Versuchte Abschiebung einer afghanischen Familie nach Moldawien:
Vom BGS nach Rückkehr mißhandelt?
Mitglieder der am 17. Juli 1996 mit dem Flugzeug vom Rhein-Main-Flughafen nach Moldawien abgeschobenen Familie S. haben nach ihrer Rückkehr berichtet, sie seien von Beamten des Bundesgrenzschutzes mißhandelt worden, nachdem ihnen die Ein-reise nach Moldawien nicht gestattet worden war. Nach Angaben des Ehepaars S. sei die Familie nach der Landung in Frankfurt am Main am 19. Juli 1996 mit körperlicher Gewalt am Verlassen der Maschine gehindert worden. Beteiligt gewesen seien dabei sowohl diejenigen Beamten des BGS, die sie auf dem Hinflug begleitet hätten und wohl zufällig denselben Rückflug gehabt hätten, als auch andere Grenzschützer, die für die Gangway-Kontrollen in Frankfurt am Main zuständig gewesen seien. Herr und Frau S. hätten Blutergüsse an verschiedenen Körperteilen davon getragen. Diese Blutergüsse waren noch am Sonntag sichtbar und sind von der Rechtsanwältin der Familie dokumentiert worden, die Strafanzeige erstattet hat.
Herr und Frau S. berichten weiter, man habe sie im Laufe des Samstags einer zwei-einhalbstündigen Befragung unterzogen, bei der kein Rechtsanwalt zugegen gewesen sei und deren Zweck und Rechtsgrundlage ihnen nicht erläutert worden sei. Ein Protokoll dieser Befragung liegt bislang nicht vor.
PRO ASYL befürchtet, daß in den nächsten Tagen erneut versucht werden wird, die Familie nach Moldawien abzuschieben. Das Verwaltungsgericht hatte die Familie auf einen Aufenthalt im angeblich sicheren Nordafghanistan verwiesen und den fast 5.000 km langen Landweg von Moldawien aus für zumutbar gehalten.
Die Rechtsanwältin der Familie S. hat einen erneuten Eilantrag beim Verwaltungsgericht gestellt, der sich gegen den Vollzug der Abschiebung richtet. Sowohl amnesty international als auch das Hohe Flüchtlingskommissariat der Vereinten Nationen (UNHCR) halten Abschiebungen nach Afghanistan weiterhin für äußerst problematisch.
„Wir hoffen auf eine humanitär vertretbare Entscheidung des Verwaltungsgerichts. Es darf nicht sein, daß eine Familie mit drei Kindern Opfer mehrfacher Abschiebungs- und Zurückweisungsprozeduren wird“, so PRO ASYL-Sprecher Heiko Kauffmann am Montag. Kauffmann verwies auf ein anderes Urteil der 5. Kammer, in dem der Richter einem 17-monatigen afghanischen Kind und seiner Mutter eine Abschiebung nicht zugemutet hatte. Begründung: Das Kind wäre hilf- und wehrlos allen Risiken einer mit erheblichen Unwägbarkeiten verbundenen transkontinentalen Flugreise ausgesetzt. Kauffmann verwies darauf, daß es im Fall der Familie S. um drei Kinder im Alter von 8 bis 12 Jahren gehe, denen wohl genauso wenig zuzumuten sei, die Risiken eines 5.000 km langen Landweges auf sich zu nehmen. Die Wahrscheinlichkeit, auf dem Weg durch die Ukraine, Rußland, Usbekistan und Kasachstan mittellos zu stranden, sei groß.
(siehe auch: Pressemitteilung vom 23.7.)