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21.01.1997

Überlebende Flüchtlinge der Schiffskatastrophe
vor Malta sollen aus Griechenland abgeschoben werden

PRO ASYL appelliert an griechische Ministerien und
stellt Einstufung Griechenlands als sicherer Drittstaat in Frage


Die griechische Regierung beabsichtigt, die 110 Überlebenden der Schiffskatastrophe vom 25. Dezember 1996 vor Malta am heutigen Dienstag oder am Mittwoch in ihre Herkunftsländer abzuschieben. Dies geschieht offenbar, ohne daß den Betroffenen Gelegenheit gegeben wird, einen Asylantrag in Griechenland zu stellen. Zielstaaten sollen nach Angaben des Direktors des Polizeidistrikts von Nafplion (Peloponnes), der mit der Durchführung der Untersuchung der Katastrophe beauftragt ist, auch nicht die zuletzt durchquerten Transitstaaten, sondern die Herkunftsländer selbst sein, nachdem sich griechische Regierungsvertreter bereits am 16. Januar 1997 mit Botschaftsvertretern Pakistans, Indiens und Sri Lankas, den Herkunftsstaaten der Flüchtlinge, getroffen haben.

PRO ASYL hat gestern in einem Schreiben an das griechische Innenministerium und das für Flüchtlingsfragen zuständige Ministerium für öffentliche Ordnung die Einhaltung internationaler Flüchtlingsschutzabkommen angemahnt und gebeten, den Flüchtlingen Zugang zu einem regulären Prüfungsverfahren zu geben. Die deutsche Botschaft in Athen wurde gebeten, mit gleicher Zielrichtung zu intervenieren. Hierfür bestehe eine moralische Verpflichtung, da nach deutschen Asylgesetzen Griechenland als sicherer Drittstaat betrachtet werde, der Flüchtlingen Zugang zu einem Asylprüfungsverfahren gewähre. Sollte die griechische Regierung die Schiffbrüchigen ohne Verfahren direkt in die Herkunfts- und potentiellen Verfolgerstaaten abschieben, so wäre diese Einstufung nach Auffassung von PRO ASYL nicht mehr vertretbar.

Recherchen von PRO ASYL haben weitere Informationen zur Schiffskatastrophe vor Malta und zur Situation der Überlebenden zutage gefördert. Aus Anhörungen eines Teils der 175 Überlebenden der Katastrophe, die sich in Griechenland befinden und dem Verhör dreier inhaftierter griechischer Seeleute ergeben sich nach Angaben des Polizeidistriktsdirektors von Nafplion folgende Sachverhalte:

Aus den Häfen Alexandria (Ägypten), Latakia (Syrien) und einem türkischen Hafen stachen in den Tagen vor dem Unglück drei verschiedene Schiffe in See mit zusammen 465 Flüchtlingen aus Pakistan, Indien und Sri Lanka an Bord. Auf hoher See trafen die Schiffe zusammen, um alle Flüchtlinge auf eines der drei Schiffe umzuladen. Während zwei der Schiffe daraufhin umkehrten oder weiterfuhren, nahm das unter honduranischer Flagge fahrende Schiff „Yioham“ mit allen Flüchtlingen an Bord Kurs auf Malta. Zur Katastrophe kam es, als versucht wurde, Flüchtlinge auf einen achtzehn Meter langen Kutter umzuladen. Dieser sei nach einer Kollision mit dem größeren Schiff gekentert. Zu diesem Zeitpunkt hätten sich von den 465 Menschen nur noch 150 auf der „Yioham“ befunden. 25 im Wasser schwimmenden Menschen sei es gelungen, die Strick- bzw. Schiffsleitern zu ergreifen. So hätten insgesamt 175 Menschen überlebt. Die übrigen 290 seien vor den Augen der Mitflüchtlinge ertrunken.

Die „Yioham“ habe danach Kurs auf Griechenland genommen, wo die Überlebenden bei Nacht im östlichen Teil der Peloponnes gegenüber der Insel Poros an Land gegangen seien. Der libanesische Kapitän sowie 65 Flüchtlinge sollen sich seitdem illegal und unauffindbar in Griechenland aufhalten. 110 Überlebende sind inzwischen an verschiedenen Orten inhaftiert.


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