Übereinkommen von Dublin
vom 15.06.1990
siehe auch: Dubliner Konvention (Kurzversion und animierte Folien)
Übereinkommen über die Bestimmung des zuständigen Staates für die Prüfung eines in einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften gestellten Asylantrags.
Artikel 1
- Im Sinne dieses Übereinkommens gilt als
- Ausländer: jede Person, die nicht Angehöriger eines Mitgliedstaates ist.
- Asylantrag: Antrag, mit dem ein Ausländer einen Mitgliedstaat um Schutz nach dem Genfer Abkommen unter Berufung auf den Flüchtlingsstatus im Sinne von Artikel 1 des Genfer Abkommens in der Fassung des New Yorker Protokolls ersucht.
- Asylbewerber: ein Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, über den noch nicht endgültig befunden wurde.
- Prüfung eines Asylantrags: die Gesamtheit der Prüfungsvorgänge, der Entscheidungen bzw. Urteile der zuständigen Stellen in bezug auf einen Asylantrag, mit Ausnahme der Verfahren zur Bestimmung des Staates, der gemäss den Bestimmungen des vorliegenden Übereinkommens für die Prüfung des Asylantrags zuständig ist.
- Aufenthaltserlaubnis: jede von den Behörden eines Mitgliedstaats erteilte Erlaubnis, mit der der Aufenthalt eines Ausländers im Hoheitsgebiet dieses Staates gestattet wird, mit Ausnahme der Visa und Aufenthaltsgenehmigungen, die während der Prüfung eines Antrags auf Aufenthaltserlaubnis oder eines Asylantrags ausgestellt werden.
- Einreisevisum: die Erlaubnis bzw. Entscheidung, mit der ein Mitgliedstaat die Durchreise eines Ausländers in sein Hoheitsgebiet gestattet, sofern die übrigen Einreisebedingungen erfüllt sind.
- Transitvisum: die Erlaubnis bzw. Entscheidung, mit der ein Mitgliedstaat die Durchreise eines Ausländers durch sein Hoheitsgebiet oder durch die Transitzone eines Hafens oder eines Flughafens gestattet, sofern die übrigen Durchreisebedingungen erfüllt sind.
- Die Art des Visums wird nach den Definitionen des Absatzes 1 Buchstaben f und g beurteilt.
Artikel 2
Die Mitgliedstaaten bekräftigen ihre Verpflichtungen nach dem Genfer Abkommen in der Fassung des Protokolls von New York, wobei die Anwendung dieser Übereinkünfte keiner geographischen Beschränkung unterliegt, sowie ihre Zusage, mit den Dienststellen des Flüchtlingsbeauftragten der Vereinten Nationen bei der Anwendung dieser Übereinkünfte zusammenzuarbeiten.
Artikel 3
- Die Mitgliedstaaten verpflichten sich, jeden Asylantrag zu prüfen, den ein Ausländer an der Grenze oder im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaates stellt.
- Dieser Antrag wird von einem einzigen Mitgliedstaat gemäss den in diesem Übereinkommen definierten Kriterien geprüft. Die in den Artikeln 4 bis 8 aufgeführten Kriterien werden in der Reihenfolge, in der sie aufgezählt sind, angewendet.
- Der Antrag wird von diesem Staat gemäss seinen innerstaatlichen Rechtsvorschriften und seinen internationalen Verpflichtungen geprüft.
- Jeder Mitgliedstaat hat unter der Voraussetzung, dass der Asylbewerber diesem Vorgehen zustimmt, das Recht, einen von einem Ausländer gestellten Asylantrag auch dann zu prüfen, wenn er aufgrund der in diesem Übereinkommen definierten Kriterien nicht zuständig ist.
Der nach den genannten Kriterien zuständige Mitgliedstaat ist dann von seinen Verpflichtungen entbunden, die auf den Mitgliedstaat Übergehen, der den Asylantrag zu prüfen wünscht. Dieser Mitgliedstaat unterrichtet den nach den genannten Kriterien verantwortlichen Mitgliedstaat, wenn letzterer mit dem betreffenden Antrag befasst worden ist. - Jeder Mitgliedstaat behält das Recht, einen Asylbewerber nach seinen innerstaatlichen Rechtsvorschriften unter Wahrung der Bestimmungen des Genfer Abkommens in der Fassung des New Yorker Protokolls in einen Drittstaat zurück- oder auszuweisen.
