Artikel 16a ein Krebsgeschwulst
Anhörung gefordert
MEDIENKONFERENZ
zusammen mit Bündnis 90/Die Grünen und dem Republikanischen Anwältinnen- und Anwälteverein
„Pro Asyl“ fordert eine öffentliche Anhörung des Bundestages zum Artikel 16a und seinen Begleitgesetzen.
Jedes Mitglied des Bundestages, das über die Verfassungsänderung abstimmt, soll volle Klarheit über die rechtlichen und politischen Konsequenzen haben. Auch muß die gesamte, vor allem die juristische Fachwelt durch eine Anhörung in die Pflicht genommen werden und zu den geplanten Veränderungen der Rechtskultur eindeutig Position beziehen.
„Pro Asyl“ sieht durch Artikel 16a Grundgesetz das Menschenrecht auf Asyl für Flüchtlinge, die auf dem Landweg einreisen, faktisch abgeschafft. Ein effektiver Rechtsschutz für Asylbewerber ist nicht mehr gewährleistet, vor allem dann nicht, wenn Flüchtlinge ihren Rechtsschutz aus dem Ausland betreiben sollen.
Artikel 16a ist in wesentlichen Punkten nicht mehr mit der Genfer Flüchtlingskonvention vereinbar. So darf nach dem verbindlichen Beschluß des Exekutivkomitees des UNHCR von 1979 Asyl nicht lediglich aus dem Grund verweigert werden, daß in einem anderen Staat darum ersucht werden könnte. Ein Flüchtling bleibt solange schutzbedürftig, wie er keinen dem Standard der Rechte der Genfer Flüchtlingskonvention entsprechenden Schutz gefunden hat.
Solange aber ein Flüchtling schutzbedürftig ist, hat er Anspruch auf Zugang zum Staatsgebiet, zu einem Verfahren und zu einem vorläufigen Bleiberecht im Aufenthaltsstaat. Damit bestehen in der Bundesrepublik alle Individualansprüche auf Rechtsschutz nach Art. 19 IV.
Die Genfer Flüchtlingskonvention kann durch eine Grundgesetzänderung nicht eingeschränkt werden.
Ein besonderer Kritikpunkt von „Pro Asyl“ ist die Festlegung einer Positivliste sogenannter verfolgungsfreier Länder. Sollte es solche heutzutage überhaupt geben, sind es nicht die derzeit vom Bundesinnenminister genannten.
Artikel 16a ist aus der Sicht von „Pro Asyl“ ein Krebsgeschwulst unserer Verfassung, das Metastasen in anderen Kernbereichen des Grundgesetzes und der Genfer Flüchtlingskonvention bildet. Es zerfrißt die nationale und internationale Rechtskultur.
Herbert Leuninger, Sprecher von „Pro Asyl“