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HERBERT LEUNINGER ::: ARCHIV ASYL 1995 :::

Analyse

Das neue Asylrecht als Entrechtung des Flüchtlings

Herbert Leuninger


DAS VERÄNDERTE ASYLRECHT

In der Bundesrepublik Deutschland ist seit dem 1. Juli 1993 ein neues Asylrecht in Kraft. Dazu wurden mit einer Zweidrittelmehrheit des Bundestages die Verfassung geändert und mit einfacher Mehrheit Begleitgesetze verabschiedet. Hierbei handelt es sich um die Novellierung des Ausländer- und Asylverfahrensgesetzes und um die Schaffung eines neuen Gesetzes, das die sozialen Leistungen für Asylbewerber re-gelt und am 1.November 1993 in Kraft getreten ist. jInzwischen hat der Bundesgrenzschutz per Gesetz noch größere Kompetenzen für die Festnahme von illegal einreisenden Flüchtlingen und ihren Helfern erhalten.

Das neue Asylrecht stellt den vorläufigen Endpunkt einer längeren Entwicklung dar. Sie setzte 1977 ein und führte dazu , daß mehr als 30mal Gesetze und Verordnungen geändert wurden, mit denen die Rechte von Flüchtlingen eingeschränkt werden sollten. Dahinter stand im Rahmen steigender Zahlen von Asylbewerbern ein Konzept der Abschreckung.

1. ENTRECHTUNG DURCH DIE FAKTISCHE AUFHEBUNG EINES GRUNDRECHTS

„Politisch Verfolgte genießen Asylrecht“, so lautete lapidar Artikel 16, Absatz 2, Satz 2 Grundgesetz. Er räumte dem staatlichen Schutz des Flüchtlings Verfassungsrang ein und zwar im Sinne eines individuellen, gerichtlich einklagbaren Grundrechts. Die Genfer Flüchtlingskonvention von 1951, die einen bedeutenden Fortschritt für den Schutz von Flüchtlingen darstellt, unterscheidet sich in der Definition, was als politische Flucht anzusehen ist, grundsätzlich nicht von unserer Verfassung. Der eigentliche Unterschied liegt in dem durch das Grundgesetz geschaffenen subjektiven Recht und seinen rechtsstaatlichen Auswirkungen. Der politische Flüchtling hat nach dem Grundgesetz ein Recht auf Asyl und ein Recht auf die Überprüfbarkeit jeder behördlichen Entscheidung.

Mit diesem Grundrecht hat die Bundesrepublik über alle geltenden Menschenrechtskonventionen hinaus einen neuen Standard gesetzt, indem sie einzelne Menschen nicht nur als Flüchtlinge aufnimmt und schützt, sondern ihre Aufnahme zu einem Recht ausgestaltet, das mit allen Rechtsweggarantien, die ein heutiger Rechtsstaat seinen Bürgern gewährt, versehen ist.

Die weitgehende Abschaffung des Grundrechts auf Asyl durch den neuen Artikel 16a stellt eine Entmündigung des Flüchtlings und die weitgehende Aufkündigung seines Status als Rechtssubjekt dar. Flüchtlinge werden künftig wieder stärker Objekte des Staates .Der Staat will in eigener Machtvollkommenheit darüber entscheiden, welche und wieviele Flüchtlinge er aufnimmt und wie er sie behandelt.

So schließt Art. 16 a II aus dem dem Wortlaut nach erhaltenen Grundrechtsschutz des Art. 16 a I alle Flüchtlinge aus, die auf dem Landwege über ein Nachbarland einreisen. Sie werden zu „sicheren Drittländern“ erklärt, in denen eine politischer Flüchtling per definitionem ausreichenden Schutz genießt. Reguläre Chancen auf ein Verfahren hat nur noch, wer über See oder auf dem Luftweg in die Bundesrepublik kommt. Dabei darf er den Boden eines sicheren Drittlandes nicht berührt haben. Sogenannte sichere Drittstaaten sind alle EU Staaten, die skandinavischen Länder, Österreich, die Schweiz, Polen und die Tschechische Republik.