- Das Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaates, der aufgrund dieses Übereinkommens für die Prüfung des Asylantrags zuständig ist, wird eingeleitet, sobald ein Asylantrag zum ersten Mal in einem Mitgliedstaat gestellt wird.
- Der Mitgliedstaat, bei dem der Asylantrag gestellt wurde, ist gehalten, einen Asylbewerber, der sich im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaates befindet und dort einen Asylantrag gestellt hat, nachdem er seinen Antrag noch während des Verfahrens zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaates zurückgezogen hat, nach den Bestimmungen des Artikels 13 wieder aufzunehmen, um das Verfahren zur Bestimmung des für die Prüfung des Asylantrags zuständigen Mitgliedstaates zum Abschluss zu bringen. Diese Verpflichtung erlischt, wenn der Asylbewerber unterdessen das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten mindestens drei Monate lang verlassen oder in einem Mitgliedstaat eine Aufenthaltserlaubnis für mehr als drei Monate erhalten hat.
Artikel 4
Hat der Asylbewerber einen Familienangehörigen, dem in einem Mitgliedstaat die Flüchtlingseigenschaft im Sinne des Genfer Abkommens in der Fassung des Protokolls von New York zuerkannt worden ist und der seinen legalen Wohnsitz in diesem Mitgliedstaat hat, so ist dieser Staat für die Prüfung des Asylantrags zuständig, sofern die betreffenden Personen dies wünschen. Bei dem betreffenden Familienangehörigen darf es sich nur um den Ehegatten des Asylbewerbers, sein unverheiratetes minderjähriges Kind unter achtzehn Jahren oder, sofern der Asylbewerber ein unverheiratetes minderjähriges Kind unter achtzehn Jahren ist, dessen Vater oder Mutter handeln.
Artikel 5
- Besitzt der Asylbewerber eine gültige Aufenthaltserlaubnis, so ist der Mitgliedstaat, der die Aufenthaltserlaubnis erteilt hat, für die Prüfung des Asylantrags zuständig.
- Besitzt der Asylbewerber ein gültiges Visum, so ist der Mitgliedstaat, der das Visum erteilt hat, für die Prüfung des Asylantrags zuständig, soweit nicht einer der nachstehenden Fälle vorliegt:
- Ist dieses Visum mit schriftlicher Zustimmung eines anderen Mitgliedstaats erteilt worden, so ist dieser für die Prüfung des Asylantrags zuständig. Konsultiert ein Mitgliedstaat insbesondere aus Sicherheitsgründen zuvor die zentralen Behörden eines anderen Mitgliedsstaats, so stellt dessen Zustimmung keine schriftliche Zustimmung im Sinne dieser Bestimmung dar.
- Stellt der Asylbewerber, der ein Transitvisum besitzt, seinen Antrag in einem anderen Mitgliedstaat, in dem er nicht visumpflichtig ist, so ist dieser Mitgliedstaat für die Prüfung des Asylantrags zuständig.
- Stellt der Asylbewerber, der ein Transitvisum besitzt, seinen Antrag in dem Staat, der ihm dieses Visum erteilt hat und der von den diplomatischen oder konsularischen Behörden des Bestimmungsmitgliedstaats eine schriftliche Bestätigung erhalten hat, der zufolge der von der Visumpflicht befreite Ausländer die Voraussetzungen für die Einreise in diesen Staat erfüllt, so ist letzterer für die Prüfung des Asylantrags zuständig.
- Besitzt der Asylbewerber mehrere gültige Aufenthaltsgenehmigungen oder Visa verschiedener Mitgliedstaaten, so ist für die Prüfung des Asylantrags in folgender Reihenfolge zuständig:
- der Staat, der die Aufenthaltserlaubnis mit der längsten Gültigkeitsdauer erteilt hat, oder, bei gleicher Gültigkeitsdauer der Aufenthaltsgenehmigungen, der Staat, der die zuletzt ablaufende Aufenthaltserlaubnis erteilt hat;
- der Staat, der das zuletzt ablaufende Visum erteilt hat, wenn es sich um Visa gleichen Typs handelt;
- bei nicht gleichwertigen Visa der Staat, der das Visum mit der längsten Gültigkeitsdauer erteilt hat, oder, bei gleicher Gültigkeitsdauer, der Staat, der das zuletzt ablaufende Visum erteilt hat. Diese Bestimmung gilt nicht für den Fall, dass der Asylbewerber im Besitz eines oder mehrerer Transitvisa ist, die auf Vorlage eines Einreisevisums für einen anderen Mitgliedstaat erteilt worden sind. In diesem Fall ist dieser Staat zuständig.
