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HERBERT LEUNINGER ::: ARCHIV PRO ASYL PRESSEERKLÄRUNG 1991 :::
23.1.1991

BONN DECKT ABSCHIEBUNG IM ERZGEBIRGE
„Pro Asyl“ verlangt Prüfung durch Bundestag


(Wortlaut des heutigen Schreibens an den Innenausschuß des Deutschen Bundestages)

Wir hatten uns mit einem Schreiben vom 2.1.1991 (s. Anlage) an den Herrn Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble gewandt und auf eine unseres Erachtens gesetzeswidrige Zurückweisung von 52 Flüchtlingen an der Grenze zur CSFR hingewiesen.

In seiner Antwort vom 16.1.1991 (s. Anlage) rechtfertigt der Minister das Vorgehen des Bundesgrenzschutzes folgendermaßen:

„Bei der grenzpolizeilichen Vernehmung hat keiner der 52 Ausländer ein Asylbegehren – entweder ausdrücklich oder durch konkludentes Verhalten – vorgebracht. Eine Person der Gruppe erklärte vielmehr in gebrochener deutscher Sprache, daß man viel Geld bezahlt habe, um nach Deutschland zu kommen. Man wolle hier nur arbeiten und leben.“

Da erwiesenermaßen keine Dolmetscher hinzugezogen wurden, hatten die Menschen unterschiedlicher Nationalität keine Chance, ein evtl. Asylbegehren vorzutragen bzw. sich zu den Gründen ihres Einreisebegehrens angemessen zu äußern. Dies wird durch einen der beteiligten Grenzschutzbeamten des Polizeiobermeisters Albrecht bestätigt, der gesagt hat: „Eine Verständigung mit ihnen war nicht möglich.“

Weiter heißt es in dem Schreiben des Bundesinnenministers:

„Die Übergabe erfolgte am Grenzübergang Zinnwald. Die Tschechoslowakei hat folgendes veranlaßt:

  • Erteilung eines Ausnahmesichtvermerkes für 2 Tage unter mündlicher Aufforderung, während dieser Zeit die CSFR zu verlassen.“

Dies steht im Widerspruch zu der Stellungnahme der Bundesgrenzschutzstelle in Pirna, die die Zurückweisung damit begründet hatte, daß die Flüchtlinge in der CSFR ja offensichtlich sicher vor politischer Verfolgung gewesen seien. In Wirklichkeit ist die Zurückschiebung also in voller Kenntnis der Tatsache geschehen, daß die CSFR den Flüchtlingen keinen Aufenthalt gewährt. Damit hat der Bundesgrenzschutz in Kauf genommen, daß Flüchtlinge entgegen der Genfer Flüchtlingskonvention und des Ausländergesetzes in Länder abgeschoben werden, in denen ihnen Gefahr für Freiheit und Leben droht. Dies ist angesichts des wachsenden Flüchtlingselends in der Golfregion, aber auch in der Türkei, in Osteuropa und in Afrika ein besonders makabrer Fall bundesdeutscher Abschottung.

Wir bitten Sie, diese Angelegenheit, die für uns exemplarischen Charakter hat, zu untersuchen und die Änderung einer Praxis zu verlangen, die unzählige Flüchtlinge gefährdet.

Mit freundlichen Grüßen
(H. Leuninger) Sprecher


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