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HERBERT LEUNINGER ::: ARCHIV BUCHBESPRECHUNG 1971 ::: ARCHIV KIRCHE 1971 :::
Buchbesprechung 3. August 1971

Buchbesprechung
kath. Theologie und Kirche

Ignacio Escribano-Alberca
DAS VORLÄUFIGE HEIL
Zum christlichen Zeitbegriff
Düsseldorf, 1970

Müssen wir an den Ursprung der Menschheit zurückgehen, um das Paradies als Inbegriff der Heilszeit zu finden? Liegt es vielleicht überhaupt nicht in der Vergangenheit, sondern im gegenwärtigen, aber erfüllten Augenblick? Oder gehen wir ihm erst am Ende der Tage entgegen? Man sollte meinen, das Christentum habe auf diese Fragen eine eindeutige Antwort gegeben! Dem ist nicht so, wie der in Deutschland lehrende Spanier Ignacio Escribano-Alberca in einem schmalen Bändchen mit dem Titel „Das vorläufige Heil“ nachweist.

Unter dem Gesichtspunkt, wie das vollendete Heil auf die Zeit bezogen wird, gibt es für den Autor in der Theologie drei Fehlformen:

Es gibt zunächst die Theologen in den ersten christlichen Jahrhunderten, die sich der Vergangenheit zuwenden; mit der griechischen Philosophie teilen sie die Vorstellung von der heilen Welt, in der die Seelen in der Urzeit lebten. Der Mensch kann sein Heil nur erlangen, in dem er sich an den Anfang zurückversetzt. Tod und Auferstehung des Herrn als die Urtatsachen der Christen verbürgen nicht nur das Heil, sie stellen es voll und ganz dar. In der liturgischen Feier wird es dem Gläubigen möglich, an diesen Ursprung zurückzukehren.

Anders ist es bei einer Theologie, die das „Paradies“ in die Gegenwart verlegt. Der von mir erfaßte Augenblick, in dem ich vom Worte Gottes betroffen werde, schließt in sich die Fülle des Heils. Als wichtigsten Gewährsmann für diese Auffassung zitiert Escribano Bultmann, bei dem es heißt: „In jedem Augenblick schlummert die Möglichkeit, der eschatologische Augenblick zu sein. Du mußt ihn erwecken.“ Damit ist die Gegenwart in unerhörtem Maße radikalisiert.

Die jüngste Theologie ist ihrerseits sehr stark auf die Zukunft eingestellt. Hier hält sich Escribano vornehmlich an Moltmann, auch an Metz. Danach leben wir in einer schlimmen Welt, die aber gemäß der Verheißung in die vollendete Gotteswelt einmünden wird. Die Aufgabe des Christen besteht darin, die geschaffene Welt auf die neue Schöpfung hinzuführen.

Escribano sieht in den drei aufgezeigten Positionen eine Verfälschung des Glaubens, der eschatologisch ausgerichtet ist. Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft müssen für den Christen so in Beziehung zueinander gebracht werden, daß das „Schon“ der Erlösungstat Christi mit dem „Noch nicht“ der ausstehenden Vollendung verbunden bleibt. Zweimal wird das Bild Oscar Cullmanns erwähnt, daß die Entscheidungsschlacht zwar schon geschlagen, der Tag des endgültigen Sieges aber noch nicht gekommen sei.

Wer dem Verfasser auf seinem anspruchsvollen Gang bzw. schneidigen Ritt durch die Gefilde der Theologie folgt, wird viele interessante Einsichten gewinnen. Dennoch mag ihn ein leichtes Unbehagen erfassen, wie schnell große Theologen ausgemustert werden, auch wenn es im Unterschied zu früheren Zeiten etwas kollegialer geschieht. Außerdem wirkt die vorgetragene eigene Position vom Exegetischen her etwas kurzatmig.


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