- Besitzt der Asylbewerber nur eine oder mehrere seit weniger als zwei Jahren abgelaufene Aufenthaltsgenehmigungen oder ein oder mehrere seit weniger als sechs Monaten abgelaufene Visa, aufgrund deren er in das Hoheitsgebiet eines Mitgliedsstaats einreisen konnte, so sind die Absätze 1, 2 und 3 anwendbar, solange der Ausländer das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten nicht verlassen hat.
Besitzt der Asylbewerber eine oder mehrere seit mehr als zwei Jahren abgelaufene Aufenthaltsgenehmigungen oder ein oder mehrere seit mehr als sechs Monaten abgelaufene Visa, aufgrund deren er in das Hoheitsgebiet eines Mitgliedsstaates einreisen konnte, und hat der Ausländer das gemeinsame Hoheitsgebiet nicht verlassen, so ist der Mitgliedstaat zuständig, in dem der Antrag gestellt wird.
Artikel 6
Hat der Asylbewerber aus einem Drittstaat die Grenze eines Mitgliedstaates illegal auf dem Land-, See- oder Luftweg Überschritten, so ist der Mitgliedstaat, über den er nachweislich eingereist ist, für die Antragsprüfung zuständig. Die Zuständigkeit dieses Staates erlischt jedoch, wenn sich der Ausländer nachweislich mindestens sechs Monate in dem Mitgliedstaat, in dem er den Asylantrag gestellt hat, aufgehalten hat, bevor er seinen Asylantrag einreichte. In diesem Fall ist der letztgenannte Staat für die Prüfung des Asylantrags zuständig.
Artikel 7
- Die Prüfung des Asylantrags obliegt dem Mitgliedstaat, der für die Kontrolle der Einreise des Ausländers in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten zuständig ist, es sei denn, dass der Ausländer, nachdem er legal in einen Mitgliedstaat, in dem für ihn kein Visumzwang besteht, eingereist ist, seinen Asylantrag in einem anderen Mitgliedstaat stellt, in dem er ebenfalls kein Einreisevisum vorweisen muss. In diesem Fall ist der letztgenannte Staat für die Prüfung des Asylantrags zuständig.
- Ein Mitgliedstaat, der die Durchreise durch die Transitzone seiner Flughäfen ohne Visum zulässt, gilt im Falle von Reisenden, die die Transitzone nicht verlassen, für die Kontrolle der Einreise solange nicht als zuständig, bis ein Abkommen über die Modalitäten des Grenzübergangs an den Aussengrenzen in Kraft tritt.
- Wird der Asylantrag beim Transit in einem Flughafen eines Mitgliedstaates gestellt, so ist dieser Mitgliedstaat zuständig.
Artikel 8
Kann auf der Grundlage der anderen in diesem Übereinkommen aufgeführten Kriterien kein für die Prüfung des Asylantrags zuständiger Staat bestimmt werden, so ist der erste Mitgliedstaat, bei dem der Asylantrag gestellt wird, für die Prüfung zuständig.
Artikel 9
Auch wenn ein Mitgliedstaat in Anwendung der in diesem Übereinkommen definierten Kriterien nicht zuständig ist, kann dieser auf Ersuchen eines anderen Mitgliedstaates und unter der Voraussetzung, dass der Asylbewerber dies wünscht, aus humanitären, insbesondere aus familiären oder kulturellen Gründen, einen Asylantrag prüfen.
Ist der ersuchte Mitgliedstaat bereit, den Asylantrag zu prüfen, so geht die Zuständigkeit für die Prüfung des Asylantrags auf ihn über.
