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HERBERT LEUNINGER ::: ARCHIV MIGRATION 1979 :::

Initiativausschuss Ausländische Mitbürger in Hessen
Presseinformation vom 26. Juli 1979

HESSEN BESONDERS AUSLÄNDERFREUNDLICH

Beim Ausländerrecht im Länder-Vergleich an der Spitze

Text: Herbert Leuninger, Mitglied des Initiativausschusses Ausländische Mitbürger in Hessen.
Das Büro in Hofheim war gleichzeitig Geschäftsstelle des Ausschusses.

Hessen hat den ausländerfreundlichsten Erlaß zur Verfestigung des aufenthaltsrechtlichen Status nichtdeutscher Arbeitnehmer. Das ergibt ein Vergleich aller diesbezüglicher Länder-Erlasse. Die im Mai veröffentlichten Verwaltungsanweisungen des Hessischen Innenministers Ekkehard Gries sind die jüngsten und für die Ausländer, die eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis oder Aufenthaltsberechtigung erhalten möchten, günstigsten Bestimmungen.

Dabei hat sich Hessen aus den anderen Erlassen, die im Laufe des letzten Jahres von Schleswig-Holstein bis Bayern verfügt wurden, die Anweisungen herausgesucht, die am wenigsten restriktiv sind. Somit kann Hessen nicht vorgeworfen werden, es tanze aus der Reihe, obwohl es sich mit seinem Erlaß an die Spitze der integrationsfreundlichen Länder setzt. Am meisten „abgeschaut“ hat der FDP-Minister von Bremen. Er hat sich aber auch nicht gescheut, seine Kollegen aus den CDU-regierten Ländern Niedersachsen und Baden-Württemberg anzuzapfen.

Besondere Beachtung verdient der Verzicht auf einen mündlichen oder schriftlichen Nachweis deutscher Sprachkenntnisse. Wenn also ein ausländischer Arbeitnehmer nach Jahren eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis erhalten möchte, gehen Hessen und Bremen automatisch davon aus, daß er über genügend Deutschkenntnisse verfügt. Bei der Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung nach Jahren sieht neben Hessen nur Niedersachsen diese Voraussetzung als gegeben an.

Als einziges Land will Hessen die unbefristete Aufenthaltserlaubnis nicht deshalb versagen, weil ein Ausländer nach erfolglosen Bemühungen aus Gründen, die nicht er zu vertreten hat, keinen angemessenen Wohnraum nachweisen kann.

Der für Hessen gültige Erlaß, durch den ein früherer Erlaß vom Juli 1978 zurückgezogen wurde, stellt offenbar den Versuch dar, die Behördenpraxis auf die Integrationspolitik des Hessischen Ministerpräsidenten Holger Börner auszurichten. So bezeichnet auch die Präambel des Erlasses die soziale Integration der ausländischen Arbeitnehmer und ihrer Familienangehörigen als die herausragende Grundposition. Sie verzichtet im Gegensatz zu jüngsten Äußerungen aus Bonn auf die gleichzeitige Förderung der Bereitschaft und Fähigkeit der ausländischen Arbeitnehmer und ihrer Familien, in ihre Heimatländer zurückzukehren.


VERGLEICH
des Hessischen Erlasses zur Verfestigung des aufenthaltsrechtlichen Status ausländischer Arbeitnehmer
in der Bundesrepublik Deutschland
mit den übrigen Länder-Erlassen

(auszugsweise – Stand 26. Juli 1979)

Hessen (1)
übrige Länder (2)
Erläuterungen

VORAUSSETZUNGEN FÜR DIE UNBEFRISTETE AUFENTHALTSERLAUBNIS


Ununterbrochener Aufenthalt:

„Von einem ununterbrochenen rechtmäßigen Aufenthalt ist auch dann auszugehen, wenn der Ausländer infolge verspäteter Antragstellung kurzfristig ohne Aufenthaltserlaubnis war.“

erstmals:
Bremen (3)

gleichltd.:
Baden-Württemberg
Niedersachsen
Schleswig-Holstein

Bayern:

Voraussetzung ist nicht mehr gegeben, wenn die Aufenthaltserlaubnis nur wenige Tage zu spät beantragt wurde.


Wehrdienst:

Wird der Aufenthalt des Ausländers in der Bundesrepublik Deutschland zur Ableistung des Wehrdienstes in der Heimat unterbrochen, so verlängert sich die erforderliche Aufenthaltsdauer um die Wehrdienstzeit.

erstmals:
Bremen

Schleswig-Holstein:

Durch den Wehrdienst wird der Integrationsprozeß unterbrochen.


Verstöße:„Hat der Ausländer in den vergangenen 5 Jahren gegen die deutsche Rechtsordnung verstoßen und handelt es sich dabei um Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten, die nicht zur Ausweisung oder Versagung der Aufenthaltserlaubnis geführt haben oder führen werden, so bleiben diese Zuwiderhandlungen außer Betracht.“

erstmals:
Bremen

ähnlich:
Bayern
Berlin

Hamburg
Baden-Württemberg
Niedersachsen:

Geringfügige Zuwiderhandlungen bleiben außer Betracht.