Des weiteren gibt es eine Liste sogenannter „Nichtverfolgerstaaten“. Das sind nach Art. 16 a III Länder, „bei denen aufgrund der Rechtslage, der Rechtsanwendung und der allgemeinen politischen Verhältnisse gewährleistet erscheint, daß in diesen Staaten politische Verfolgung oder unmenschliche oder erniedrigende Bestrafung oder Behandlung nicht stattfindet.“ Wer aus solch einem Land kommt, kann nur ein stark verkürztes Verfahren durchlaufen. Auf der Liste der sicheren Drittstaaten stehen derzeit Bulgarien, Ghana, Polen, Rumänien, Senegal, die Slowakische und Tschechische Republik und Ungarn.

Die gesetzliche Regelung, Flüchtlinge aus Kriegs und Bürgerkriegsregionen nicht länger in das für sie aussichtslose Asylverfahren zu nehmen, sondern ihnen einen Sonderstatus mit zeitlicher Befristung ihres Aufenthalts einzuräumen, wird bisher nicht umgesetzt. So ist eine Beschränkung der Aufnahme auf zuvor festgelegte Kontingente möglich. Der Bundesinnenminister bestimmt im Einvernehmen mit den Innenministern der Länder, welche Staaten als Kriegs, oder Bürgerkriegsgebiete anzusehen sind. Die Aufnahmezahlen aus Kriegsregionen können beliebig festgelegt werden. Für die kontingentierte Aufnahme muß die Zustimmung aller Bundesländer vorliegen.

2. ENTRECHTUNG IM VERFAHREN

Das Herzstück des Asylverfahrens ist die Anhörung. Deswegen müßte bei seiner Gestaltung das größte Gewicht auf sorgfältige und möglichst erschöpfende, am Grundrecht auf Asyl und am Menschenrechtsschutz orientierte Aufklärung, gelegt werden.

Die Anhörungsprotokolle und die Asylbescheide lassen aber das Urteil zu, daß in ungezählten Fällen die Antragsteller nicht ausreichend befragt wurden. Bei vielen Protokollen wird deutlich, daß voreingenommen und zu Lasten der Antragsteller gefragt und entschieden wurde. So wird z.B. bei Kurden aus der Türkei, wenn sie Folterungen angeben, weder nach Einzelheiten noch nach Folterspuren am Körper gefragt. Werden Aussagen bezweifelt, unterbleibt die Nachfrage nach Zeugen. Sind Zeugen benannt, werden sie so gut wie nie gehört.

Mangelhafte Vorbereitung auf die Anhörung und eine unzulängliche Anhörung führen zu fehlerhaften Bescheiden, vor allem wo „offensichtlich unbegründete“ Anträge abgelehnt werden. In diesen Fällen beträgt die Klagefrist eine Woche, die für den Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz ebenfalls eine Woche und die Frist für die Begründung eine Woche.

Ein qualifizierter Anwalt kann von Ausnahmen abgesehen einem Flüchtling innerhalb dieses Zeitraums keinen Termin für eine gründliche Befragung mit einem Dolmetscher geben. Ein effektiver Rechtsschutz ist unter diesen Bedingungen nicht mehr möglich.

Die für die Gerichte verkürzten Fristen sind ein Eingriff in die Unabhängigkeit der Justiz. Viele Gerichte überschreiten die gesetzten Fristen um Wochen und Monate.

Auf dem Flughafen RheinMain bündeln sich die Probleme der neuen Asylpolitik und ihres Abschreckungscharakters wie in einem Brennglas. Sie seien stellvertretend für das benannt, was verfahrensrechtlich in der Bundesrepublik vor sich geht. Die Flughafenregelung im §18a des Asylverfahrensgesetzes ist neben der Einführung der sicheren Drittstaaten und der sicheren Herkunftsländer ein wichtiger Bestandteil des neuen Asylrechts.