Artikel 10
- Der Mitgliedstaat, der nach den in diesem Übereinkommen definierten Kriterien für die Prüfung eines Asylantrags zuständig ist, ist verpflichtet,
- den Asylbewerber, der einen Antrag in einem anderen Mitgliedstaat gestellt hat, gemäss den Bestimmungen des Artikels 11 aufzunehmen;
- die Prüfung des Asylantrags bis zum Ende durchzuführen;
- den Asylbewerber, dessen Antrag geprüft wird und der sich illegal in einem anderen Mitgliedstaat aufhält, wieder zuzulassen oder gemäss den Bestimmungen des Artikels 13 wieder aufzunehmen;
- den Asylbewerber, der seinen in Prüfung befindlichen Antrag zurückgezogen und in einem anderen Mitgliedstaat einen Asylantrag gestellt hat, gemäss den Bestimmungen des Artikels 13 wieder aufzunehmen;
- den Ausländer, dessen Antrag er abgelehnt hat und der sich illegal in einem anderen Mitgliedstaat aufhält, gemäss den Bestimmungen des Artikels 13 wieder aufzunehmen.
- Stellt ein Mitgliedstaat dem Asylbewerber eine Aufenthaltserlaubnis für einen Aufenthalt von mehr als drei Monaten aus, so gehen die Pflichten gemäss Absatz 1 Buchstaben a bis e auf diesen Staat über.
- Die Pflichten gemäss Absatz 1 Buchstaben a bis d erlöschen, wenn der betreffende Ausländer das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten für eine Dauer von mindestens drei Monaten verlassen hat.
- Die Pflichten gemäss Absatz 1 Buchstaben a und e erlöschen, wenn der für die Prüfung des Asylantrags zuständige Staat nach der Rücknahme bzw. der Ablehnung des Antrags die erforderlichen Massnahmen getroffen und durchgeführt hat, damit der Ausländer in sein Heimatland zurückkehrt oder sich in ein anderes Land, in das er rechtmässig einreisen darf, begibt.
Artikel 11
- Hält der Mitgliedstaat, in dem ein Asylantrag gestellt wurde, einen anderen Mitgliedstaat für die Prüfung dieses Antrags für zuständig, so kann er so bald wie möglich, in jedem Fall aber innerhalb einer Frist von sechs Monaten nach der Einreichung des Asylantrags, letzteren ersuchen, den Asylbewerber aufzunehmen. Wird das Aufnahmegesuch nicht innerhalb von sechs Monaten unterbreitet, so ist der Staat, in dem der Asylantrag gestellt wurde, für die Prüfung des Asylantrags zuständig.
- Das Aufnahmegesuch muss Hinweise enthalten, aus denen die Behörden des ersuchten Staates entnehmen können, dass ihr Staat gemäss den in diesem Übereinkommen definierten Kriterien zuständig ist.
- Bei der Bestimmung der nach diesen Kriterien zuständigen Staates wird von der Situation ausgegangen, die zu dem Zeitpunkt gegeben ist, zu dem der Asylbewerber seinen Antrag zum ersten Mal in einem Mitgliedstaat stellt.
- Der Mitgliedstaat muss binnen drei Monaten, nachdem er hiermit befasst wurde, über das Gesuch auf Aufnahme des Asylbewerbers entscheiden. Liegt bei Ablauf dieser Frist keine Antwort vor, so kommt dies einer Annahme des Aufnahmegesuchs gleich.
- Die Überstellung des Asylbewerbers durch den Mitgliedstaat, in dem der Asylantrag gestellt wurde, an den für die Prüfung des Antrags zuständigen Mitgliedstaat muss spätestens einen Monat nach Annahme des Aufnahmegesuchs oder einen Monat nach Ende des vom Ausländer gegebenenfalls gegen den Überstellungsbeschluss angestrengten Verfahrens erfolgen, sofern dieses aufschiebende Wirkung hat.
- Bestimmungen, die später im Rahmen des Artikels 18 festgelegt werden, können die besonderen Modalitäten für die Aufnahme regeln.
Artikel 12
Wird ein Asylantrag bei den zuständigen Behörden eines Mitgliedstaates von einem Asylbewerber gestellt, der sich im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaates aufhält, so obliegt die Bestimmung des für die Prüfung des Asylantrags zuständigen Mitgliedstaates demjenigen Mitgliedstaat, in dessen Hoheitsgebiet sich der Asylbewerber aufhält. Dieser Mitgliedstaat wird von dem mit dem Asylantrag befassten Mitgliedstaat unverzüglich unterrichtet und gilt dann für die Zwecke dieses Übereinkommens als derjenige Mitgliedstaat, in dem der Asylantrag gestellt worden ist.
