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HERBERT LEUNINGER ::: ARCHIV BUCHBESPRECHUNG 1970 ::: ARCHIV KIRCHE 1970 :::
Buchbesprechung 1970

Buchbesprechung
kath. Theologie und Kirche

Herbert Vorgrimler und Robert Vander Gucht (Hrsg.)
Bilanz der Theologie im 20. Jahrhundert
Freiburg/Basel/Wien, 1969, Bd. 1, 471 Seiten

Wenn in Frage steht, ob es zukünftig überhaupt noch Theologie gibt, ist es an der Zeit, sich einen Überblick zu verschaffen über den derzeitigen Stand der Theologie. Dabei wird man nicht umhin können, wenigstens die letzten Jahrzehnte der theologischen Forschung einzubeziehen. Herbert Vorgrimler und Robert Vander Gucht haben 58 Fachtheologen bemüht, die das geistige Feld abstecken sollen, in dem sich die christliche Theologie seit der Jahrhundertwende bewegt. Das Ergebnis ist ein dreibändiges Werk mit dem Titel: „Bilanz der Theologie im 20. Jahrhundert“. Es erscheint im Herder-Verlag.

Im ersten Band wird der Versuch gemacht, die Welt des 20. Jahrhunderts zu Wort kommen zu lassen in ihrer Bedeutsamkeit für die Theologie. Diese sieht sich längst nicht mehr nur der Philosophie gegenüber, sondern dem breiten Spektrum der Wissenschaften, aber auch der Kunst und der Literatur, schließlich den großen nichtchristlichen Religionen. Auf diesem Hintergrund sind die Beiträge des zweiten Bandes zu lesen, die sich nicht nur mit der Entwicklung der theologischen Einzeldisziplinen befassen. Berechtigterweise wird nämlich den Gesamtdarstellungen der katholischen, evangelischen, anglikanischen und orthodoxen Theologie ein breiter Raum gewährt. Wenn man einmal von der stark auf die Patristik eingestellten orthodoxen Theologie absieht, läßt sich auf jeder Seite verfolgen, wie die heutigen Theologen auf den Schultern ihrer großen Vorgänger stehen. In seinem Beitrag über die evangelische Theologie im 20. Jahrhundert schreibt Wolfgang Trillhaas: „Zur Lebendigkeit der Geschichte gehört es immer, daß Epochen untergehen, ehe ihre letzten Fragen erledigt worden sind; aber ebenso kommen späterhin Schichten, die in früheren Phasen verdeckt waren, wieder zutage, werden manifestiert, wenn andere absterben und fallen.“ Für die katholische Theologie sieht Joseph Comblin eine Reihe bedeutender Männer wie Karl Rahner, Schillebeeckx, Congar und v. Balthasar in den Hintergrund treten. Er konstatiert: „Ohne sich dessen so richtig bewußt zu sein, hat das Konzil den Generationswechsel widergespiegelt, der sich damals im katholischen theologischen Denken vollzog. Wir können nämlich auf die Jahre 1963/64 den Zeitpunkt ansetzen, wo die großen Theologen, die das Konzil vorbereitet und in seiner Richtung bestimmt haben – also die Generation von 1930 -, aufgehört haben, das treibende Element des theologischen Forschens und Fragens zu sein, und von einer neuen Generation abgelöst wurden. Die Generation von 1930 publiziert zwar weiterhin, aber sie ist auf dem Rückzug und äußert vor allem ihre Besorgnis angesichts der neuen Abenteuer des christlichen Denkens.“ Nach Comblin ist die neue Generation in ihrer Anthropozentrik von der Frage beherrscht, was „Heil“ für die Menschheit als Ganze bedeutet. Von den hier zu verhandelnden sozialethischen Themen sagt Trillhaas: „Durchweg handelt es sich dabei um Probleme, für deren Bewältigung keine Traditionen bereitstehen, weder philosophische noch theologische, weder konfessionelle noch überhaupt christliche. Das hat zur unmittelbaren Folge ein ökumenisches Zusammenrücken der Denominationen: die säkulare Ökumene der industriellen Massengesellschaft erzwingt unmittelbar auch die ihr begegnende christliche Ökumene.“ Das angezeigte Werk ist dafür nach Konzeption und Inhalt ein eindrücklicher Beweis.


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