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Wieder Asylbewerber aus Rhein-Main geflüchtet

Insider erhebt schwere Vorwürfe gegen das Bundesamt

Von Matthias Thieme

Zum zweiten Mal innerhalb weniger Tage sind am Dienstag Asylbewerber aus der vom Bundesgrenzschutz bewachten Flüchtlingsunterkunft auf dem Frankfurter Flughafen ausgebrochen. Sie entzogen sich damit einem auch innerhalb der zuständigen Flüchtlingsbehörde heftig umstrittenen Anerkennungsverfahren.
Die Männer, vier Inder und zwei Pakistanis, waren in der Flüchtlingsunterkunft C 182 am Flughafen untergebracht. In der Nacht zum Dienstag brachen sie eine Tür zu einem Nebenzimmer auf, bauten dort die Klimaanlage aus, flüchteten durch die Öffnung und sprangen vom Dach des Gebäudes. Bereits in der Nacht zum Freitag hatten sich fünf Algerier auf ähnliche Art aus dem vom Bundesgrenzschutz (BGS) bewachten Gebäude befreit. Von den Flüchtlingen fehlt jede Spur. Der BGS bringt jetzt Gitter vor den Klimaanlagen an.

Die Flüchtlinge haben sich der drohenden „Rückführung“ entzogen. 6 007 Menschen wurden von Frankfurt in diesem Jahr schon abgeschoben. 840 Flüchtlinge beantragten bis August Asyl am Flughafen. Zehn Bedienstete des Bundesamts zur Anerkennung ausländischer Flüchtlinge entscheiden, ob die Anträge „offensichtlich unbegründet“ sind, oder ob die Flüchtlinge einreisen dürfen und in das normale Asylverfahren kommen.

Zu dem Druck, der auf die sogenannten Entscheider des Bundesamtes ausgeübt wird, äußert sich einer von ihnen im FR-Interview. Obwohl die Bediensteten des Bundesamts laut Gesetz „weisungsungebunden“ und laut Bundesamt „unabhängig wie ein Richter“ über die Asylanträge entscheiden sollen, würden sie von Vorgesetzten genötigt, ablehnend zu entscheiden. Der Druck komme von der Amtsspitze. Diese versuche, die Entscheider so „zu beeinflussen, daß sie eine möglichst restriktive Haltung“ einnehmen und Ablehnungen produzieren“, erklärte der Entscheider gegenüber der FR. So müßten dem Referatsleiter nur beabsichtigte positive Entscheidungen vorgelegt werden, Ablehnungen nicht. Auf Besprechungen werde nur über die Rechtssprechung informiert, die sich zu Lasten der Flüchtlinge geändert habe. Entscheider würden unter Druck gesetzt, „möglichst viel“ und schnell abzuwickeln.

1997 urteilte das Bundesamt über 170 801 Asylanträge. Die Anerkennungsquote lag mit 4,94 Prozent so niedrig wie zuletzt 1993. „Eine ernsthafte Auseinandersetzung mit dem jeweiligen Vorbringen ist weder gewünscht noch machbar“, kritisiert der Bundesamt-Insider. Die Qualität der Entscheidung spiele „grundsätzlich keine Rolle“. Wer nicht für eine Ablehnung votiere, werde ‚gebeten‘, eine erneute Anhörung durchzuführen.

Beim Bundesamt herrsche „die Grundeinstellung, daß ein Flüchtling lügt“, so die Frankfurter Rechtsanwältin Antje Becker. In feindseliger Atmosphäre werde versucht, den Eingereisten in Widersprüche zu verwickeln und seine „Glaubwürdigkeit“ in Frage zu stellen. In der Bundesamts-Außenstelle am Frankfurter Flughafen gebe es eine „Fraktion von Ausländerfeinden“, so Bernd Mesovic von Pro Asyl.

Der Präsident des Bundesamtes, Hans Georg Dusch, wies die Kritik zurück. Die Ungebundenheit der Entscheider sei ein „unantastbares Gut“, so Dusch. Die Entscheidungen würden „ohne jegliche Einflußnahme der Vorgesetzten“ getroffen. Die Vorwürfe seines anonym bleibenden Untergebenen bezeichnete Dusch als „hintertückisch“.


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