Artikel 13
- In den in Artikel 3 Absatz 7 und den in Artikel 10 genannten Fällen wird ein Asylbewerber gemäss folgenden Modalitäten wieder aufgenommen:
- Der Antrag auf Wiederaufnahme des Asylbewerbers muss Hinweise enthalten, aus denen der ersuchte Staat entnehmen kann, dass er gemäss Artikel 3 Absatz 7 und Artikel 10 zuständig ist.
- Der Staat, der um Wiederaufnahme des Asylbewerbers ersucht wird, muss auf diesen Antrag binnen acht Tagen, nachdem er hiermit befasst wurde, antworten. Er ist verpflichtet, den Asylbewerber schnellstmöglich und spätestens innerhalb einer Frist von einem Monat, nachdem er die Wiederaufnahme akzeptiert hat, wieder aufzunehmen.
- Bestimmungen, die später im Rahmen des Artikels 18 festgelegt werden, können die besonderen Modalitäten für die Wiederaufnahme regeln.
Artikel 14
- Die Mitgliedstaaten teilen einander folgendes mit:
- die Rechts- und Verwaltungsvorschriften oder die im Bereich des Asyls angewandten nationalen Praktiken,
- die statistischen Daten hinsichtlich der Anzahl der monatlich ankommenden Asylbewerber und die Aufschlüsselung nach Nationalitäten. Diese Daten sind vierteljährlich an das Generalsekretariat des Rates der Europäischen Gemeinschaften zu Übermitteln, das für deren Weiterleitung an die Mitgliedstaaten, die Kommission der Europäischen Gemeinschaften und den Flüchtlingsbeauftragten der Vereinten Nationen sorgt.
- Die Mitgliedstaaten können einander folgendes mitteilen:
- allgemeine Informationen über neue Entwicklungen im Bereich der Asylanträge;
- allgemeine Informationen über die Situation in den Heimat- oder Herkunftsländern der Asylbewerber.
- Wünscht ein Mitgliedstaat, dass die von ihm nach Absatz 2 erteilten Informationen vertraulich behandelt werden, so haben die anderen Mitgliedstaaten dies zu beachten.
Artikel 15
- Jeder Mitgliedstaat Übermittelt jedem Mitgliedstaat, der dies beantragt, die personenbezogenen Informationen, die erforderlich sind, um
- den Mitgliedstaat zu bestimmen, der für die Prüfung des Asylantrags zuständig ist,
- die Prüfung des Asylantrags vorzunehmen,
- allen Verpflichtungen aus diesem Übereinkommen nachkommen zu können.
- Betreffen dürfen diese Informationen ausschliesslich
- die Personalien des Asylbewerbers und gegebenenfalls der Angehörigen (Name, Vorname, gegebenenfalls früherer Name, Beiname oder Pseudonyme, derzeitige und frühere Staatsangehörigkeit, Geburtsdatum und -ort),
- den Personalausweis oder den Reisepass (Nummer, Gültigkeitsdauer, Ausstellungsdatum, ausstellende Behörde, Ausstellungsort usw.),
- sonstige zur Identifizierung des Asylbewerbers erforderliche Angaben,
- die Aufenthaltsorte und die Reisewege,
- die Aufenthaltserlaubnisse oder die durch einen Mitgliedstaat erteilten Visa,
- den Ort der Einreichung des Antrags,
- gegebenenfalls das Datum der Einreichung eines früheren Asylantrags, das Datum der Einreichung des jetzigen Antrags, den Stand des Verfahrens und den Tenor der gegebenenfalls getroffenen Entscheidung.
- Ausserdem kann ein Mitgliedstaat einen anderen Mitgliedstaat ersuchen, ihm die Gründe, die der Asylbewerber zu Unterstützung seines Antrags angeführt hat, und gegebenenfalls die Gründe für die bezüglich seines Antrags getroffene Entscheidung mitzuteilen. Es liegt im Ermessen des ersuchten Mitgliedstaates zu beurteilen, ob er dem Ersuchen Folge leisten kann. Auf jeden Fall ist die Erteilung dieser Auskünfte von der Zustimmung des Asylbewerbers abhängig.
