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31.10.1996

Unbegleitete Minderjährige aus der Türkei
am Rhein-Main-Flughafen Frankfurt:
PRO ASYL fordert die Einhaltung internationaler Schutzabkommen


Am Dienstag, den 29. Oktober 1996, sind 29 unbegleitete Minderjährige aus der Türkei auf dem Frankfurter Flughafen angekommen. Nachdem der Bundesgrenzschutz bereits zugegeben hat, mindestens zwei Kinder zurückgewiesen zu haben und weiterhin Kinder im Transitbereich des Flughafens festgehalten werden, fürchtet die Bundesweite Arbeitsgemeinschaft für Flüchtlinge PRO ASYL nun, daß weitere Zurückweisungen erfolgen könnten.

PRO ASYL-Sprecher Heiko Kauffmann wirft dem Bundesgrenzschutz vor, erneut gegen die Kinderrechtskonvention der Vereinten Nationen zu verstoßen und elementare Rechte von Kindern zu mißachten.

Hintergrund der Handlungsweise des Bundesgrenzschutzes ist offensichtlich wieder einmal der umstrittene § 68 Abs. 2 des deutschen Ausländergesetzes („Der mangelnden Handlungsfähigkeit eines Minderjährigen steht eine Zurückweisung oder Zurückschiebung nicht entgegen.“) Mit diesem Paragraphen wird dem Handeln der Grenzbehörden ein Freiraum eröffnet, in dem vollendete Tatsachen geschaffen werden können. Zur Stellung eines Asylbegehrens sind die Minderjährigen rechtlich und tatsächlich nicht fähig. Der BGS maßt sich an zu entscheiden, ob anhand der Aussagen der Kinder eine Zurückweisung erfolgen soll oder ob überhaupt ein Schutzbegehren vorliegt.

Mit dieser Interpretation des § 68 Abs. 2 AuslG setzt sich der Bundesgrenzschutz, dem Willen des Bundesinnenministers folgend, über international verbindliche Rechtsgrundlagen wie die UN-Kinderschutzkonvention und das Haager Minderjährigenschutzabkommen hinweg. Eine vernünftige Abklärung der Frage, was zum Schutz der Kinder zu veranlassen ist, ist im Transit des Flughafens ohne die Einschaltung gesetzlicher Vertreter nicht möglich.

Die pauschale Behauptung des Leiters des Frankfurter Jugendamtes, Egon Lorenz, es handele sich nicht um Flüchtlingskinder und man werde sich von Amts wegen nicht engagieren, stellt eine Verletzung von Dienstpflichten dar. „Daß der Jugendamtsleiter, ohne daß jemand sich mit den Kindern beschäftigt hat, sie per ‚Ferndiagnose‘ zu Nichtflüchtlingen erklärt und öffentlich das Untätigbleiben seines Amtes vertritt, obwohl es unzweifelhaft zuständig ist, kann nicht hingenommen werden“, so Heiko Kauffmann heute. Hier zeige sich deutlich die Notwendigkeit eines Clearing-Verfahrens, in dem Kindern die Gelegenheit gegeben wird, in Ruhe und unter kindgerechten Bedingungen ihre Fluchtgründe darzulegen.

Die widerrechtliche Unterbringung der Kinder in den Räumen des Bundesgrenzschutzes verletze im übrigen Art. 37 der UN-Kinderrechtskonvention, der freiheitsentziehenden Maßnahmen bei Kindern entgegensteht. Daß inzwischen trotzdem einige der Minderjährigen rechtlich vertreten würden und so hoffentlich das Kindeswohl gewahrt werden könne, sei nicht dem Jugendamt zu verdanken, sondern Beschlüssen des zuständigen Vormundschaftsgerichts.


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