Am Ende des Jahrzehnts:
„Heilige Kuh“ Asyl“
nur noch Haut und Knochen
„In den letzten zehn Jahren ist eine heilige Kuh unseres Grundgesetzes, das Asylrecht, durch Rechtsverweigerung bis zum Skelett abgemagert“, erklärt Herbert Leuninger, Sprecher der Arbeitsgemeinschaft für Flüchtlinge „Pro Asyl“, zum Jahreswechsel. Er verweist dabei auf die regierungsamtlichen Zahlen, wonach nur mehr fünf Prozent der Asylbewerber anerkannt würden. „Das hat mit dem Grundgesetz und der Genfer Flüchtlingskonvention kaum noch etwas zu tun“, so der Sprecher von „Pro Asyl“. Wenn das neue Jahrzehnt keinen Sinneswandel bringe, drohe mit einer Änderung des Grundgesetzes sogar die Notschlachtung dieses Prunkstücks unserer Verfassung. Politiker könnten versucht sein, dafür bei den Wahlen auch noch eine Abschlachtprämie zu kassieren.
Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe habe zum Jahreswechsel zwei Grundsatzurteile zum Asylanspruch von Tamilen aus Sri Lanka und von Jeziden aus der Türkei veröffentlicht, die die Wende einleiten könnten. Unzählige abgelehnte Asylanträge müssten neu verhandelt werden. Dies werde der heiligen Kuh Asyl zwar noch kein fettes Jahrzehnt bescheren, aber vielleicht ihr Hinsiechen beenden.
„Die letzte Dekade im Jahrhundert des Flüchtlings verlangt eine nationale Anstrengung für die Wahrung des Asylrechts und die großzügige Aufnahme von Flüchtlingen aus den Krisen- und Kriegsgebieten der Welt“, sagt „Pro Asyl“-Sprecher Herbert Leuninger. Die Bundesrepublik habe im letzten Jahr bewiesen, daß sie zu außerordentlichen humanitären, wirtschaftlichen und politischen Leistungen bereit sei, wenn sie sich auf ihre unverzichtbaren Aufgaben besinne.