- Dieser Informationsaustausch erfolgt auf Antrag eines Mitgliedstaates und kann nur zwischen den Behörden stattfinden, die von jedem Mitgliedstaat dem in Artikel 18 genannten Ausschuss mitgeteilt werden.
- Die Übermittelten Informationen dürfen nur zu den in Absatz 1 vorgesehenen Zwecken verwendet werden. Diese Informationen dürfen in jedem Mitgliedstaat nur den Behörden und Gerichten Übermittelt werden, die beauftragt sind,
- den Mitgliedstaat festzustellen, der für die Prüfung des Asylantrags zuständig ist,
- die Prüfung des Asylantrags vorzunehmen,
- alle Verpflichtungen aus diesem Übereinkommen durchzuführen.
- Der Mitgliedstaat, der die Daten Übermittelt, sorgt für ihre Richtigkeit und ihre Aktualität.
Zeigt sich, dass dieser Mitgliedstaat unrichtige Daten oder Daten Übermittelt hat, die nicht hätten Übermittelt werden dürfen, werden die Empfängermitgliedstaaten darüber unverzüglich informiert. Sie sind gehalten, diese Informationen zu berichtigen oder sie zu löschen. - Ein Asylbewerber hat das Recht, sich die über seine Person ausgetauschten Informationen mitteilen zu lassen, solange sie verfügbar sind; er hat hierfür jeweils einen Antrag zu stellen. Stellt er fest, dass diese Informationen unrichtig sind oder nicht hätten Übermittelt werden dürfen, hat er das Recht auf Berichtigung oder Löschung. Dieses Recht wird gemäss den in Absatz 6 vorgesehenen Bedingungen ausgeübt.
- In jedem betroffenen Mitgliedstaat werden die Weitergabe und der Erhalt der ausgetauschten Daten vermerkt.
- Diese Daten werden nur so lange aufbewahrt, wie dies zu der Erreichung der mit dem Austausch der Daten verfolgten Zielsetzungen notwendig ist. Die Notwendigkeit der Aufbewahrung ist von dem betreffenden Mitgliedstaat zum geeigneten Zeitpunkt zu prüfen.
- Die so Übermittelten Informationen geniessen auf jeden Fall mindestens den Schutz, den der Empfängerstaat Informationen gleicher Art gewährt.
- Soweit die Daten nicht automatisiert, sondern auf sonstige Weise verarbeitet werden, hat jeder Mitgliedstaat geeignete Massnahmen zu ergreifen, um die Einhaltung dieses Artikels durch wirksame Kontrollen zu gewährleisten. Sofern ein Mitgliedstaat über eine Stelle von der Art des in Absatz 12 genannten Gremiums verfügt, kann er ihr diese Kontrollaufgaben Übertragen.
- Wünschen ein oder mehrere Mitgliedstaaten die in den Absätzen 2 und 3 aufgeführten Angaben ganz oder teilweise zu speichern, so ist dies nur möglich, wenn die betreffenden Länder Rechtsvorschriften für diese Datenverarbeitung erlassen haben, die die Durchführung der Grundsätze des Strassburger Übereinkommens zum Schutz des Menschen bei der automatischen Verarbeitung personenbezogener Daten vom 28. Februar 1981 zu verwirklichen, und wenn sie ein geeignetes nationales Gremium mit der unabhängigen Kontrolle der Behandlung und Verwendung der gemäss diesem Übereinkommen übermittelten Angaben beauftragt haben.
Artikel 16
- Jeder Mitgliedstaat kann dem in Artikel 18 genannten Ausschuss Vorschläge für eine Revision dieses Übereinkommens vorlegen, welche Schwierigkeiten bei seiner Anwendung beseitigen sollen.
- Sollte aufgrund der Verwirklichung der Ziele des Artikels 8a des Vertrags zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Einführung einer harmonisierten Asylpolitik sowie einer gemeinsamen Visumpolitik eine Revision oder Änderung dieses Übereinkommens notwendig werden, so beruft der Mitgliedstaat, der den Vorsitz im Rat der Europäischen Gemeinschaften innehat, eine Tagung des in Artikel 18 genannten Ausschusses ein.
- Revisionen oder Änderungen dieses Übereinkommens werden von dem in Artikel 18 genannten Ausschuss beschlossen. Sie treten gemäss Artikel 22 in Kraft.