Es setzt dem Bundesgrenzschutz, dem Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge, den Anwälten und Richtern kurze Fristen für die Verfahren von Asylbewerbern. In 48 Stunden sollen Asylanträge beschieden werden, die Einspruchsfrist dauert drei Tage, die Gerichte haben zwei Wochen Zeit. Um Stunden geht es, wenn die „Zurückschiebung“ eines Asylbewerbers in ein „sicheres“ Durchreiseland verhindert werden soll. Eine Datenleitung versorgt das Bundesamt mit aktuellen Informationen aus der Nürnberger Zentrale, Kuriere eilen zwischen Frankfurt und Wiesbaden hin und her, um Archivmaterial beizubringen, Anwaltskanzleien arbeiten bis tief in die Nacht, um Klagen und Einsprüche zu begründen, Richter setzen Urteile handschriftlich ab, um sie anschließend an den diensthabenden Leiter des Grenzschutzes zu faxen, Bundesverfassungsrichter greifen zum Telefon, um in letzter Minute zu verhindern, daß ein Flüchtling mit dem nächsten Flugzeug ins „sichere“ Drittland und von da in sein Verfolgerland zurückverfrachtet wird.

Dem Streß bundesdeutscher Rechtspflege entspricht ein noch größerer der betroffenen Asylbewerber. Kaum aus dem Flugzeug, sind sie von Polizisten umringt, werden scharf kontrolliert und in ein Gebäude verbracht, das hermetisch abgeschlossen ist. Anhörungen beim Bundesgrenzschutz und dem zuständigen Bundesamt folgen fast auf dem Fuße. Wohl dem, der schnell genug einen Rechtsanwalt findet, der kompetent ist, über die nötige Zeit verfügt und nicht gleich was durchaus legitim wäre auf’s Geld schaut.

3. ENTRECHTUNG DURCH AUSGRENZUNG

Als eines der Begleitgesetze hat der Bundestag das sogenannte Asylbewerberleistungsgesetz verabschiedet. Während bisher die Leistungen der Sozialhilfe für die Asylbewerber durch das Bundessozialhilfegesetz (BSHG) geregelt waren, wird nun für diesen Personenkreis ein eigenes Gesetz geschaffen. Dabei ist eine deutliche Absenkung der bisherigen Leistungen für Asylbewerber vorgesehen, die im Regelfall als Sachleistungen zu erbringen sind.

Das BSHG ist seinerzeit geschaffen worden, um allen Menschen, die in der Bundesrepublik leben die Führung eines Lebens zu ermöglichen, das der Würde des Menschen entspricht. Die Sozialhilfe ist eine staatliche Leistung, auf die Menschen in Not einen Anspruch haben, die sich nicht selbst aus eigener Kraft und eigenen Mitteln helfen können. Artikel 1 des Grundgesetzes verpflichtet den Staat zur Wahrung und zum Schutz der Menschenwürde. Der Standard des Menschenwürdigen darf nicht unterschritten werden. Bei der Gewährung von Sozialhilfe ist jeweils vom aktuellen Bedarf auszugehen. Die Hilfe zum Lebensunterhalt hat das notwendige Existenzminimum zu sichern. Laufende Leistungen zum Lebensunterhalt werden nach sogenannten Regelsätzen gewährt. Deren Höhe muß nicht nur ein physisches sondern auch ein soziokulturelles Existenzminimum gewähren.

Im Nationalsozialismus wurde der gerade auch in der Weimarer Demokratie universalistisch verstandene Sozialbürger durch den Volksgenossen ersetzt. Ihm entsprach eine Umpolung des Leistungssystems vom Bürger zum „Volksgenossen“. Diesem stand der „Gemeinschaftsfremde“ gegenüber, der aus den sozialen Leistungen ausgegrenzt wurde. Hierbei ging es um die Dehumanisierung im Rahmen von Anstalts und Lagerunterbringung, Versorgung an der Hungergrenze, minimale medizinische Betreuung und Zwangsarbeit und schließlich die physische Vernichtung. Insgesamt wurden die Individualrechte durch eine stärkere staatliche Zuteilung von Lebenschancen eingeschränkt.

Das NachkriegsDeutschland hat sich mit seiner Verfassung und Sozialgesetzgebung von diesen Tendenzen eindeutig abgesetzt und an die bedeutsame sozialpolitische Entwicklung v o r Hitler angeknüpft. Das jetzige Asylbewerberleistungsgesetz verläßt diesen Weg, indem es eine bestimmte Gruppe aus der allgemeinen sozialrechtlichen Versorgung ausgrenzt und zwar zum Zwecke der Abschreckung und der Kostenersparnis:

Der Individualisierungsgrundsatz wird zugunsten pauschaler Regelungen aufgegeben. Die Leistungen werden unter die in der Bundsrepublik geltende Armutsgrenze abgesenkt. Die Entfaltung der Persönlichkeit wird durch das Sachleistungsprinzip erheblich beschränkt. Die medizinische Minimalversorgung gefährdet das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die im bisherigen Asylverfahrensgesetz vorhandenen Regelungen einer restriktiven Lagerunterbringung werden durch Arbeitszwang ergänzt.