Hinweise durch die Behörde:

„Erfüllen Ausländer, die eine befristete Aufenthaltserlaubnis beantragen, die Voraussetzungen für die Erteilung einer unbefristeten Aufenthaltserlaubnis, so sind sie hierauf hinzuweisen.“

nur:
Hessen
ähnlich:
Bayern
Berlin

Bayern
Berlin:

Hinweis ist zu geben, wenn zeitliche Voraussetzung erfüllt ist.


Sprachkenntnisse:

„…. Kann im Interesse einer gleichmäßigen Behandlung und angesichts der Tatsache, daß der Ausländer sich 5 Jahre ununterbrochen rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat, in allen Fällen davon ausgegangen werden, daß diese Voraussetzung gegeben ist.“

erstmals:
Bremen

übrige Länder:

Mündlicher oder schriftlicher Nachweis, daß sich der Antragsteller auf einfache Weise in deutscher Sprache verständlich machen kann.


angemessene Wohnung:

„Ist im Einzelfall eine Überprüfung der Wohnraumverhältnisse (z.B. aus Gründen des Familiennachzugs) bereits erfolgt und zwischenzeitlich kein Wohnungswechsel eingetreten, so kann der Nachweis als erbracht gelten.“

erstmals:
Bremen
ähnlich:
Hamburg


„Die unbefristete Aufenthaltserlaubnis soll nicht deshalb versagt werden, weil der Ausländer nach erfolglosen Bemühungen aus Gründen, die nicht er zu vertreten hat, keinen angemessenen Wohnraum nachweisen kann.
nur:
Hessen
Entspricht sinngemäß einem Beschluß des DGB-Bundeskongresses von 1978 in Hamburg

Hierbei sind die Einkommensverhältnisse des Ausländers und ggfs. seiner Familienangehörigen sowie die Lage auf dem Wohnungsmarkt des Aufenthaltsortes besonders zu berücksichtigen.“
erstmals:
Niedersachsen

Schulpflicht:

(„Den Nachweis, daß die Kinder der gesetzlichen Schulpflicht nachkommen, hat der Ausländer durch Vorlage einer entsprechenden Schulbescheinigung zu erbringen.“) „Der bestätigte Zeitraum umfaßt das laufende Schuljahr. Sofern das erste Schulhalbjahr noch nicht überschritten ist, wird die 2. Hälfte des vorherigen Schuljahres in die Bescheinigung einbezogen.“

erstmals:
Baden-Württemberg
ähnlich:
Niedersachsen

besser:
Hamburg

Hamburg:

Es genügt die Vorlage einer Erklärung

Schleswig-Holstein:

Nachweis ist von Beginn des Zuzugs an zu erbringen.


„Die Nichterfüllung der Schulpflicht bleibt außer Betracht, wenn sie der Ausländer nicht zu vertreten hat.“
erstmals:
Baden-Württemberg
gleichltd.:
Niedersachsen


VORAUSSETZUNGEN FÜR DIE AUFENTHALTSBERECHTIGUNG


Sprachkenntnisse:

„Im übrigen kann nach einem Aufenthalt von 8 Jahren in der Regel davon ausgegangen werden, daß der Ausländer über ausreichende deutsche Sprachkenntnisse verfügt.“

erstmals:
Niedersachsen

Schleswig-Holstein:

Der Ausländer hat einen eigenständig (in deutsch) geschriebenen Lebenslauf vorzulegen.


„Einer Einschaltung der in 2.10 der Grundsätze vorgesehenen Stellen bedarf es nur, wenn konkrete Umstände des Einzelfalles eine Beteiligung als unumgänglich erscheinen lassen.“
erstmals:
Niedersachsen
besser:
Hessen

Niedersachsen:

Der Text verwendet statt „unumgänglich“ den schwächeren Ausdruck „zweckmäßig“.

Die Grundsätze zur Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung sehen unter Nr. 2.10 die Einschaltung insbesondere folgender Stellen vor:

  • die zuständige Polizeidienststelle
  • das Landesamt für Verfassungsschutz
  • den Bürgermeister der Wohngemeinde
  • den Arbeitgeber
  • die Berufsverbände
  • Amtsgericht (Strafregisterauszug)
  • Amtsarzt (Gesundheitszeugnis)
  • Hamburg/Baden-Württemberg:
  • Keine Anfrage beim Verfassungsschutz.
  • Hamburg:
  • Gesundheitszeugnis nur in Ausnahmefällen erforderlich.

„Anstelle des Ermessens ist die Verpflichtung getreten, in der Regel eine Aufenthaltsberechtigung zu erteilen.
erstmals:
Bremen
ähnlich:
Saarland
Bayern

Bayern:

Wenn die Voraussetzungen für die Aufenthaltsberechtigung erfüllt sind, „ist von einem besonderen deutschen öffentlichen Interesse an der Erteilung der Aufenthaltsberechtigung auszugehen.“


(1) Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Änderung der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur Ausführung des Ausländergesetzes vom 7. Juli 1978, hier: Verfestigung des aufenthaltsrechtlichen Status ausländischer Arbeitnehmer in der Bundesrepublik Deutschland, Staatsanzeiger für das Land Hessen, 23/1979, S. 1164

(2) Zugrunde gelegt wurde „Synopse der ergänzenden Länderanweisungen zur Verfestigung des aufenthaltsrechtlichen Status“, Arbeiterwohlfahrt, Bundesverband e.V.‚ Bonn, 10.5.1979.

(3) Die Länder-Erlasse werden jeweils in der zeitlichen Reihenfolge ihrer Verfügung aufgeführt.


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