Generic selectors
Nur exakte Ergenisse
Suchen in Titel
Suche in Inhalt
Post Type Selectors

16.03.1998

16. März: 10. Jahrestag des Giftgasangriffs
auf die nordirakische Stadt Halabja
PRO ASYL und WADI erinnern an deutsche Mitverantwortung
Gemeinsame europäische Aufnahmepolitik für
kurdische Flüchtlinge aus der Schutzzone gefordert

Hintergrundtext
Hauptherkunftsland Irak (Asylgrafiken)
Deutsche Schuld an Gasangriff auf Kurden betont – Frankfurter Rundschau vom 17.03.1998 (de)
German firms‘ guilt over kurdish gassing reaffirmed – Frankfurter Rundschau (en)
Opfer des Giftgasangriffs auf Halabja am 16. März 1988

Aus Anlaß des 10. Jahrestages des Giftgasangriffs auf die Stadt Halabja im Nordirak erinnern die bundesweite Arbeitsgemeinschaft für Flüchtlinge PRO ASYL und die Hilfsorganisation WADI e.V. an die deutsche Mitverantwortung und mahnen Konsequenzen an. Am 16. März 1988 starben während des Angriffs mehr als 5.000 Menschen, weitere 7.000 an unheilbaren Gesundheitsschäden in der Folgezeit.

„Halabja war der Höhepunkt einer Vernichtungskampagne, in deren Verlauf die kurdische Bevölkerung zu Flüchtlingen und Vertriebenen im eigenen Land gemacht wurde. Verantwortung hierfür tragen insbesondere diejenigen, die die systematische Aufrüstung und Militarisierung des Irak betrieben haben; kein anderes Land hat den Irak beim Bau von Rüstungsanlagen in dem Maße unterstützt und dabei geholfen, ein umfassendes C-Waffen Arsenal aufzubauen wie Deutschland“, erklärte der Sprecher von PRO ASYL, Heiko Kauffmann.

Deutsche Vorprodukte seien auch zur Herstellung der in Halabja eingesetzten chemischen Kampfstoffe verwendet worden. Von einer Entschädigung der Opfer sei jedoch nicht die Rede. Statt dessen betätige sich die Bundesrepublik inzwischen im Rahmen der Europäischen Union als Motor für Fluchtverhinderungs- und Abschottungsmaßnahmen gegenüber Flüchtlingen aus dem Irak. Anstatt die Fluchtursachen zu beseitigen, bekämpfe man die Flüchtlinge.

Kurdische Flüchtlinge aus dem Irak sähen sich in der Bundesrepublik inzwischen einer restriktiven Anerkennungspraxis des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge, Asylberechtigte sogar Widerrufsverfahren gegenüber. In beschönigenden Lageberichten des Auswärtigen Amtes werde die sogenannte UN-Schutzzone zur „inländischen Fluchtalternative“ umgedeutet. Das Ziel: Senkung der lange Zeit relativ hohen Anerkennungsquoten. Ende Februar 1998 habe der Leiter des Bundesamtes Vollzug gemeldet. Die Anerkennungsrate bei kurdischen Flüchtlingen aus dem Irak sei innerhalb von neun Monaten von 90 % auf 50 % gesunken.

PRO ASYL und WADI weisen darauf hin, daß in der Schutzzone keine Sicherheit für die kurdische Bevölkerung bestehe. Die Situation dort sei geprägt von militärischen Operationen sowohl der türkischen als auch der irakischen Armee. Außerdem wären die regional herrschenden kurdische Parteien für weitreichende und schwerwiegende Menschenrechtsverstöße verantwortlich.

Mittlerweile lägen sogar Hinweise vor, daß auch Abschiebungen in die von Krieg und Unsicherheit gezeichnete Schutzzone für die Zukunft erwogen würden. Da über Bagdad nicht abgeschoben werden dürfe, setze dies eine Kooperation mit der Türkei voraus. Die Türkei sei aber durch ihre völkerrechtswidrigen Interventionen im Nordirak selbst destabilisierender Faktor für die Schutzzone.

Neben einer Entschädigung der Giftgasopfer fordern PRO ASYL und WADI von der Bundesregierung:

  • Sich für eine internationale Kurdistankonferenz einzusetzen mit dem Ziel, eine dauerhafte Lösung für die UN-Schutzzone zu erreichen, also einen international garantieren Status von irakisch Kurdistan;
  • Investitionen in langfristige Aufbauhilfen im Nordirak;
  • Druck auf die Türkei auszuüben mit dem Ziel, ihre Truppen aus dem Nordirak abzuziehen und die militärische Abriegelung ihrer Grenze für kurdische Flüchtlinge aufzuheben;
  • Ihre Hermesbürgschaft für die Beschaffung von Grenzüberwachungsanlagen durch die Türkei zurückzuziehen.

„Es ist skandalös, daß die Bundesregierung – nach Waffengeschenken an Ankara in Millionenhöhe – sich nun auch noch bereit erklärt, ein Projekt in Höhe von 60 Millionen Mark zur Überwachung der irakischen Grenze zu installieren“, sagte Kauffmann. „Es ist nicht hinnehmbar, daß Bonn mit den Verfolgern gegen die Verfolgten und Opfer von Menschenrechtsverletzungen kooperiert.“ Solange irakische Kurden fliehen müssen, sei die Bundesrepublik verpflichtet, sich für eine abgestimmte europäische Aufnahmepolitik einzusetzen und selber weiterhin Flüchtlinge aus diesem Land aufzunehmen.

Heiko Kauffmann Sprecher von PRO ASYL

Thomas von der Osten-Sacken Sprecher von WADI

WADI e.V. arbeitet in verschiedenen Ländern des Nahen Ostens. In Irakisch-Kurdistan führt WADI, als eine der letzten verbliebenen deutschen Hilfsorganisationen vor allem Projekte für Flüchtlinge, Frauen und Kinder von Vertriebenen durch.

Nach oben