4. ENTRECHTUNG DURCH ABSCHOTTUNG

Die Grenzsicherung wurde erheblich verstärkt.

Der Bundesgrenzschutz so heißt es in einem Bericht der Bundesregierung operiert an den Ostgrenzen in zwei gestaffelten Linien. Nachdem eine Erprobung erfolgreich abgeschlossen werden konnte, erfolgt seit Juli 1993 der Einsatz von 66 Wärmebildgeräten zur Erkennung von unerlaubten Grenzübertritten. Sie stammen aus Beständen der Armee der ehemaligen DDR. Der Endausbau ist auf insgesamt 105 Geräte geplant.

Mit insgesamt 200 Diensthunden soll ein zusätzliches Instrument polizeilicher Aufgabenbewältigung eingesetzt werden. „Die Tiere sind im Rahmen des Eigenschutzes, zur Aufspürung und zur Durchsetzung polizeilicher Anordnungen vorgesehen“

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Aufgrund der Drittstaatenregelung wird Tausenden an den Land und Seegrenzen die Einreise trotz eines Asylgesuches verweigert. Die Abschottung findet allerdings im wesentlich größeren Umfang weit vor den Grenzen der Bundesrepublik statt.

Der erste Wall, der legal gesehen unüberwindlich ist, ist die schon seit Jahren die äußerst restriktive Visaerteilung, die in den SchengenStaaten bzw. in der EU für mehr als hundertdreißig Staaten gilt, vor allem für die, aus denen möglicherweise Flüchtlinge kommen könnten.

Dann sind es die diversen Rückübernahmeabkommen, die Deutschland mit seinen Nachbarn geschlossen hat. Sie verpflichten diese Staaten, Flüchtlinge, die über ihr Staatsgebiet nach Deutschland einreisen wollten bzw. eingereist sind, zurückzunehmen. Dies führt bei diesen Ländern mit der finanziellen Unterstüztung Deutschlands zu ähnlichen Abschottungsmaßnahmen. Polen hat Rücknahmeabkommen mit der Tschechischen und Slowenischen Republik, mit Rumänien, Bulgarien, den baltischen Ländern und der Ukraine. Weitere Abkommen sind mit Ungarn, Österreich und Weißrußland vorgesehen. Wir haben es mit einem regelrechten DominoEffekt zu tun.

Osteuropa ist zum „Hinterhof“ der europäischen Asylpolitik geworden. In diesem Raum leben hunderttausende Menschen, die keinen Flüchtlingsschutz genießen und sich in einem mehr oder weniger rechtlosen Zustand befinden. Wir stehen damit in Europa vor dem Zusammenbruch des internationalen Asylrechts, wie es die Genfer Flüchtlingskonvention zu garantieren versuchte.

5. ENTRECHTUNG DURCH ABSCHIEBUNG

Der beschleunigten Abschiebung abgelehnter Asylbewerber wird in der Asylpolitik eine erhöhte Bedeutung beigemessen. Die Möglichkeiten aus humanitären Gründen ein Bleiberecht zu gewähren, wurden drastisch beschnitten. Die Abschiebungen erhöhten sich drastisch. Das neue Asylrecht führt zur verstärkten Inhaftierung von Flüchtlingen, bei denen die Vermutung besteht, daß sie sich einer Abschiebung entziehen wollen. Dies führt aber dazu, daß der Freiheitsentzug zu schnell, zu häufig und über einen zu langen Zeitraum angewendet wird.

