TAG DES FLÜCHTLINGS 1989
Speisezettel weist den Weg aus der Isolation
In Frauengruppe für Asylbewerber
Kochen, Basteln und Renovieren
INHALT
- Grußwort des Vertreters des Hohen Flüchtlingskommissars der Vereinten Nationen (1989)
- Grußwort der Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege (1989)
ANALYSEN
- Der Parlamentarische Rat und das Asylrecht
- „Festung Europa“ – zur neueren Entwicklung der Asylpolitik in der Europäischen Gemeinschaft
- 40 Jahre Grundrecht auf Asyl – ein Pfeiler unserer Verfassung
- Die Saat geht auf: Ausländerhaß
- Visumpflicht für Kinder?
- Verfolgt, weil Frau – kein Asylgrund?
- Asyl in der Kirche – Erfahrungen aus Berlin
- Abschiebungen in den Libanon?
BEISPIELE UND ANREGUNGEN
- Nicht politisch verfolgt? – Cengiz Dogu, ein Flüchtlingsschicksal
- Offener Brief an den Bundesinnenminister
- „Ich war fremd und obdachlos … und ihr habt mich aufgenommen“
- Stein des Anstoßes
- Container-Nacht-Aktion als Auftakt des Tages des Flüchtlings 1988 in Stuttgart
- Der Kölner Flüchtlingsrat zur Aussiedlerdiskussion
- Resolution der „Flüchtlinge in Berlin“
- Ökumenische Aktion in der Fußgängerzone
- Speisezettel weist den Weg aus der Isolation
- Nur Platz für Bett und zwei Stühle
- Statistik
- Materialhinweise / Adressen
Es duftet fremdländisch. Weder Spätzle noch Maultaschen sind’s, die da in der Aalener Kanalstraße zubereitet werden. Tamilische Gerichte stehen für einen Tag auf dem Speisezettel der kleinen Küche. Mit Lammfleisch, Kartoffeln und einer Art Pfannkuchen drumherum wandert die Mahlzeit in die Friteuse und nachher in ein Dutzend Münder. Es schmeckt. Die lukullische Weltenreise ist jedoch nicht alles; vielmehr treffen sich in der Kanalstraße Frauen und Kinder Aalener Asylbewerber, um dadurch ihre Isolation zu überwinden.
Natürlich tauschen die Frauen aus Sri Lanka, dem Libanon, dem Iran und der Bundesrepublik untereinander Kochrezepte aus. Reihum wird jede vertretene Nationalität bis Weihnachten das Heimatland kulinarisch vorstellen. Die Rezepte werden festgehalten und bis Jahresende in einem Bändchen zusammengestellt.
Den Anfang machten die Gastgeber der Flüchtlinge: die Deutschen. In dieser Woche nun waren die Tamilen an der Reihe. Beim gemeinsamen Kochen in der Küche des Flüchtlingwohnheims entwickeln sich dann Gespräche unter Frauen, wie sie bei anderen Kochkränzlein üblich wären. Bei diesem Kreis aber sind sie etwas Besonderes.
Denn durch das Arbeitsverbot sind Asylbewerber während ihres Anerkennungsverfahrens zur Untätigkeit verdammt. Darunter leiden in erster Linie die Männer, von denen oft noch erwartet wird, daß sie Geld verdienen. Die Frauen kümmern sich derweil um die Familie und Haushalt und geraten zwangsläufig in Isolation; auch die seltenen Sprachkurse werden meistens nur von Männern belegt.
Die DRK-Betreuer der Asylbewerber und der Aalener Freundeskreis der Flüchtlinge riefen deshalb das vierzehntägige Treffen ins Leben. Zu den Unternehmungen gehören zum Beispiel Kochen, Töpfern, Basteln oder die Renovierung der Halle im Hinterhof des Wohnheims.
Die Kinder der Asylbewerberinnen sind derweil gut aufgehoben. Mit spielerischem Ernst verbringen sie unter fachkundiger Betreuung ehrenamtlicher Helferinnen in der Halle des Flüchtlingwohnheims die Stunden. Und leisten ihren Beitrag zum gemeinsamen Essen: Sie bereiteten selbst einen Obstsalat zu.
Übrigens, deutsche Teilnehmerinnen sind in der internationalen Runde in Aalen willkommen.