einem für sicher erklärten Drittstaat einreist, dort wirklich sicher vor Verfolgung oder vor mittelbarer Rückschickung in den Verfolgerstaat ist.

Herbert Leuninger, Sprecher von „Pro Asyl“


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