Artikel 17
- Ergeben sich für einen Mitgliedstaat aufgrund einer wesentlichen Änderung der Umstände, von denen bei Abschluss dieses Übereinkommens ausgegangen wurde, grössere Schwierigkeiten, so kann dieser Mitgliedstaat den in Artikel 18 genannten Ausschuss ersuchen, den Mitgliedstaaten Vorschläge für gemeinsame Massnahmen zur Behebung dieser Situation zu unterbreiten, oder die als erforderlich erachteten Revisionen oder Änderungen dieses Übereinkommens beschliessen, für deren Inkrafttreten Artikel 16 Absatz 3 gilt.
- Dauert die in Absatz 1 beschriebene Situation nach Ablauf von sechs Monaten fort, so kann der Ausschuss denjenigen Mitgliedstaat, der von der Änderung betroffen ist, gemäss Artikel 18 Absatz 2 ermächtigen, die Anwendung der Bestimmungen des Übereinkommens zeitweilig auszusetzen, wobei jedoch die Verwirklichung von Artikel 8 a des Vertrages zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft nicht beeinträchtigt oder andere internationale Verpflichtungen der Mitgliedstaaten nicht verletzt werden dürfen.
- Während der Dauer der Aussetzung nach Absatz 2 führt der Ausschuss seine Beratungen zur Revision des Übereinkommens fort, falls er nicht vorher schon eine Einigung erzielt hat.
Artikel 18
- Es wird ein Ausschuss eingesetzt, in den die Regierungen der einzelnen Mitgliedstaaten jeweils einen Vertreter entsenden. Den Vorsitz in diesem Ausschuss führt der Mitgliedstaat, der den Vorsitz im Rat der Europäischen Gemeinschaften innehat. Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften kann an den Beratungen des Ausschusses und der in Absatz 4 bezeichneten Arbeitsgruppen teilnehmen.
- Der Ausschuss ist beauftragt, auf Antrag eines oder mehrerer Mitgliedstaaten allgemeine Fragen bezüglich der Anwendung und Auslegung dieses Übereinkommens zu prüfen. Der Ausschuss legt die Massnahmen nach Artikel 11 Absatz 6 und Artikel 13 Absatz 2 fest und erteilt die Ermächtigung nach Artikel 17 Absatz 2.
Der Ausschuss beschliesst Revisionen oder Änderungen dieses Übereinkommens gemäss den Artikeln 16 oder 17. - Der Ausschuss fasst seine Beschlüsse einstimmig, ausser im Fall des Artikels 17 Absatz 2, für den es der Stimmenmehrheit von zwei Dritteln seiner Mitglieder bedarf.
- Der Ausschuss legt seine Verfahrensregeln fest und kann Arbeitsgruppen einsetzen.
Das Generalsekretariat des Rates der Europäischen Gemeinschaften nimmt die Sekretariatsgeschäfte des Ausschusses und der Arbeitsgruppen wahr.
Artikel 19
In bezug auf das Königreich Dänemark finden die Bestimmungen dieses Übereinkommens auf die Färöer und Grönland keine Anwendung, es sei denn, dass das Königreich Dänemark eine anderslautende Erklärung abgibt…
In bezug auf die Französische Republik gelten die Bestimmungen dieses Übereinkommens nur für das europäische Hoheitsgebiet der Französischen Republik.
In bezug auf das Königreich der Niederlande gelten die Bestimmungen dieses Übereinkommens nur für das Gebiet des Königreiches der Niederlande in Europa.
In bezug auf das Vereinigte Königreich gelten die Bestimmungen dieses Übereinkommens für das Vereinigte Königreich und für die Europäischen Hoheitsgebiete, dessen Aussenbeziehungen das Vereinigte Königreich wahrnimmt. Sie finden jedoch keine Anwendung auf den Amtsbezirk Guernesey, den Amtsbereich Jersey und die Isle of Man, es sei denn, dass das Vereinigte Königreich eine anderslautende Erklärung abgibt. …
Artikel 20
Zu diesem Übereinkommen können keine Vorbehalte eingelegt werden.
Artikel 21
- Dieses Übereinkommen steht jedem Staat, der Mitglied der Europäischen Gemeinschaften wird, zum Beitritt offen…
Artikel 22
- Dieses Übereinkommen bedarf der Ratifikation, Annahme oder Genehmigung…