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24.06.1998
Frankfurter Rundschau

Union lenkt beim Asylbewerberrecht ein

Kompromiß soll Harmonie mit FDP demonstrieren

Von Ferdos Forudastan


Um einer Abstimmungsniederlage im Bundestag zu entgehen, hat die CDU/CSU in wesentlichen Punkten darauf verzichtet, ihre Position zur Kürzung von Sozialleistungen für Ausländer durchzusetzen.

BONN, 23. Juni. Nachdem klar geworden war, daß einige FDP-Abgeordnete den umstrittenen Entwurf für ein verschärftes Asylbewerberleistungsgesetz nicht mittragen würden, ließ sich die Union im letzten Moment darauf ein, die Vorlage abzumildern. Nun sollen die Kürzungen für zwei Gruppen von Flüchtlingen gelten: Personen, die angeblich nur nach Deutschland kommen, um Leistungen zu erhalten, und solche, die bewußt ihre Identität verschleiern. Die neue Fassung will am Donnerstag im Bundestag auch die SPD mittragen, nicht so die Grünen.

Der vom Bundesrat eingebrachte Entwurf sah vor, daß auch Hilfen für Flüchtlinge, die vorläufig geduldet sind (wie etwa Kriegsflüchtlinge), bis auf ein Minimum gestrichen werden sollen. Die Bundesregierung hatte zudem verlangt, auch solchen Nichtdeutschen weitgehend die Unterstützung zu entziehen, die illegal einreisen. Gerade Menschen auf der Flucht besitzen aber selten alle für einen korrekten Grenzübertritt notwendigen Papiere. Diese beiden Bestimmungen sind in der neuen Vorlage nicht mehr enthalten. Kirchen, Wohlfahrtsverbände, Menschenrechtsgruppen und Verwaltungspraktiker hatten den Entwurf als realitätsfremd und unvereinbar mit dem Sozialstaatsgebot verworfen. Einige SPD-regierte Bundesländer unterstützten den Entwurf, die SPD-Bundestagsfraktion lehnte ihn weitgehend ab. Mit dem neuen Entwurf bleiben vor allem viele Bürgerkriegsflüchtlinge – etwa aus Bosnien, Afghanistan oder Kosovo – vorerst von Leistungskürzungen verschont. Koalitionspolitiker gehen davon aus, daß die entschärfte Fassung des Gesetzes rund 25.000 Menschen trifft. Bei der früheren Vorlage wären es etwa 300.000 gewesen.

Unionspolitiker mühten sich, ihre koalitionsinterne Niederlage mit dem Verweis zu kaschieren, es gebe noch „Beratungsbedarf“. CSU-Landesgruppenchef Michael Glos räumte ein, daß man, anders als beim Votum über den Lauschangriff, den Eindruck verhindern wollte, Union und FDP bekämen in entscheidenden Fragen keine Mehrheit mehr zustande.

Die grüne Sozialpolitikerin Andrea Fischer sagte, zwar seien dank einer „beispiellosen Protestbewegung“ die umstrittensten Passagen verschwunden. Nach wie vor sei es aber möglich, daß Flüchtlinge zur Rückkehr gezwungen werden, denen Gefahr für Leib und Leben drohe. Pro Asyl kritisierte auch den neuen Entwurf als „absolut unzureichend“. Der FDP-Innenpolitiker Burkhard Hirsch sagte der Leipziger Volkszeitung: „Der ganze Lösungsansatz ist falsch.“


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