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HERBERT LEUNINGER ::: ARCHIV ASYL 1991 ::: ARCHIV PRESSE 1991 :::

24. Oktober 1991
Frankfurter Allgemeine

Mehr Schutz für Ausländer
Polizei bildet „Arbeitsgruppe Asyl“ –
Bisher kaum Übergriffe


fh. FRANKFURT – Die Polizei wehre sich gegen den mitunter geäußerten Vorwurf, sie sei „auf dem rechten Auge blind“, sagte gestern Polizeipräsident Karlheinz Gemmer, der bei einer Pressekonferenz die neue „Arbeitsgruppe Asyl“ vorstellte. Fünf Beamte von Schutz- und Kriminalpolizei sind seit zwei Wochen mit der Aufklärung von Anschlägen und Übergriffen auf Ausländer und Asylbewerber betraut.

Gemmer hob gleichzeitig hervor, daß Frankfurt von gravierenden Fällen verschont geblieben sei. Im Main-Taunus-Kreis habe es, wie berichtet, einen Angriff auf zwei Italiener gegeben, der in der italienischen Presse für einen „Riesenwirbel“ gesorgt habe. Zwei tatverdächtige junge Männer, die als „Mitläufer“ der rechtsradikalen Szene zugerechnet werden, wurden Anfang der Woche festgenommen und sitzen in Untersuchungshaft. Einer hat inzwischen ein Geständnis abgelegt.

Der geständige Täter kommt aus Hochheim, ist 23 Jahre alt, arbeitslos und der Polizei wegen zahlreicher Körperverletzungsdelikte bekannt. Der zweite Mann stammt aus einem kleinen Ort bei Hannover, ist 18 Jahre alt und ebenfalls schon wegen Körperverletzung in den Akten erwähnt. Die beiden hatten Anfang des Monats in Hochheim zunächst ausländerfeindliche Parolen gegrölt und dann zwei 50 und 51 Jahre alte Italiener, die ihnen zufällig begegnet waren, krankenhausreif geprügelt. Beide standen erheblich unter Alkoholeinfluß und bestätigen die Einschätzung des Leiters des Staatsschutzkommissariats, Karl Metz, daß solche Übergriffe meist spontan erfolgten und Alkohol häufig eine Rolle spiele.

Ein weiterer Angriff auf einen Marokkaner, der sich ebenfalls im Main-Taunus-Kreis, und zwar in Hattersheim, ereignete, ist nach Einschätzung der Polizei eher „in der Drogenszene“ angesiedelt. Darüber hinaus habe es im Main-Taunus-Kreis noch drei kleine Zündeleien mit ausländerfeindlichem Hintergrund gegeben, die der verhaftete Mann aus Hochheim ebenfalls zugegeben hat.

Die Frankfurter Polizei hat sich nach den Worten von Polizeidirektor Hans Robert Philippi schon lange vor den Ausschreitungen in Hoyerswerda auf Maßnahmen zum Schutz von Asylantenheimen und Ausländerunterkünften vorbereitet. Es gebe eine Liste von rund 100 schutzbedürftigen Gebäuden, von denen ein Großteil im Main-Taunus-Kreis liege (siehe auch Bericht auf Seite 49). Sämtliche Streifenwagenbesatzungen führen die Gebäude in ihrem Dienstbezirk unregelmäßig an.

Die Zahl der in Frankfurt und Umgebung organisierten Neonazis schätzt die Polizei auf etwa 30 bis 50 Personen. Die Rechtsradikalen seien zwischen 15 und 20 Jahre alt, nur die „Funktionärskader“ seien etwas älter. Die Bildung der „Arbeitsgruppe Asyl“, sagte Kripochef Bernd Seidel, sei vor allem auch erfolgt, um ein Zeichen zu setzen, daß Übergriffe gegen Ausländer mit aller Härte verfolgt würden.


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