Das Gesetz sieht die Schaffung eigener Abschiebehaftanstallten vor. Soweit sie geschaffen wurden, erfüllen sie nicht einmal den Mindeststandard, wie er im normalen Strafvollzug immer noch selbstverständlich ist. Zur Bewachung wird Personal eingesetzt, das für diese Aufgabe keinerlei Voraussetzungen hat. Es fehlt an Sozialdiensten, Dolmetschern und den Möglichkeiten der Hafterleichterung. Auch verfügen die Flüchtlinge über kein Geld für Telefon oder Genußmittel Es ist ihnen kaum möglich, mit Familienangehörigen oder sozialen Diensten Kontakt zu halten. Besonders bedenklich ist es, daß es den Flüchtlingen praktisch verwehrt ist, durch Anwälte ihre Rechte zu verteidigen. In den letzten Monaten ist es in diesen Hafthäuseren, aber auch in Gefängnissen seitens der Abschiebegefangenen zu heftigen Protestaktionen gekommen. Sie mnüssen als Ausdruck großer Verzweiflung betrachtet werden. Flüchtlinge, die nichts anderes „verbrochen“ haben, als einen Asylantrag zu stellen und keine Ausweispapiere zu besitzen, fühlten sich als Verbrecher eingesperrt und behandelt.

Die Abschiebepolitik ist verknüpft mit der Ablehnung von Abschiebestopps für Flüchtlinge aus Kriegs und Krisengebieten. Ein Abschiebeschutz, wie er bisher häufiger gewährt wurde, basiert auf den national und international geltenden Prinzipien, nach denen Menschen weder der Gefahr für Leib und Leben, noch der der Folter und anderer menschenrechtswidrigen Behandlung ausgesetzt werden dürfen.

Ein Schlüsseltext für die staatlichen Vorstellungen, die hinter der forcierten Abschiebepolitik stehen, ist das Schreiben des Parlamentarischen Staatssekretärs im Bundesinnenministeriums an den Oberbürgermeister von Bielefeld vom 9.November 1993. Dieser hatte sich gegenüber der Bundesregierung für einen zeitlich befristeten Abschiebestopp für KosovoAlbaner eingesetzt und ein Bleiberecht für diesen Personenkreis gefordert, solange die Unterdrückungssituation im Heimatland fortbestehe.

Der Staatssekretär schreibt in seinem Brief zur Situation in RestJugoslawien: „Es ist sicherlich zutreffend, daß in Serbien und Montenegro für die KosovoAlbaner ebenso wie für andere ethnische Minderheiten und auch die muslimische Bevölkerungsgruppe eine sehr bedrängte Lage besteht, welche auch von Repressalien und Diskriminierungen gekennzeichnet ist.“ Aufgrund dieser Beurteilung der Lage wäre ein Abschiebestopp angezeigt. Diesen lehnt aber die Bundesregierung nach wie vor und zwar mit folgender Begründung ab: „Da derzeit nicht absehbar ist, wann es künftig den Minderheiten in Serbien und Montenegro wieder möglich sein wird, frei von Repressalien und Diskriminierungen zu leben, ist auch nicht absehbar, wann ein jetzt beschlossener Abschiebestopp wieder aufgehoben werden könnte. Ein Abschiebestopp würde aus diesem Grund nicht nur eine vorübergehende Aussetzung der Abschiebung, sondern die Eröffnung einer Zuwanderungsmöglichkeit für unbestimmte Zeit bedeuten.“ Eine indirekte Einwanderung über über die Aufnahme von Flüchtlingen soll also mit allen Mitteln, auch unter der Preisgabe humanitärer Prinzipien verhindert werden. Denn es ist eine der politischen Maximen der Bundesregierung: „Die Bundesrepublik ist kein Einwanderungsland“.

SCHLUSS

Die Bundesrepublik versteht sich als Teil der „Festung Europa“ mit dem Ziel, möglichst viele Flüchtlinge aus den Kriegs und Krisenländern des eigenen, erst recht anderer Kontinente daran zu hindern nach (West )Europa zu gelangen. Auf den Punkt gebracht hat es für sein Land aber auch für Europa der ehemalige französische Staatspräsident Valery Giscard d’Estaing: Frankreich stehe nicht mehr der Immigration sondern der „Invasion“ gegenüber. Die Feinde Europas sind damit wehrlose Flüchtlinge, denen „wehrhafte“ Demokratien den Zugang mit Recht und Gewalt zu versperren suchen. Vieles deutet darauf hin, daß der Flüchtling der Zukunft der „Rechtlose“ schlechthin ist , der „Illegale“, den es abzuwehren gilt.

Herbert Leuninger


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