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07.11.1997

Aus Deutschland abgeschobener Kurde
zu jahrelanger Gefängnishaft verurteilt
PRO ASYL fordert eine Intervention
von Bundesaußenminister Kinkel


Der am 20. August 1997 aus Deutschland abgeschobene Kurde Ahmet Karakus wurde am Donnerstag, den 6. November 1997, von dem Staatssicherheitsgericht in Izmir zu 3 Jahren und 9 Monaten schwerem Gefängnis verurteilt. Die zugrunde liegende Anklage war möglich geworden, weil deutsche Polizeibeamte nach Angaben der Familie ihren türkischen Kollegen nach der Landung einen Aktenkoffer übergeben hatten, in dem sich belastendes Material gegen Karakus befand. Demnach fielen der türkischen Polizei der handschriftliche Asylantrag Karakus‘, Fotos von einer Düsseldorfer Kurdistan-Demonstration sowie Quittungen über die Zahlung von Geldspenden an die „Kurdische Befreiungsfront ERNK“ in die Hände. Nach Angaben der Familie Karakus überhörten die deutschen Beamten ihre flehentlichen Bitten, den Inhalt des Koffers zu vernichten. Nach Darstellung der Karlsruher Polizei sei der Koffer in „gutem Glauben“ mitgegeben worden. Die Familie habe nicht den Versuch unternommen, ihn zurück zu erhalten. Vor dem Hintergrund des auf der Hand liegenden und nun bestätigten Risikos für Herrn Karakus muß diese Darstellung jedoch bezweifelt werden. Der Asylantrag, der Karakus in Deutschland vor der politischen Verfolgung schützen sollte, bescherte ihm nun Haft in der Türkei.

Ercan Demir, Ahmet Karakus‘ Rechtsanwalt, wirft den deutschen Behörden vor, seinen Mandanten wissentlich den türkischen Behörden ans Messer geliefert zu haben. Er könne sich des Eindrucks nicht erwehren, daß die deutschen Behörden es geradezu darauf anlegten, daß mißliebige kurdische Flüchtlinge, welche mit rechtsstaatlichen Mitteln in der Bundesrepublik nicht belangt werden könnten, dann eben nach der erzwungenen Rückkehr durch die türkische Polizei bestraft würden.

Das Verhalten deutscher Grenzschützer werde, so PRO ASYL, offiziell als Einzelfall dargestellt. Es finde jedoch eine Parallele im Umgang deutscher Gerichte und Behörden mit kurdischen Asylbewerberinnen und Asylbewerbern. Mit oftmals lapidaren Begründungen würden die Asylanträge politisch aktiver Kurdinnen und Kurden abgelehnt. Erst kürzlich habe sich im Rahmen einer öffentlichen Verhandlung im Asylverfahren eines Kurden vor der 7. Kammer des VG Hannover der Vorsitzende zur Furcht des Betroffenen vor drohender Folter mit den Worten geäußert: „Kurdische Männer halten viel aus“.

PRO ASYL befürchtet vor dem Hintergrund der in türkischen Gefängnissen weit verbreiteten Folter, daß Herrn Karakus auch in der Strafhaft menschenrechtswidrige und erniedrigende Behandlung droht. In einer ersten Reaktion forderte Günter Burkhardt, Geschäftsführer von PRO ASYL, Bundesaußenminister Kinkel deshalb auf, sich sofort persönlich für den Verurteilten zu verwenden und die Sorge um seine körperliche Unversehrtheit zur Chefsache zu machen. Darüber hinaus forderte Burkhardt Bundesinnenminister Kanther auf, ein Ermittlungsverfahren gegen die an der Aktion beteiligten Polizisten und BGS-Beamten einzuleiten.


Rückfragen zum Fall sind auch möglich bei der den Fall betreuenden Geschäftsstelle des Niedersächsischen Flüchtlingsrates unter der Tel.-Nr.: 05121 / 15605.


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